Auftaktveranstaltung gestern Abend am Rathaus
FRIELENDORF. Der erste Aufschlag ist getan! Der Marktflecken Frielendorf feiert seinen 50. Geburtstag. Der Himmelfahrtsmarkt wird aufgewertet und am Silbersee wird Freitagabend mächtig gerockt. Gestern Abend bis Mitternacht feierten Bürgerinnen und Bürger, Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gemeinde.
Zu einem Festakt auf dem Innenhof und dem Parkplatz des Rathauses hatte die Gemeinde eingeladen und etwa 300 Gäste aus der Großgemeinde waren gekommen. Dazu Vertreterinnen und Vertreter aus den Nachbargemeinden, darunter die Landtagsabgeordnete Christin Ziegler und der Erste Kreisbeigeordnete Jürgen Kaufmann.
Teils freiwillig, teils per Gesetz – am Ende eine Identität
Das Jahr 1974 war Höhepunkt der hessischen Gebietsreform. Auch der Schwalm-Eder-Kreis ist in diesem Jahr entstanden. In Frielendorf kamen insgesamt 16 Ortsteile unter dem gemeinsamen Dach des Namensgebers Frielendorf zusammen. Einige von ihnen hatten bereits zuvor freiwillig zusammengefunden. Den Rest regelte ein Gesetz.
Nicht in allen Kommunen ist so schnell eine gemeinsame Identität entstanden wie in der Silbersee-Gemeinde. In Frielendorf herrscht Einigkeit darüber, dass anfänglich vorhandene Fusionsschmerzen der Vergangenheit angehören. Und wer weiß, vielleicht hätte es den heutigen wirtschaftlichen Schwerpunkt nach Schließung von Brikettfabrik und Braunkohlegruben, den Tourismus gar nicht gegeben. Die kleine Gemeinde Allendorf, in deren Gemarkung das Seegebiet liegt, hätte es zumindest schwerer gehabt, das Areal zu entwickeln.
Gründung im Jahr von Weltmeisterschaft und Verkehrssünderkartei ohne Aussichtsturm auf dem Sandberg
1974 war sowieso ein erfreuliches Jahr. Bürgermeister Jens Nöll erinnerte an den Gewinn der Fußballweltmeisterschaft im eigenen Land, den ersten VW-Golf und den „Rumble in the Jungle“ zwischen Mohammed Ali und George Foreman. Auch die Watergateaffäre, die Aufdeckung des Spions Guillaume oder die Verkehrssünderkartei in Flensburg fallen in das Gründungsjahr der Großgemeinde. Das 174 gab es nicht mehr alles umsonst, beispielsweise kosteten die Plastiktüten seit dem Geld. Der Liter Bier kostete noch 80 Pfennig. Der Durchschnittslohn betrug umgerechnet 540 Euro. Während international ABBA auf der Bühne erschienen, dominierte hierzulande ein Ex-Bundespräsident „Hoch auf dem gelben Wagen“ die Hitparade. Walter Scheel sich vors Mikrofon getraut.
Bei der Gebietsreform wurden aus 2600 Gemeinden schließlich nur noch 416. Diese befinden sich nicht mehr in 39 Landkreisen, sondern in lediglich 20 verbliebenen. Jens Nöll freut sich über viele verwirklichte Projekte um und nach der Gebietsreform. Er hat aber auch viele unerledigte Projekte in den Archiven entdeckt. Dazu zählen der nie gebaute Aussichtsturm auf dem Sendberg oder das beheizte und überdachte Schwimmbad in Lenderscheid. Er selbst war zum Zeitpunkt der Gründung erst ein Jahr alt.
Feuerwehren, Musikkapellen und Sportvereine leben die Großgemeinde
Die Kirchtürme bestimmten nur anfangs das Denken. Heute sind sie niedriger geworden. Die Gemeinde sei dicht zusammengerückt und habe gemeinsam ein Wirgefühl entwickelt. Die Feuerwehren arbeiten zusammen, es gibt eine gemeinsame Jahreshauptversammlung und das jährliche Gemeinde-Feuerwehrfest. Bald ist wieder die Serenade. Die Musikzüge der Großgemeinde würden ohne die Unterstützung aus den Nachbardörfern keine Musik mehr machen. Im Sport haben sich Spielgemeinschaften bewährt. Niemand wird mehr angegriffen, weil er im Nachbarort das Tor trifft.
