Alle Jahre wieder zur Weihnachtszeit…
Ich vermute, dass einige von Ihnen heute hektisch in die Geschäfte strömen, weil die letzten Geschenke noch gar nicht gekauft sind? Auf die letzte Minute. Vergessen? Wichtigeres zu tun gehabt? Egal!
Geht Ihnen das auch so? Es schwingt so überhaupt kein schlechtes Gewissen mit, wenn ich im „Kaufrausch“ hier ein Buch, da ein elektrisches Gerät und dort ein Spielzeug kaufe, mir hier und da noch eine Idee kommt und ich manchmal denke, dass ich das Eine oder Andere selbst auch ganz gut gebrauchen könnte. Wir genießen den Überfluss, können dennoch leidenschaftlich alles beklagen, was wir uns nicht leisten können und es fällt uns ganz schwer eine Vorstellung davon zu entwickeln, wie es Menschen geht, die nicht jeden Tag satt werden – ob in Deutschland, Afrika oder Asien – und in deren Städten Bomben abgeworfen werden.
Ich überlege allerdings ständig, ob das Christentum heute eine Chance hätte. Mit einem Gott und Propheten aus dem Nahen Osten, also mitten aus dem arabischen Raum. Stellen Sie sich vor, da kämen Maria und Joseph als Flüchtlinge durch die Wüste hierher und würden so eine unglaubliche Geschichte von Gottes Sohn erzählen, bei dessen Geburt die Familie obdachlos war. Die Mutter musste in einem Stall entbinden und die ersten Besucher waren Gurus aus Fernost, angeturnt von Weihrauch und Myrrhe.
Jesus marschiert später durchs Land, mit 12 Apostel in seiner Begleitung, so eine Art palästinensische Untergrundbewegung, die diesem Wanderprediger folgt, der sich auffallend distanziert mit der Obrigkeit anlegt, sich mit Wundern über Wasser hält – im wahrsten Sinne des Wortes – und der Behinderte sowie Prostituierte integriert. So einer, der Straffällige resozialisiert und eine neue Religion gründet. Ihm folgen haufenweise Leute, alles hoffnungsvolle und nicht etwa besorgte Bürger, die ihr Heil in Gott suchen, statt im Wirtschaftswachstum.
Jesus ist noch dazu ein konvertierter Jude, der zu Konsumverzicht aufruft, die Händler aus dem Tempel jagt und Bescheidenheit predigt. Sogar Verzicht hält er für eine wichtige Tugend. Er versorgt Tausende mit frischem Brot ohne Meisterbrief als Bäcker und produziert Wein ohne die entsprechende Erlaubnis. Er fischt nicht nachhaltig, sondern sorgt für übervolle Netze.
Und er vergibt Sünden, also offensichtliche Gesetzesverstöße und stellt sich damit über das Recht. Schließlich steht er von den Toten auf und verschwindet mit Engeln im Himmel. So eine Geschichte muss man sich erst mal ausdenken und das muss man erst mal glauben…
Jesus würde sich mit allen Parteien anlegen, die hier regieren oder auf den Oppositionsbänken sitzen. Die Kirche würde sich gegen ihn stellen, denn wer nicht glaubt, was die Kirche predigt, kann nicht auf dem Weg Gottes wandeln. Da versteht keine Religion Spaß. Schließlich leben sie alle ganz gut von ihrem Gott, ihrem Messias oder letztlich von der Angst der Menschen vor der Sünde und der Hölle …
Ok, wir brauchen auch gar keine neue Religion. Die sogenannten Abendländischen Werte und die christliche Tradition reichen vollkommen aus, dem Klimawandel zu begegnen, die Menschheit zu einen und Frieden zu schaffen. Und im Grunde wollen die meisten Religionen das gleiche.
Ich wünsche Ihnen – auch im Namen der Redaktion von nh24 – friedliche und gesegnete Weihnachten!
Ihr
Rainer Sander