
Bürgermeister Henry Richter will Formulierungen überdenken © Archivfoto: Rainer Sander
Kommunalaufsicht ermahnt Bürgermeister Richter
BAUNATAL. Die Kommunalaufsicht des Landkreises Kassel ermahnt Baunatals Bürgermeister Henry Richter zur Wahrung des Neutralitätsgebotes bei öffentlichen Äußerungen im amtlichen Mitteilungsblatt der Stadt. Anlass waren politische Äußerungen in der Rubrik „Bürgermeister berichtet“ in den Baunataler Nachrichten.
Der Baunataler Bürger und Blogger Jeffrey Miller hatte Henry Richter darauf angesprochen und zugleich die Kommunalaufsicht beim Landkreis angeschrieben, um eine Stellungnahme zu erhalten. In einem offiziellen Schreiben, unterzeichnet von Daniela Brückmann, lobt die Kommunalaufsicht zunächst die grundsätzliche Bürgernähe von Bürgermeister Henry Richter. Gleichzeitig stellt die Behörde jedoch eine wiederholte Grenzverletzung des Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebots (§ 50 Abs. 2 HGO) fest. Amtsträger dürfen demnach informieren, nicht aber politische Meinungsbildung betreiben. Grundlage ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (Az. 2 BvE 1/16).
Zwei „Kolumnen“ zu Haushalt und Dienstwagen explizit genannt
Richter wurde insbesondere wegen zwei Kolumnen aus den Baunataler Nachrichten ermahnt:
- Am 26. Februar 2025 kritisierte er den Haushaltsbeschluss der SPD/CDU-Mehrheit scharf und sprach von einer Gefährdung der „langfristigen Entwicklung Baunatals“ sowie einer unmittelbaren „Beeinträchtigung der Lebensqualität“ der Bürger.
- In seiner Kolumne vom 2. April 2025 warf er der SPD vor, beim Thema Dienstwagen nur „kosmetische Lösungen“ statt echter Sparvorschläge zu präsentieren.
Die Antwort der Kommunalaufsicht macht deutlich: Solche wertenden Aussagen, die eindeutig auf politische Gegner zielen, überschreiten die Grenzen zulässiger amtlicher Kommunikation. Natürlich darf ein Bürgermeister in der politischen Diskussion seine Meinung dazu äußern. Sie gehört aber nicht in ein amtliches Mitteilungsblatt der Stadt.

Die Kommunalaufsicht äußert sich aber auch grundsätzlich zu Meinungsäußerungen im Politischen Wettbewerb: „Äußerungen, die die geistig/diskursive Auseinandersetzung verlassen und sich darauf beschränken, eine Partei in der Meinung der Öffentlichkeit herabzusetzen, verstoßen gegen das Sachlichkeitsgebot und sind einem Amtsträger nicht gestattet. Dazu wird ein Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes vom 11.07.2017, Az. 8 B 1144/17, herangezogen.
Zuspitzungen in der aktuellen Diskussion – Miller begrüßt Antwort
Ein weiteres aktuelles Beispiel könnte die erst nach der Beschwerde geführte Debatte um die Baunataler Nachrichten selbst werden: Während SPD und CDU ein modernes, hybrides Modell aus Online- und Printmedium anstreben, hatte Richter der politischen Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung unterstellt, das Mitteilungsblatt „abschaffen“ zu wollen – eine Formulierung, die nach der jetzigen Einschätzung der Behörde ebenfalls unzulässig politisch zugespitzt sein könnte.

Beschwerdeführer Jeffrey Miller begrüßte die Entscheidung: „Es ist wichtig, dass Bürger zwischen amtlicher Information und politischer Meinung unterscheiden können.“ Die Kolumne ist also grundsätzlich ok, nicht aber als Meinungsäußerung. Bleibt als offene Frage: „Wie schwierig ist es für Bürgermeister ohne eigene Parlamentsmehrheit, eine strikt neutrale Kommunikationslinie zu wahren? Bürgermeister Henry Richter selbst sagt dazu, die Kommunalaufsicht habe weder einen gewerblichen noch steuerlichen Vorteil gesehen. Die Veröffentlichung sei rechtmäßig. Dass die Formulierungen als Wertung ausgelegt werden könnten, räumt der Rathauschef ein. Ihm gehe es um durchsichtige Politik und transparente Berichterstattung. Mit dieser Offenheit habe er formuliert: „Vielleicht muss ich in meinen Formulierungen die Emotionen etwas zurücknehmen. Wenn das so ist, nehme ich die Kritik selbstverständlich an“, sagt er im Gespräch mit nh24 und Treffpunkt Baunatal. (rs)