KKA-Diabetesberaterin Merle-Schmitt hielt Vortrag im Kreiskrankenhaus
ALSFELD. Der „honigsüße Durchfluss“, salopp formuliert eine Mixtur aus Griechisch, Latein, und in den meisten Fällen genetischer Disposition, ungesunder Lebensweise, einer geschädigten Bauchspeicheldrüse, Bewegungsmangel oder beispielsweise Begleiterkrankungen:
Diabetes Mellitus mit all seinen unterschiedlichen Typen. Dieser stand beim Vortrag von Andrea Merle-Schmitt, Diabetesberaterin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) am Kreiskrankenhaus des Vogelsbergkreises in Alsfeld (KKA) im Mittelpunkt. Nach der Begrüßung durch Monika Raab, Beisitzerin im Vorstand des Fördervereins, erklärte Merle-Schmitt den Zuhörenden, „Was Sie über Diabetes wissen sollten. – Prävention und moderne Therapie“.
Merle-Schmitt ist am KKA, eine zertifizierte Klinik, die speziell für Diabetespatienten geeignet ist, für die Beratung bei stationären Patientinnen und Patienten zuständig. „Der Typ-1-Diabetes kann etwa durch Viruserkrankungen oder Vererbung entstehen. Die Zellen in der Bauchspeicheldrüse sind geschädigt, und bilden kein Insulin“, wusste die Expertin zu berichten. Denn das Hormon, welches den Traubenzucker (Glukose) aus dem Blut in die Körperzellen bringt, ist für den Stoffwechsel enorm wichtig. Beim Typ 1 wird es nicht gebildet und muss zugeführt werden, „beim Typ 2 – dem am häufigsten auftretenden Typ – spricht man häufig von einem ‚Lebensstil-Diabetes‘. Denn von den bis zu 11 Millionen Menschen, die in Deutschland davon betroffen sind, ist immer wieder ein ungesunder Lebensstil mitverantwortlich für die Erkrankung“, sagte Merle-Schmitt. Die „versteckte Pandemie“ zeigt sich meist mit häufigem Wasserlassen, starkem Durst, Wundheilungsstörungen oder Infektanfälligkeit. Zusätzlich sinkt die Fließgeschwindigkeit des Blutes, da der Zucker nicht verstoffwechselt wird, wodurch das Thromboserisiko steigt. „Immer mehr jüngere Menschen leiden inzwischen am Diabetes-Typ 2, da oft Bewegung fehlt und die Ernährung zu wünschen übrig lässt“, sagte Merle-Schmitt. Zu viele, zu schnell verstoffwechselbare Kohlenhydrate und zu viel Zucker tragen etwa dazu bei. „Die Bauchspeicheldrüse wird dadurch stark gefordert und verschleißt mit der Zeit“, führte sie aus. Auch Insulinresistenzen der Körperzellen können die Folge sein. Dann müsse dringend und früh reagiert werden, um die Symptome in den Griff zu bekommen. „Denn oft gehen mit Diabetes Krankheiten einher. Bluthochdruck, Übergewicht, erhöhte Blutfettwerte, ein gestörter Fettstoffwechsel – all das belastet den Körper zusätzlich“, sagte Merle-Schmitt. Außerdem sei man, wenn man drei Punkte dieser Aufzählung erfülle, Gefäßrisikopatient, und somit anfälliger für Krankheiten der Herzkranzgefäße oder der Halsschlagadern. So seien Herzinfarkte oder Schlaganfälle wahrscheinlicher. Im Prinzip helfe aber schon jedes Kilo weniger dabei, die Stressfaktoren für den Körper zu minimieren. Moderates Ausdauer- und Muskelaufbautraining, ein gesünderer Lebensstil, bewusstes Essen können dabei hilfreich sein. „Gerade beim Essen kann man viel richtigmachen. Möglichst unverarbeitetes Essen, besser drei Mahlzeiten am Tag in aller Ruhe sind ein guter Anfang. Und wenn etwas genascht werden soll, dann am besten als Nachtisch“, sagte die Expertin. Denn punktuell hohe Blutzucker- und damit zeitversetzt hohe Insulinspiegel seien besser, als die Dauerbelastung durch zu kurze Esspausen. Der Stoffwechsel des Menschen befinde sich noch im Steinzeit-Modus. Dauerhaft verfügbare Nahrung ist er nicht gewohnt und daher mit wenigen Mahlzeiten besser dran, sagte die Diabetes-Beraterin.
Zum Vortrag hatte die Expertin eine kleine Auswahl geeigneter Lebensmittel mitgebracht. Ballaststoffreich, mit etwa 30 Gramm pro Tag soll es sein, ausgewogen, mit ungesättigten Omega-3-Fettsäuren aus Fisch in Maßen und gesunden Pflanzenölen, drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst am Tag seien gute Richtwerte. Kartoffeln, Vollkorn-Reis oder –Nudeln als Beilage ebenso geeignet wie Vollkornbrot, weiß die Expertin. Tierische Fette sollten ebenso gemieden werden, wie Süßigkeiten mit hohem Industriezuckergehalt. Besser sind ein Mal pro Woche Hering, Makrele und Lachs anstatt Schweinefleisch und dazu hochwertige Eiweiße aus Linsen, Bohnen, Milchprodukten oder Gemüse. Und Merle-Schmitt unterstrich: „Man kann fast immer etwas tun und gegensteuern.“
Mehr Bewegung, wenig Alkohol und Rauchverzicht reduzieren ebenfalls das Risiko für Durchblutungsstörungen durch Diabetes und größere Gefäßkomplikationen können so vermieden, beziehungsweise verzögert werden. „Der Lebensstilveränderung ist immer die erste Wahl bei der Therapie von Diabetes-Typ-2. Erst später kann man über moderne antidiabetische Tabletten sprechen oder eine Insulintherapie in Betracht ziehen“, sagte Merle-Schmitt. Doch schon lange vorher lohne sich ein Blick auf die Blutzuckerwerte: „Ähnlich wie beim Blutdruck ist es wichtig, sich in regelmäßigen Abständen ein Bild von der Lage zu machen“, riet sie abschließend. Das verhindere oder verzögere Folgekomplikationen, da man frühzeitig reagieren könne. (pm)
Das Bild: Andrea Merle-Schmitt, Diabetesberaterin der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) beim Vortrag zur modernen Therapie bei Diabetes. Sie ist am KKA, eine zertifizierte Klinik, die speziell für Diabetespatienten geeignet ist, für die Beratung bei stationären Patientinnen und Patienten zuständig.