Die Vorsitzende der Gemeindevertretung, Isabelle Vaupel, hat die Tage vor 50 Jahren selbst auch nicht miterlebt, aber in ihren Bürgermeister Gerhard Weitzel einen guten Informanten für eine Ansprache gefunden. Ein gesellschaftliches und politisches Thema begleitet die Gemeinde seit ihrer Gründung: „wie lange und wann sollen die Straßenlaternen brennen?“ Frau Vaupel stellte zurückblickend klar, dass die wachsende Bürokratie und vor allem der steigende Anspruch an Fachliches bereits vor 50 Jahren ehrenamtlich nicht mehr zu bewältigen waren. Und weil die Entwicklung weitergeht, arbeitet auch Frielendorf inzwischen interkommunal mit seinen Nachbargemeinden und -Städten zusammen.
Man weiß auf dem Land, was der Nachbar grillt
Der Erste Kreisbeigeordnete Jürgen Kaufmann gratulierte den Frielendorfern dazu, die Herausforderung, 16 Ortsteile zu vereinen, gemeistert zu haben. Wichtig sei, die Menschen immer ernstzunehmen. Er nehme Frielendorf als Einheit wahr. Die Menschen im gesamten Landkreis hätten sich bewusst dafür entschieden, auf dem Land zu leben und wüssten die andere Lebensqualität gegenüber der Stadt zu schätzen. Man weiß, was der Nachbar grillt und muss miteinander sprechen.
Tatsächlich waren alle vier bisherigen Bürgermeister seit der Gebietsreform versammelt: Gerhard Weitzel, Birger Fey, Thorsten Vaupel und Amtsinhaber Jens Nöll. Zu ihnen gesellte sich mit Christof Dejaegher ein fünfter Bürgermeister, nämlich aus Frielendorf belgischer Partnerstadt Poperinge. Er erzählte von der belgischen Gebietsreform, die zwei Jahre später stattfand und von den Anfängen der Partnerschaft mit Frielendorf, die in Kneipengesprächen begann, die ein Frielendorfer Soldat, 20 Jahre nach dem 2. Weltkrieg am Ort seiner damaligen Stationierung in einer Kneipe von Poperinge führte. Aus der Überwindung alter Feindschaft, einer persönlichen Freundschaft und zunächst einer Partnerschaft der beiden Feuerwehren von Obergrenzebach und Poperinge, ist vor mehr als zehn Jahren die Städtepartnerschaft entstanden. Sprachen und Grenzen können eine Freundschaft nicht verhindern.
Ehrung für Lebensretter
Eine besondere Ehrung konnte Jürgen Kaufmann für Lisa und Max Jüngel sowie Ute Schmeer vornehmen. Er überreichte eine Urkunde von Ministerpräsident Boris Rhein dafür, dass sie ihrem Vater und Opa bei einem Herzinfarkt das Leben gerettet haben.
Umrahmt wurde die Veranstaltung musikalisch von Karin George mit ihren Gesangsschülerinnen und Musicalhits sowie dem DJ Team Trifaders mit Titeln von Pop über Techno bis Metal. Der Festplatz war zur Abendzeit stilvoll beleuchtet und es gab Schwälmer Klöße aus Frielendorfer Produktion. Eine gelungene Veranstaltung für alle Frielendorfer, die mehr als erwartet viele Menschen angesprochen hat.
Die Sache mit dem Riesenrad
Heute beginnt der Himmelfahrtsmarkt mit dem Riesenrad. nh24 hat der eigenen und der Erinnerung aus dem Rathaus folgend vom ersten Riesenrad in Frielendorf berichtet. Inzwischen haben sich zwei Augenzeugen gemeldet, darunter die Schwiegermutter von Isabelle Vaupel, die – allerdings vor Gründung der Großgemeinde – ein „kleines“ Riesenrad bei einem Himmelfahrtsmarkt „Hinter den Höfen“ gesehen haben. Dann wird es wohl das erste in der Großgemeinde sein ganz sicher das bisher größte! Also das erste riesen Riesenrad … (Rainer Sander)
2 Kommentare
Ich bin Stolz ein gebürtiger Frielendorfer zu sein. Auch mit unserem Ropperhäuser Bürgermeister haben wir alles richtig gemacht. 👍🏻 top !
Frielendorf feiert nicht seinen 50. Geburtstag.
Frielendorf ist wesentlich älter.
Auch nicht als Marktflecken – diese Zusatzbezeichnung hat Frielendorf erst seit einigen Jahren
Richtig ist:
Frielndorf feiert seinen 50. Geburtstag als Kommune, die im Rahmen der Gebietsreform mit anderen Kommunen zur Gemeinde zusammengeführt wurde.
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