
Abschied von Wilfried Wehnes aus den Gemeindegremien© Foto: Rainer Sander
Neujahrsempfang in Bad Emstal mit Adieu für Wilfried Wehnes
BAD EMSTAL. Die Beständigkeit und Bodenständigkeit von Bad Emstal, aber auch die Höhen und Tiefen der jüngeren Vergangenheit waren spürbar beim Neujahrsempfang der Gemeinde im Festsaal der Vitos-Klinik.
Hoffen auf neue Höhen
Vielleicht musste der Kurort im Landkreis Kassel zum letzten Mal zum größten Arbeitgeber „ausweichen“. Wilfried Wehnes, der Vorsitzende erinnerte bei seinem letzten offiziellen Auftritt in dieser Funktion an die wechselhafte Vergangenheit der 1967 entstandenen Großgemeinde. 1970 wurde ein Heilwasser gefunden, das so gut sein sollte, wie in bekannten Heilbädern. Mit dem Aufbruch in eine neue Ära als Erholungsort Ende der siebziger Jahre ahnte niemand, dass schon 20 Jahre später – mit den ersten gravierenden Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen und Strukturreformen – den Kurorten gravierende Einschnitte drohten.
Bauliche Mängel zwangen inzwischen zur Schließung des Bades und des Kursaals. Der, daran erinnerte Wehnes noch einmal, wird als Multifunktions-Saal jetzt „Wiederauferstehung“ feiern. Damit wird die Hoffnung verbunden, so Wehnes, dass sich die Gemeinde wieder in die Höhe bewegt und irgendwann auch das Heilwasser wieder Nutzen für die Gemeinde und ihre Besucher erbringen kann.
Das eine will ich euch nur noch einmal dazu sagen…
Nach 39 Jahren Ehrenamt für die Gemeinde Bad Emstal endete um 24 Uhr am 31. Januar die Amtszeit für Wilfried Wehnes vorzeitig. Ein Grund für ihn, das Wesen der kommunalen Selbstverwaltung als Säule für die Demokratie in Deutschland zu betonen. Man höre oft den Satz: „die Gemeinde müsste doch mal…“ „Aber“, so fragte Wehnes, „wer ist die Gemeinde?“ Es sind alle Menschen, die dort wohnen. Und damit sind auch alle Menschen aufgefordert, sich am Gemeinwesen zu beteiligen und damit an wichtigen Entscheidungen über die Lebensbedingungen, das Ortsbild oder die Wasserversorgung. Wenn im nächsten Jahr Kommunalwahlen anstehen, ist wieder Gelegenheit sich aktiv zu beteiligen. Statt Hass und Wut zu formulieren, lieber selbst mitgestalten, so seine Abschiedsbotschaft. Immerhin hat er dies fast vier Jahrzehnte lang so gehandhabt.
Seine Arbeit über die Gemeinde hinaus – auch in den Kreisgremien – hat ihm den Spitznamen „Landrat von Wolfhagen“ eingebracht, wie Landrat Uwe Schmidt in seinem Grußwort betonte. Bürgermeister Stefan Frankfurth und Landrat Schmidt betonten beide die Wichtigkeit der unnachahmlichen Art von Wehnes und seinen Satz am vermeintlichen Ende vieler Sitzungen und Entscheidungsprozesse: „das eine will ich euch nur noch einmal dazu sagen…“, der oft neues Nachdenken und andere Sichtweisen provoziert hat.
Ehrenbürger, Ehrenvorsitzender der Gemeindevertretung und Ehrenring
Wilfried Wehnes sparte nicht an Kritik gegenüber anderen Entscheidungsträgern, von denen Gemeinden wie Bad Emstal abhängig sind. Dazu gehören die schlechten Nahverkehrsverbindungen nach Kassel, die für einen Wohnort in der Peripherie der Großstadt immer wichtiger werden und die Schließung der Klinik in Wolfhagen, in deren Folge er vermutet, dass viele Patienten auch der „Gesundheit Nordhessen“ verloren gehen.
Für seine Verdienste in Bad Emstal hat die Gemeindevertretung auf Vorschlag des Ältestenrates entschieden, Wilfried Wehnes zum Ehrenbürger zu ernennen und gleichzeitig zum Ehrenvorsitzenden der Gemeindevertretung. Mit der Verleihung des Ehrenrings der Gemeinde Bad Emstal, ist die Auszeichnung auf kommunaler Ebene nicht mehr zu steigern. Mehr „Danke“ geht nicht, außer mit Blumen für die Ehefrau Waltraud Mai-Wehnes, die ihrem Mann stets zur Seite gestanden hat und, wie Bürgermeister Frankfurth betonte, auf vieles verzichten musste, wenn ihr Gatte für Bad Emstal unterwegs war.
Anstrengungen, um den Staat zu schützen und die Gemeinde zu finanzieren
Landrat Uwe Schmidt ging ebenfalls auf die Wichtigkeit kommunalen Engagements ein: „Alles was wir tun ist gestalten der Zukunft.“ Es gehe darum, mit Freude nach vorne zu schauen und an der gemeinsamen Sache zu arbeiten. Dabei werde die Anstrengung größer, den Staat zu schützen und eine Wiederholung unrühmlicher Zeiten deutscher Geschichte zu verhindern. Das heutige Deutschland trage keine Haftung für seine Vergangenheit, sehr wohl aber die Verantwortung dafür, „was wir in Zukunft daraus machen“. Das zumindest den Kreisgremien der „Landrat des Kreises Wolfhagen“ noch ein Jahr erhalten bleibt freut ihn, mit Ende der Wahlperiode könne man dann gemeinsam gehen.
Bürgermeister Stefan Frankfurth begrüßte in seiner Neujahrsansprache die vielen Ehrengäste aus Politik, Wirtschaft und dem Vereinsleben und ging bei allen auf ihre Bedeutung für die Gemeinde ein. Auch auf die wichtige Unterstützung der Gemeinde durch das Land verließ er und sandte einen Hilferuf nach Wiesbaden, um die Mammutaufgabe der Kinderbetreuung stemmen zu können.
Die reale Welt ist nicht künstlich intelligent
Dass die künstliche Intelligenz (KI) den Menschen mit Algorithmen und den sozialen Medien die scheinbare Wichtigkeit von Themen vorgaukelt und Sachverhalte verzerrt, ist für ihn ein Grund dafür, dass Hass und Hetze immer gesellschaftsfähiger werden. Freie Medien seien daher wichtig. Diese Haltung freut die freien Medien übrigens…
Umrahmt wurde der Abend festlich von der Musikschule Wolfhager Land e.V., die mit dem Gitarren-Ensemble – unter der Leitung von Jochen Lohrbach – und dem Violinen-Ensemble quattro corde – unter der Leitung von Claudia Piecha – für feierliche Momente sorgte, ob mit „All of Me“, „Für Elise“, „Imagine“ oder Beethovens Sinfonie Nummer 9. (rs)