nh24-Museumsrundgang durch das Klostermuseum in Bad Emstal Merxhausen
BAD EMSTAL. Seit 2006 nutzt der Kultur- und Geschichtsverein Bad Emstal das ehemalige Gutsgebäude mit Ursprüngen aus dem 16. Jahrhundert. 10 bis 84-jährige Helfer haben in 2.800 Stunden Eigenleistung aus dem ehemaligen Stall- und Vorratsgebäude ein Museum für 800 Jahre Kloster- und Hospitalgeschichte geschaffen.
Die volkskundliche Sammlung wird gerade neu geordnet und soll nächstes Jahr eingeweiht werden. 2019 konnte die völlig neu konzipierte und vielbeachtete Dauerausstellung: „Lebensbilder – Leidensbilder – Frauenbilder“ eröffnet werden. 300.000 Euro für den Umbau und die Einrichtung der Ausstellung kamen von EU, Landkreis Kassel, Gemeinde Emstal und der Vitos-Klinik. Besucher erleben eine anschauliche Präsentation in Wort, Bild, Ton und sorgfältig ausgewählten Exponaten in den Zeitabschnitten.
- Das Kloster Merxhausen 1212 – 1526
- Reformation und Hospitalsgründung 1526-1533
- Das Hohe Hospital (…) 1533-1803
- Die Zeit des Kurfürstentums Hessen 1803-1866
- 1866 – mit Preußen ins 20. Jahrhundert
- Psychiatrie ab 1900
- Werteverlust 1933-1945
- Nöte der Nachkriegszeit 1945-1970
- Vom Reformstau in die Moderne 1975
Wechselvolle Geschichte
Über 800 Jahre prägten barmherzige, wohltätige und soziale Intentionen diesen Ort. Zum überwiegenden Teil wirkten, lebten und starben hier Frauen: Als Augustinerinnen, Hospitalitinnen, Aufwärterinnen, Pflegerinnen und weibliche Opfer der NS-„Euthanasie“-Verbrechen. 1213 erwarb eine fromme Bruderschaft von Geistlichen und Laien ein Gut mit Pfarrkirche im Tal der Ems. Hier in „Merkeshusen“ errichteten die Brüder ein Frauenkloster nach den Regeln des Heiligen Augustinus. Im Museum sind Lebensläufe von Nonnen aus verschiedenen Jahrhunderten dargestellt.
Mit der Reformation wurden 1529 die Klöster in der Landgrafschaft aufgelöst. Landgraf Philipp der Großmütige säkularisierte diese und wandelte Merxhausen und Haina 1533 in Hospitäler um. In Merxhausen fanden 200 arme, kranke und bedürftige Frauen, in Haina Männer aus den nordhessischen Dörfern eine Bleibe. Etwas einmaliges in dieser Zeit. Der Anteil der als psychisch krank oder geistig behindert zu bezeichnenden Frauen wuchs im 18. Jahrhundert. Mangels Behandlungsmöglichkeiten herrschte erschreckendes Elend in der Einrichtung.
Industrialisierung und NS-Zeit
Durch sich mehrenden Patienten in Zeiten der Industrialisierung und dem Fortschritt der Wissenschaften (die Psychiatrie wird Ende des 19. Jahrhunderts als eigenständige Sparte der Medizin anerkannt) wurde Merxhausen völlig umgestaltet und neue Häuser gebaut. 1929 wurde Merxhausen Landesheilanstalt. In der NS-Zeit wurden mehr als 500 Patienten in Tötungsanstalten verlegt und ermordet. Viele fanden in Merxhausen den Tod im Rahmen der stillen „Euthanasie“, sie starben durch bewusste Vernachlässigung und durch Hungerrationen. Auch von diesen Frauen wird im Museum berichtet. 1953 wurde der Landeswohlfahrtsverband Hessen gegründet und übernahm die Verantwortung und 1975 wurde mit der „Psychiatrie- Enquête“ der Weg für eine Reformpsychiatrie freigemacht.
Bei einem Rundgang durch das Museum lässt sich die Geschichte vertiefen. Von März bis November ist das Museum jeden Sonntag von 14.00 bis 17.00 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet. Während dieser Zeit gibt es Getränke, Kaffee und Kuchen. Jeden zweiten Sonntag im Monat finden geführte Rundgänge durch das ehemalige Klostergelände und Klinikgelände statt. Sie beginnen um 14.00 Uhr, dauern etwa 1,5 Stunden. Kosten: 5,00 Euro.
Kontakt: Kultur und Geschichtsverein Bad Emstal e.V., Landgraf-Philipp-Str. 2, 34308 Bad Emstal-Merxhausen, www.geschichtsverein-bademstal.de.
Statt Fotostrecke HIER Informationen über das Museum. (rs)
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