
Marktplatz und Rathaus mit Märchenfigur © Archivfoto: Rainer Sander
11 Grüne/FDP-Stimmen reichen für Baunataler Haushalt 2025/26
BAUNATAL. Mit zwei Veränderungslisten reichte Henry Richter erneut einen Haushalt bei Reiner Heine zur Tagesordnung der gestrigen STAVO ein. Schlaflose Nächte hätten ihn gequält, um zahllose Abwägungen zu treffen, alle in Verantwortung gegenüber Stadt und Bürgern. In der Tat ist das die passende Stellenbeschreibung für einen Bürgermeister. Trotz Einsparungen wird’s 2025 nun noch schlechter.
5,3 Millionen Euro Gewerbesteuer werden rückgezahlt. 38,4 Millionen Euro Defizit sind es jetzt. Für 2026 sieht es im Doppelhaushalt 2025/2026 etwas besser aus. Das Defizit lässt sich auf 6,4 Millionen Euro halbieren. Die Zahlen wirken kühl, sagt Richter in seiner zweiten Haushaltsrede. Einschränkungen findet man beispielsweise bei Investitionen, im Sozialen und bei Instandhaltungen.
Weniger Ganztagsschule und mehr „Jobs“ für Vereine
„Haushalt ist nicht Mathematik, sondern auch Moral und Verantwortung“, stellt der Bürgermeister fest: „Die Reserve ist bald ausgeschöpft!“ Das Beratungsunternehmen Schüllermann und Partner habe empfohlen Sportstätten und Spielplätze zu schließen, die Vereine finanziell zu beteiligen, Steuern und Kita-Gebühren zu erhöhen und neue Steuern einzuführen, wie eine Zweitwohnungsteuer oder die Raumtemperaturen zu senken. In der Tat, die „Giftliste“ ist lang und so erschreckend emotionslos wie die Wirklichkeit.
„Die Komfortzone ist für alle vorbei. Es geht um Verantwortung!“ so stellt Henry Richter es dar, und er habe verstanden, dass „jeder Tag, den wir zögern“, es nicht besser machen wird. Zuschüsse, die gezahlt werden, gilt es zu überprüfen. Die Schließung und Vermarktung einzelner Sportstätten werden überdacht. Eine Tourismusabgabe soll genauso kommen wie Parkgebühren. Die Nutzung öffentlicher Flächen gibt es nicht mehr umsonst. Der Mietvertrag für die Rembrandtstraße wird beendet. Ehrenamtliche sollen Grünflächen pflegen. Dabei war deren bessere Pflege vor einem Jahr noch ein zentrales Wahlkampfthema. Personal wird reduziert, Prozesse werden effizienter, Ehrenamtlichkeit bei der Betreuung in den Schulen eingeführt.
Mit einem neuen Berater und Mut zu Demokratie in Baunatal
Mehr interkommunale Zusammenarbeit soll es in vielen Bereichen bei Vergabe, Beschaffung, Ordnung. In der Verwaltung habe er einen kompetenten Berater nebenberuflich eingestellt, denn aus der Politik gab es keine Vorschläge. Tatsächlich werden Bürgermeister aber vor allem für Ideen gewählt und bezahlt. Dafür habe er dieses Jahr angefangen über Demokratie zu sprechen. Der Interfraktionellen Arbeitskreis Haushaltskonsolidierung müsse dieses Jahr noch anfangen, weil es um die Existenzgrundlage der kommunalen Selbstverwaltung geht.
