JESBERG / SCHWALMSTADT. Am Sonntag feierte die Hephata Diakonie ihren Jahresempfang und das Erntedankfest auf dem Bio-Hofgut Richerode in Jesberg.
Zum ersten Mal wurde der Jahresempfang nicht im April rund um das Gründungsdatum der Hephata Diakonie abgehalten und auch nicht in der Hephata-Kirche in Schwalmstadt-Treysa, sondern auf dem Hofgelände Richerode. Dies führte zu einer vielfältigen und bunten Veranstaltung – Kuhstall statt Kirche – umschrieb Hephata das Fest.
Das Motto des Jahresempfangs lautete „Offen für Vielfalt, Geschlossen gegen Ausgrenzung“. Dies spiegelte sich auch in der Predigt von Bischöfin Prof. Dr. Beate Hofmann während des Erntedank-Gottesdienstes wider.
Die Hephata Diakonie lud 60 Gäste aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft zu ihrem traditionellen Jahresempfang auf dem Bio-Hofgut Richerode ein. Hephata-Vorstand Pfarrer Maik Dietrich-Gibhardt betonte die Bedeutung des Hofguts für ihren sozial-diakonischen Auftrag, der seit 1988 auf Nachhaltigkeit und Inklusion setzt. Er hob hervor, dass es zunehmend Tendenzen gegen Teilhabe, Inklusion und Vielfalt gebe, sowohl politisch als auch gesellschaftlich.
Die Hephata Diakonie ist Mitglied der Initiative „Offen für Vielfalt – Geschlossen gegen Ausgrenzung“, die sich für Demokratie und Solidarität in Nord- und Osthessen einsetzt. Nina Klein von der Initiative lobte die klare Haltung der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) und der Hephata Diakonie in Bezug auf Vielfalt und Demokratie vor der Hessenwahl. Sie würdigte die Hephata Diakonie für ihre erfolgreiche Arbeit auf dem Hofgut, die nicht nur Arbeitsplätze schaffe, sondern auch Sinn stifte. Das Erntefest zeige, wie sinnvolle Arbeit für alle Beteiligten zum Genuss werde, und die Zusammenarbeit zwischen der Initiative und der Hephata Diakonie sei äußerst positiv.
Im Anschluss an den Jahresempfang leiteten Bischöfin Prof. Dr. Beate Hofmann und Hephata-Vorstand Pfarrer Maik Dietrich-Gibhardt den Erntedank-Gottesdienst. Die musikalische Begleitung erfolgte durch den Hephata-Posaunenchor unter der Leitung von Hephata-Kantorin Dorothea Grebe. Rund 250 Menschen versammelten sich im Festzelt auf dem Hofgut, und Bischöfin Hofmann hielt ihre Predigt, die auf Lukas 12, 15–21 basierte und die Themen Solidarität, Nächstenliebe und Vertrauen behandelte.
Die Bibelstelle erzählt von einem reichen Bauern, der eine große Ernte einfährt und größere Scheunen baut, anstatt zu teilen. Bischöfin Hofmann zog eine Parallele zur heutigen Welt, in der Menschen oft nach finanzieller Sicherheit streben. Sie betonte jedoch, dass die wahre Lebensgrundlage im Vertrauen auf Gott liege, der uns begleitet und stärkt, auch in schwierigen Zeiten.
Dieses Vertrauen sei entscheidend für das Miteinander und das eigene Wohlbefinden. Es könne zu mehr Vertrauen in die Gesellschaft und den Zusammenhalt führen. Hofmann unterstrich, dass Vertrauen in die Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt damit zusammenhänge. Sie glaubte fest daran, dass Vertrauen in die Kraft der Gemeinschaft unmittelbar satt mache und durch diakonische Arbeit, weltweite Hilfe und Zusammenhalt in schwierigen Zeiten gelebt werde.
Nach dem Gottesdienst bot das Erntedankfest zahlreiche Imbiss- und Info-Stände der Hephata-Betriebe, eine Spielscheune, Rundgänge und Fahrten auf dem Kartoffelroder für die Gäste.
