
Rathaus der Stadt Baunatal © Archivfoto: Rainer Sander|nh24
Haushalt vermisst – Special Olympics im Visier
BAUNATAL. Langweilig wirkte die Tagesordnung für die gestrige Sitzung der Baunataler Stadtverordneten gegenüber Themen, die dort nicht aufgelistet waren. Punkte zu Bauleitplanung (Baunsberg), Special Olympics und Sportstättenentwicklungsplan passierten unspektakulär das Parlament. Amtliche Mitteilungen und der fehlende Haushalt weckten Emotionen noch vor Eintritt in die Tagesordnung.
Stadtverordnetenvorsteher Reiner Heine (SPD) informierte zu Beginn der Sitzung über den Termin der Kommunalwahl 2026. Das Land Hessen hat diesen auf den 15. März festgelegt. In zehn Monaten werden also auch in Baunatal die Stadtverordneten neu- oder wiedergewählt. Mit einer gewissen Sehnsucht scheinen sich viele diesen Tag herbeizusehnen.
Streit um Konzept für die Baunataler Nachrichten
Nicht länger warten wollten SPD und CDU auf ein Konzept für die Verbreitung amtlicher Nachrichten/Veröffentlichungen und Informationen aus Rathaus, Vereinen und Verbänden. Das leisten bisher die Baunataler Nachrichten. Der bestehende Vertrag mit dem Verlag läuft zum 30. Juni aus und eine Neuregelung ist weder beauftragt noch bis zum gestrigen Tag ausgeschrieben. Bereits vor fünf Monaten hatte sich das Parlament einstimmig für ein neues Konzept entscheiden.
Mit einem Antrag auf Änderung der Tagesordnung und Aufnahme eines eilbedürftigen Antrages zur Vorlage des Konzeptes wollten SPD und CDU jetzt Klarheit.
Zukunftsmodell oder Fortschreibung? –
Beide Parteien erinnerten mit Nachdruck an einen einstimmigen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom Dezember 2024: Ein neues, zukunftsweisendes Konzept für das amtliche Mitteilungsorgan der Stadt sollte erarbeitet werden – mit starker digitaler Komponente einschließlich Kommentarfunktion für die Bürger, Bürger-App, regionaler Ausstrahlung und tagesaktuellen Informationen. Doch was am Tag der Sitzung kurz vor 16 Uhr vorgelegt wurde, war zu spät und für viele Parlamentarier eine Enttäuschung.
„Wir hätten spätestens heute ein Konzept erwartet“, sagte SPD-Fraktionschef Udo Rodenberg. „Aber fünf Monate nach Beschluss liegt kein zukunftsweisendes Modell vor. Stattdessen wurde eine Leistungsbeschreibung erstellt, die im Kern auf den Erhalt des Status quo hinausläuft.“
Digitalisierung bleibt Randnotiz – Bürger bleiben ausgesperrt
Tatsächlich liest sich die Leistungsbeschreibung weitgehend wie eine Fortschreibung des Bestehenden. Die gedruckte Ausgabe soll weiterhin wöchentlich erscheinen, eine Bürger-App ist nur als Nebenangebot vorgesehen. Digitale Beiträge dürfen ausschließlich von der Stadtverwaltung veröffentlicht werden – eine Beteiligung beziehungsweise Reaktion der Bürgerinnen und Bürger auf Beiträge ist möglich, aber nicht fest eingeplant.
„Die Baunataler Nachrichten erreichen gerade mal 2 % der unter 30-Jährigen“ und 28 % der 30 bis 60-Jährigen Baunataler, so Rodenberg mit Bezug auf die erfolgte Umfrage. „Wenn wir es ernst meinen mit Information für alle Altersgruppen, dann brauchen wir ein neues Konzept – nicht bloß einen neuen Vertrag.“
FDP mit 180-Grad-Wende
Während sich die GRÜNEN auf eine frühere Abstimmung über den Ausschreibungstext beriefen und keine Eilbedürftigkeit sahen, schlug die FDP erst kritische Töne an – und kippte dann um. „Immer wenn ich denke, jetzt ist das Thema erledigt, geht die Debatte wieder los“, bemerkte FDP-Fraktionschef Rainer Oswald zunächst sarkastisch. Doch später bekannte er: „Die FDP wird zustimmen, aber dann wollen wir auch klare Fakten hören.“
Bürgermeister unter Druck
Bürgermeister Henry Richter zeigte sich überrascht von der politischen Debatte: „Wir haben mit verschiedenen Verlagen gesprochen, darunter HNA, Linus Wittich und Mittelhessische Verlagsgesellschaft. Ich habe vorgeschlagen, den Vertrag um sechs Monate zu verlängern.“ Das ursprünglich geplante Kooperationsmodell mit Schauenburg sei gescheitert, daher habe es Verzögerungen gegeben.