„Wir müssen uns von liebgewonnenen freiwilligen Leitungen trennen. Wir haben die Aufgabe unangenehme Wahrheiten auszusprechen,“ erklärt Henry Richter den Stadtverordneten, aber; „Baunatal ist eine starke Stadt. Die Konsolidierung beginnt jetzt mit mehr Eigenleistung und Ehrenamt. Zeigen wir, dass die Stadt den Mut hat, sich selbst neu zu denken.“
Rodenberg mildert, Oswald will weniger Verwaltung, Stüssel kritisiert scharf
- Udo Rodenberg (SPD) sieht Widersprüche zum Leitlinien-Beschluss. SPD und CDU bringen abmildernde Änderungsvorschläge ein, möchten keine Rücknahme von Fortbildungskosten, eine neue Rutsche, die Hausaufgabenbetreuung nicht streichen, Die Waldkita soll nicht verschoben werden und die Schulsozialarbeit bleiben. Die Stadt solle das Programm Startchancen sinnvoll nutzen, anstatt die Hausaufgabenhilfe zu streichen. Digitalisierung sei nicht ausreichend realisiert.
- Henry Richter rechnete zusammen: „Das nimm 600.000 Euro Einsparpotenzial weg!“
- Rainer Oswald (FDP) wird zustimmen, sei aber am Staunen. Mit Digitalisierung es wird nicht billiger, weil die Gestaltungsmöglichkeiten wachsen. Die Bürger erwarten, dass im Staat etwas zusammenschrumpft und sie selbst gestalten können.
- Sebastian Stüssel (CDU) kritisierte heftig den Haushaltsentwurf des Bürgermeisters, in dem Henry Richter zentrale Sparvorgaben ignoriere und vor allem im sozialen Bereich streiche. Der CDU-Chef sprach von „Inszenierung“ und lehnte die Vorlage als untragbar ab. Besonders deutlich fiel seine Kritik an der außerparlamentarischen Wählergemeinschaft „Gemeinsam für Baunatal“ aus, der er vorwarf, mit „Worthülsen“ Stimmung zu machen und die Verantwortung des Bürgermeisters zu verschleiern. Die CDU sei eine verlässliche Kraft mit konkreten Einsparvorschlägen und klarer Linie. Eine Ausführliche Analyse von Stüssel steht im „Hintergrund“ am Ende des Artikels.
FDP/GRÜNE: Mehr Interkommunal delegieren – Gewerbe in Nachbarorte
- Lothar Rost (B 90/GRÜNE) will zustimmen, auch wenn in Zukunft noch mehr zu tun ist. Der Rechnungshof gibt die Kernempfehlung, dass interkommunal zusammengearbeitet werden muss. Die Zeit für den Begleitantrag der SPD war zu knapp,
- Rainer Oswald (FDP) meldete sich erneut: Bund und Land übertragen schon seit Jahrzehnten Aufgaben an Kommunen ohne Finanzierung. Die Öffentliche Verwaltung sei die einzige Branche, die Stellen ausbaut. Einsparungen müssen vom Bürger mitgetragen werden. „Wir haben keine Flächen mehr in Baunatal“, deshalb müsse man Gewebegebiete Interkommunal entwickeln. Also in Nachbarkommunen.
- Andreas Mock (CDU) teilt den Defätismus der FDP nicht, hört aber die Stimme gerne! Wundert sich über die Grünen im Kreis, die dort ihren Zweiten Kreisbeigeordneten durchgesetzt hätten. Der koste über die Kreisumlage mit Dienstwagen, Fahrer und Büro-Staab mehr als der Erste Stadtrat on Baunatal. Aber der Landkreis habe – warum auch immer – keine Rechtsbehelfsbelehrung unter den Bescheid zur Kreisumlage geschrieben. Also könne man Widerspruch einlegen, der sofort aufschiebende Wirkung hätte: „Wenn Bürgermeister Richter meint, man bräuchte Zeit, gewinnen wir sie damit. Selbst eine Klage vorm Verwaltungsgericht kostet nichts, bringt aber noch einmal 2 Jahre Luft.
Kritik vom Behindertenbeirat
- Egon Bader vom Behindertenbeirat kritisiert, der Wegfall von Hausaufgabenbetreuung betreffe lernschwache Schüler, die Streichung für Fahrdienste nur Schwerbehinderte. Private, sportliche und kulturelle Besuche wären nicht mehr möglich, dabei habe auch Richter Inklusion auf die Fahne geschrieben.