Hintergrund Hofgut Richerode
- Das Hofgut Richerode ist ein landwirtschaftlicher Bio-Betrieb und befindet sich in der Gemarkung von Jesberg, etwa 17 Kilometer von Schwalmstadt-Treysa und knapp zwei Kilometer von Jesberg entfernt.
- Der Betrieb bewirtschaftet 170 Hektar Fläche und hält Mastbullen, Rinder, Mastschweine und Hühner. Darüber hinaus werden Ackerflächen mit verschiedenen Getreidesorten sowie Kartoffeln und Rübchen bewirtschaftet.
- Das Hofgut Richerode ist eine Werkstatt für Menschen mit Behinderung (WfbM). Die Einrichtung ist Teil des Geschäftsbereichs Soziale Rehabilitation der Hephata Diakonie.
- Auf dem Hofgut Richerode arbeiten rund 56 Menschen mit vorwiegend geistiger Behinderung. Sie sind in den Bereichen Tierhaltung, Ackerbau und Verarbeitung tätig.
- Das Hofgut Richerode bietet Menschen mit Behinderung die Möglichkeit, in einem geschützten Rahmen am Arbeitsleben teilzuhaben. Die Arbeit auf dem Hof trägt dazu bei, dass die Menschen ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten weiterentwickeln und ihre Selbstständigkeit stärken können.
- Tierhaltung: Auf dem Hofgut Richerode werden rund 100 Rinder, 100 Schweine und 1.000 Hühner gehalten. Die Tiere werden nach ökologischen Grundsätzen gehalten und gefüttert.
- Ackerbau: Auf dem Hofgut Richerode werden rund 100 Hektar Ackerland bewirtschaftet. Angebaut werden verschiedene Getreidesorten, Kartoffeln und Rübchen.
- Verarbeitung: Auf dem Hofgut Richerode werden die Erzeugnisse der Landwirtschaft verarbeitet und vermarktet. Dazu gehören unter anderem Fleisch, Eier, Kartoffeln und Obst.
Das Hofgut Richerode ist ein wichtiger Bestandteil der sozialen Infrastruktur in der Region. Der Betrieb bietet Menschen mit Behinderung eine Arbeits- und Lebensperspektive und trägt zur nachhaltigen Produktion von Lebensmitteln bei.
Hintergrund „Offen für Vielfalt…“
Die Kampagne geht auf Dr. Walter Lübcke zurück. Lübcke war der Regierungspräsident des Regierungsbezirks Kassel und ein entschiedener Verfechter von Vielfalt und Toleranz. Er wurde am 2. Juni 2019 in seinem Wohnort Wolfhagen von einem Rechtsextremisten ermordet.
Der Mord an Lübcke war ein Schock für die deutsche Gesellschaft und führte zu einer Welle der Empörung und Trauer. Viele Menschen sahen den Mord als Angriff auf die offene und tolerante Gesellschaft.
In diesem Kontext wurde die Kampagne „Offen für Vielfalt, Geschlossen gegen Ausgrenzung“ ins Leben gerufen. Die Initiatoren der Kampagne wollten ein Zeichen setzen gegen Ausgrenzung und Diskriminierung und sich für die Werte von Lübcke einsetzen.
Die Kampagne ist daher auch als eine Würdigung des Lebens und Wirkens von Walter Lübcke zu verstehen. Sie ist ein Bekenntnis zu den Werten von Vielfalt, Toleranz und Demokratie.
- Die Kampagne wurde initiiert von einer Gruppe von Menschen, die Lübcke persönlich kannten und mit ihm zusammengearbeitet hatten.
- Das Logo der Kampagne zeigt ein Zitat von Lübcke: „Es lohnt sich, in diesem Land zu leben. Da muss man für Werte eintreten.“
- Die Kampagne hat einen Preis für Vielfalt ins Leben gerufen, der nach Walter Lübcke benannt ist.
Die Kampagne „Offen für Vielfalt, Geschlossen gegen Ausgrenzung“ ist ein wichtiger Beitrag zur Erinnerung an Walter Lübcke und sein Wirken. Sie zeigt, dass seine Werte auch nach seinem Tod weiterleben und in der Gesellschaft verankert sind. (wal)