AKTUALISIERT: Alleinkandidat Ingo Böhm verliert mit 48,71 %
MORSCHEN. Ingo Böhm ist nach Ende seiner Amtszeit nicht mehr Bürgermeister in Morschen. Das Problem: Niemand ist zu diesem Zeitpunkt Bürgermeister von Morschen. Bei der Bürgermeisterwahl in der Großgemeinde im Fuldatal am östlichen Rand des Schwalm-Eder-Kreises hat er am Sonntag die erforderliche Zahl der Ja-Stimmen nicht erreicht. 617 Nein-Stimmen haben dies verhindert.
Nur 1230 Morscherer Bürgerinnen und Bürger sind zur Wahl gegangen. Das entspricht einer Wahlbeteiligung von 46,12 Prozent. Bei 27 ungültigen Stimmen (2,20 Prozent) entschieden 1203 gültige Stimmen über den Wahlausgang. 602 Stimmen wären die erforderliche Mehrheit gewesen, 586 Stimmen entfielen auf den einzigen Kandidaten Ingo Böhm. Das heißt, es fehlten 16 Stimmen zur Wiederwahl.
Unabhängig oder SPD? Keine SPD-Mehrheiten in Morschen
Erklärungsversuche gibt es viele. Vor einem Jahr ist Ingo Böhm auf Listenplatz 41 für die SPD zum Kreistag angetreten. In der Gemeinde Morschen kandidierte er allerdings ohne das Parteilogo als unabhängiger Kandidat. Vielleicht hat das viele abgeschreckt, die eben nicht SPD wählen? Das waren bei der letzten Kommunalwahl nur immerhin 64 Prozent der Wählerinnen und Wähler. Nur 36 Prozent hatten im März 2021 den Sozialdemokraten ihre Stimme gegeben. Eindeutig stärkste Kraft sind die Freie Wähler Morschen mit 42,4 Prozent. Die CDU freut sich über immerhin einen Sitz im Gemeindeparlament.
Dass die Verdrossenheit über (etablierte) Parteien auch die Erfolge von Ingo Böhm überwiegt, der nach Jahren der monetären Verluste in den Jahresabschlüssen, im Grunde ausschließlich positive Ergebnisse vorweisen konnte und den Schuldenstand der Gemeinde um 6 Millionen € reduzieren konnte, ist eine Überraschung. Selbst die Parteien haben offensichtlich nicht damit gerechnet, den Amtsinhaber ablösen zu können und gar nicht erst einen Kandidaten aufgestellt.
Schlechteste Ergebnisse in Konnefeld und Neumorschen – Nächste Wahl in spätestens vier Monaten
In Konnefeld und Neumorschen hat Böhm offensichtlich die wenigsten Freunde. Mit 68,35 (Konnefeld) beziehungsweise 65,19 (Neumorschen) Gegenstimmen war der Gegenwind hier am stärksten. In den 5 anderen Wahlbezirken hätte es – zum Teil deutlich – gereicht. Die Mutmaßungen, dass viele die Wiederwahl für selbstverständlich hielten, wird allein schon durch das Ergebnis ad absurdum geführt. Eine knappe Wahl hätte sich in der Stimmungslage vorher ausdrücken müssen.
Die kuriose Situation, die jetzt entstanden ist, sorgt dafür, dass der Amtsinhaber so lange im Amt bleiben kann, bis ein Nachfolger gewählt wurde. Zumindest muss innerhalb von vier Monaten nach der hessischen Gemeindeordnung (HGO) die nächste Wahl stattfinden. Spannend wäre natürlich die Frage, was passiert, wenn sich gar kein Kandidat mehr findet, weil Böhm möglicherweise auch nicht mehr antritt oder auch ein anderer Kandidat bei der nächsten Wahl keine Mehrheit findet. Theoretisch dürfte der jetzige Bürgermeister noch länger im Amt bleiben, wozu ihn allerdings kaum jemand zwingen könnte.
Ingo Böhm möchte sich erst einmal sammeln
Ingo Böhm selbst möchte sich in der ersten Emotion nicht äußern. „Das wäre nicht gut“, schreibt er in einer E-Mail an nh24. In der Gemeinde rund um das Kloster Haydau wird es zunächst eine lange Nacht und dann sehr viele lange und intensive Gespräche geben… (rs)
11 Kommentare
Wenn man die Stimmenverhältnisse noch auf die Nichtwähler ausdehnt, dann ist es noch desaströser für den Herrn Bürgermeister
Aber am Hungertuch nagen muss er sicher nicht, er kann ja wieder als Rechtsanwalt arbeiten
…die Frage um Stimmenverhältnisse hat immer seine Berechtigung, bei jeder Wahl. Auch im Gemeindeparlament, Parteien und Personen…
Sorry, aber wenn kurz vorher in der HNA medial wirksam über die finanzielle Handlungsunfähigkeit von vielen Mörschern Politikerinnen und Politikern mit lesbaren Wohlwollen berichtet wurde, kann das Ergebnis nicht anders werden. Welcher Leser wäre nicht geneigt ein gewisses emotionales Bauchgefühl zur Wahl zu schleppen und letztendlich wird die Rationalität ausgeschaltet, trotz Entschuldungsleistung aller Akteure. Ich nenne so etwas „Einflussnahme“ der Wahl (erlaubt), aber unmoralisch einem Mörscher gegenüber, der faktisch keine Zeit hatte dies gerade zu rücken. Mit allen Ecken und Kanten die jeder hat, ich auch, haben zu wenig sich angestrengt darüber hinweg zu sehen. Die Schlagzeile in der HNA war das Programm! Viel Erfolg allen Beteiligten für die Zukunft und beweisst Euch, ihr wisst wie ihr selbst seid.
Herr Böhm kann nicht im Amt bleiben, bis ein Nachfolger gewählt wurde, sondern nur bis zum Ende seiner aktuellen Amtszeit. Danach muss es sein Stellvertreter kommissarisch übernehmen bis ein neuer Bürgermeister gewählt wird.
Das ist falsch.
Gem. § 41 HGO kann der Bürgermeister die Geschäfte bis zur Wahl eines Nachfolgers weiterführen. Es sei denn, dass die Gemeindevertretung dies ablehnt. Zur Weiterführung der Amtsgeschäfte ist der bisherige Bürgermeister für 3 Monate sogar verpflichtet, wenn keine Ablehnung durch die Gemeindevertretung erfolgt.
Sie haben Sie recht. Da habe ich mich zu oberflächlich informiert. Danke für die Klarstellung.
Das schlechteste Ergebnis hat Herr Böhm nicht in Neumorschen sondern im Ortsteil Konnefeld erzielt.
Es heiß auch die schlechtesten nicht das schlechteste!
Also wenn wir jetzt so anfangen, dann sollte man auch korrekt korrigieren können…
Die Berichterstattung ist immer so super positiv zur Arbeit von Ingo Böhm. Fragt sich eigentlich niemand warum sich so viele Bürger*innen mobilisieren um tatsächlich NEIN anzukreuzen?
Hallo Roland, ich stelle gerne eine These auf:
Wären zwei Kandidaten mit dem gleichen Ergebnis aus dem Rennen gegangen, würden alle von einem spektakulären Kopf an Kopf Rennen von ebenbürtigen Gegnern berichten. Ob der Ausgang so wäre, lass ich so stehen. In der Tat sind es zu viele Neinstimmen. Und für die schlechte Presse ist man oft des eigen Glückes Schmied….
Kommentare wurden geschlossen.