- Frank Böttcher (SPD) zitiert aus einer Veranstaltung „Bildung meets Politik“. Wenn der Bürgermeister dagewesen wäre, hätte er mitbekommen, wie schlecht es um die Kinder quer durch alle Gesellschaftsschichten steht. Er möchte keine sozialen Einschnitte bei der Bildung.
11 Ja-Stimmen von GRÜNEN und FDP reichen für den Haushalt
Die Abstimmung für eine Tourismusabgabe von 2 Euro/Tag erfolgte einstimmig. Die Änderungsliste von SPD/CDU wurde mit Gegenstimmen von FDP und Enthaltungen der GRÜNEN, bei 29 Ja-Stimmenangenommen. Anschließend passierte die Änderungsliste von Bürgermeister Richter mit den SPD/CDU-Änderungen mit 9 Ja-Stimmen der GRÜNEN plus Reiner Oswald, bei 7 CDU-Nein- und 22 Enthaltungsstimmen angenommen. Dem Haushalt insgesamt genügten 11 Ja-Stimmen ausschließlich von FDP und GRÜNEN bei 7 Nein-Stimmen der CDU und 22 Enthaltungen der SPD.
Es ist also der Haushalt von Bürgermeister Henry Richter, den GRÜNEN und der FDP, ohne die dort gerne zitierte geschlossene Blockade von SPD und CDU.
Aqua Park wird 50 Cent teurer
Das Thema AquaPark beschäftigte die Stadtverordneten nicht nur beim Haushalt mit der Rutsche, sondern auch zusätzlich bei den Gebühren. Henry Richter brachte eine neue Gebührenordnung mit „moderater Anpassung der Preise. Von 50 Cent pro Ticket, bei einer Stunde mehr Besuchszeit. Viel Geld sei das nicht. Sondertarife bleiben unverändert.
- Rainer Oswald (FDP) findet, ein Schwimmbad muss nicht ganz günstig sein. Der AquaPark könne nicht konkurrieren mit anderen Bädern. Die Stadt müsse keins betreiben. Viele Besucher kämen aus dem Umland. Er hatte schon bei der Haushaltsdebatte bekannt: Ohne Rutsche im Schwimmbad könne auch leben.
- Andreas Mock (CDU) erinnerte an ein Gutachten vor langer Zeit. Die Kostenstruktur und der Personalschlüssel seien doppelt so hoch, wie in anderen Bädern. Erfolgreich Bäder wie beispielsweise in Frielendorf haben weniger Wasserfläche und betreiben Gastronomie und Sauna attraktiv selbst. Wasser kostet Geld, Wellness bringt Geld, in der Tat.
- Damaris Müller (B90/GRÜNE) konstatiert, nicht nur Privathaushalte spüren höhere Energiepreise: Zu Ausstattung und Rutsche findet sie: „Meine Kinder gehen in jedes Becken, Hauptsache es ist Wasser drin.
Gegen die Erhöhung stimmte die CDU. 34 Stadtverordnete stimmten mit Ja.
HINTERGRUND Sebastian Stüssel zu Bürgermeister und „Gemeinsam für Baunatal“
In seiner Haushaltsrede rechnete CDU-Fraktionsvorsitzender Sebastian Stüssel in ungewöhnlich scharfen Worten mit der Vorgehensweise von Bürgermeister Henry Richter und der außerparlamentarischen Wählergemeinschaft „Gemeinsam für Baunatal“ ab. Letztere warf er vor, als „Propagandaabteilung für einen Bürgermeister, der sein Handwerk nicht versteht“ zu agieren. Die CDU dagegen stehe für klare, verantwortungsvolle Haushaltsführung – mit dokumentierten Einsparvorschlägen und dem Willen, auch unbequeme Wahrheiten auszusprechen.
Kritik am Haushaltsentwurf: Unprofessionell, unausgegoren, untragbar
Stüssel bezeichnete Richters Entwurf als unzureichend und „desaströs“. Er warf dem Bürgermeister vor, zentrale Vorgaben der Stadtverordnetenversammlung ignoriert zu haben. Die von Richter vorgelegte Änderungsliste greife aus Sicht der CDU viel zu stark in den sozialen Bereich ein – etwa bei Kitas, Hausaufgabenbetreuung oder bei Zuschüssen für Vereine – und widerspreche damit bewusst den politischen Leitlinien.