Doch aus Sicht der CDU ist das zu wenig:
„Es ist ein Unding, dass fünf Monate lang nichts passiert ist“, kritisierte Sebastian Stüssel (CDU). „Das Parlament hat einen klaren Auftrag gegeben. Aber der Bürgermeister hält sich mal wieder nicht an Parlamentsvorgaben.“ Die vorgesehene Ausschreibung wird dem Beschluss zuwiderhandeln. Orakelte er.
Die Ausschreibung war zum Zeitpunkt der Diskussion erfolgt, was der Bürgermeister nicht erwähnte.
Eilantrag scheitert – Debatte vertagt
Obwohl SPD und CDU eine Änderung der Tagesordnung durchsetzen wollten, scheiterte der Eilantrag an der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit. Damit wird das Thema erst wieder am 23. Juni aufgerufen – nur eine Woche vor Auslaufen des aktuellen Vertrages.
Was bis dahin noch zu retten ist, bleibe offen; SO DIE Stimmung bei den Antragstellern. Fest stehe: Die Stadtverordneten hatten mehr erwartet als ein modernes Layout und ein digitales Blätter-PDF. Sie wollten ein Konzept für die Zukunft – und streiten nun über ein Papier aus der Vergangenheit.
Haushalt wird vermisst
Noch vor Einstieg in die Tagesordnung vermisste Udo Rodenberg (SPD) die Ergebnis-Verbesserungsvorschläge für den Haushalt 2025. Diesen sollten jetzt bereits in den Ausschüssen beraten werden. Es gäbe keine Signale, dass daran gearbeitet wird. Bürgermeister Richter kümmere sich mit viel Kraft um andere Angelegenheiten.
Einigkeit bei Special Olympics und Sportstättenplanung
Während die Debatte um die „Baunataler Nachrichten“ für Zündstoff sorgte, verliefen zwei weitere Tagesordnungspunkte völlig unaufgeregt – und einstimmig.
Baunatal bewirbt sich gemeinsam mit Kassel für die Ausrichtung der Special Olympics Hessen Landes-Sommerspiele 2029, der größten Sportveranstaltung für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung. Stadtverordnetenvorsteher Reiner Heine (SPD) betonte die Bedeutung der Bewerbung: „Ein starkes Zeichen für Nordhessen.“ Bürgermeister Henry Richter ergänzte: „Es wird uns je 10.000 Euro kosten, aber es ist mehr als ein inklusives Fest – es bringt auch touristische Strahlkraft.“
Robert Szeltner (SPD) hob den gesellschaftlichen Wert hervor: „Mehr als ein Wettkampf – ein Symbol für Freundschaft, Respekt und Inklusion.“ Auch Sebastian Stüssel (CDU) zeigte klare Unterstützung: „Sie müssen uns nicht um Zustimmung bitten.“ FDP-Mann Rainer Oswald sprach von einem „integrativen Element, das der gesamten Stadtgesellschaft zugutekommen wird“, während Edmund Borschel (GRÜNE) auf gerade erlebte Erfahrungen verwies: „Wir konnten viele Gäste beim inklusiven Sportfest begrüßen – es war ein erhellender Moment.“
Besonders eindrucksvoll trat Egon Bader vom Inklusionsbeirat auf. In einer Erklärung hieß es: „Inklusion bedeutet einbeziehen, nicht nur mitmachen lassen – sondern gleichsetzen. Teilnahme unabhängig von Fähigkeiten ist ein Menschenrecht. Inklusion ist erreicht, wenn alles selbstverständlich ist“
Ebenso einmütig fiel der Beschluss zur Erstellung eines Sportstättenentwicklungsplans, den die GRÜNEN eingereicht hatten. Der letzte umfassende Plan datiert auf das Jahr 2009 zurück. Lothar Rost (GRÜNE) betonte, dass Bedarf, Nutzung und Sanierungsstau systematisch erfasst werden müssten. Udo Rodenberg (SPD) stellte klar: „Es geht nicht um ein neues Papier, sondern um eine Aktualisierung.“ FDP-Fraktionschef Oswald gab trocken zu Protokoll: „Heute könne man allen Anträgen zustimmen.“
Noch klein BTL auf dem Nummernschild – Stadtradeln beginnt
Bürgermeister Henry Richter konnte zur Kennzeichenvergabe BTL für Baunatal auf eine Mitteilung vom RP verweisen. Die Voraussetzung dafür wäre gegeben, wenn kein Kontingent für bestehende Kennzeichen mehr möglich ist, ein eigener Bezirk gebildet wird oder die KFZ-Zulassungsordnung des Landes geändert wird. Dafür werde er sich einsetzen.
Nicht auf vier, sondern auf 2 Rädern ist Erster Stadtrat Daniel Jung demnächst unterwegs. Das Stadtradeln beginnt. 139.000 Kilometer waren es vergangenes Jahr. Jung hofft auf eine Steigerung. Ein Artikel zu Bebauungsplan und Wohnungsbau folgt. (rainer sander)