Zudem bemängelte Stüssel, dass Richter seiner gesetzlichen Verantwortung als Verwaltungschef nicht gerecht werde: Der Bürgermeister habe aus politischen Gründen versucht, die Haushaltsaufstellung bis nach der Kommunalwahl 2026 hinauszuzögern, um unpopuläre Einschnitte zu vermeiden. Das, so Stüssel, sei taktisches Lavieren statt verantwortliches Handeln. Die CDU habe dagegen frühzeitig und wiederholt einen Haushaltsentwurf eingefordert, um Planungssicherheit für die Stadt zu schaffen.
„Gemeinsam für Baunatal“ Skurril, verantwortungslos, substanzlos, Richter mit „Nichtleistung“
Besonders polemisch geriet Stüssels Abrechnung mit der Gruppe „Gemeinsam für Baunatal“. Er bezeichnete deren Äußerungen zur Haushaltspolitik als „skurril“, „ignorant gegenüber Fakten“ und als „Stimmungsmache“. Die Gruppe versuche, mit wohlklingenden Phrasen von der Realität abzulenken und verschweige systematisch die Rolle des Bürgermeisters in der aktuellen Haushaltskrise. Dessen frühere Beteiligung an SPD-Mehrheitsentscheidungen und seine Zustimmung zur Berufung des Ersten Stadtrats Daniel Jung würden nun in Widerspruch zu ihrer Kritik gestellt. Wer Richter jetzt reinwasche und die Verantwortung der CDU überbetone, betreibe „politische Verdrehung“.
Stüssel konterte die wiederholte Forderung der Wählergruppe, die Stelle des Ersten Stadtrats einzusparen, mit einem Verweis auf die nachweisbaren Einsparungen von jährlich 2 Millionen Euro, die unter Daniel Jungs Federführung erzielt worden seien. Die CDU lehne stattdessen eine „Nichtleistung“ wie die des Bürgermeisters ab, die die Stadt jährlich 300.000 Euro koste.
Klare Linie der CDU: Konsolidierung ja, aber ohne soziale Härten
Stüssel betonte, dass die CDU-Fraktion zusammen mit der SPD realistische Leitlinien zur Haushaltskonsolidierung verabschiedet habe – mit dem Ziel, 30 Millionen Euro in zwei Jahren zu sparen. Dabei habe man jedoch Wert daraufgelegt, soziale Einschnitte zu vermeiden und keine voreiligen Steuererhöhungen vorzunehmen. „Konsolidierung beginnt mit internen Einsparungen – nicht mit höheren Belastungen für Bürger und Mittelstand“, stellte er klar. Steuererhöhungen seien nur das letzte Mittel, wenn andere Wege ausgeschöpft seien.
Den Vorwurf, CDU und SPD würden im Magistrat die Verantwortung abschieben, wies er entschieden zurück. Der Bürgermeister sei kraft Amtes für die Erarbeitung des Haushaltsentwurfs verantwortlich – der Magistrat diene nur als kollegiales Gremium. CDU und SPD hätten ihre Mehrheiten dort nie missbraucht, um den Haushalt zu blockieren – das sei ein „Verschwörungsnarrativ“, das allein dem Zweck diene, die eigene Untätigkeit zu kaschieren.
Fazit: Haushaltsvorlage wird abgelehnt – CDU fordert Neustart
Am Ende seiner Rede machte Sebastian Stüssel deutlich, dass die CDU die Haushaltsvorlage des Bürgermeisters ablehnen werde. Baunatal brauche einen klaren Kurs, kein „Puppentheater“, wie er es nannte. Die Stadt verdiene mutige, professionelle Entscheidungen – und keine symbolpolitische Inszenierung mit „Marionetten“. (rainer sander)
