Roland Sieber zeigt verstörende Verbindungslinien auf
WIESBADEN | SPANGENBERG. In der jüngsten Kreistagssitzung hatte Jochen Böhme-Gingold (LINKE) nach den Hintergründen der Verhaftung eines mutmaßlichen Rechtsterroristen aus Spangenberg gefragt. Die Kreistagsfraktionen fassten den Beschluss, beim Land Hessen nachzufragen, wie gefährlich der verhaftete Auszubildende aus der Liebenbachstadt eigentlich ist.
Der Verfassungsschutz hatte die Strafverfolgungsbehörden darüber informiert, dass sich Marvin E., Wie der junge Spangenberger genannt wird, in Chats darüber informiert hatte, wie man mit einem 3D-Drucker Schusswaffen herstellt. Das war Anlass für die staatsanwaltschaftliche Durchsuchung der Wohnung wegen eines möglichen Waffendelikts, denn der Verdächtige hatte zugleich angekündigt, sich die Schusswaffen auch anderweitig beschaffen und diese aus rechtsextremen Motiven auch einsetzen zu wollen.
600 selbstgebaute Kleinsprengkörper in Spangenberg
Gefunden wurden in Spangenberg rund 600 selbstgebaute Kleinsprengkörper, sechs unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtungen (USBV) und im PC so etwas wie ein Manifest, das sich gegen den Bestand der BRD wendet.
Von einer Antwort aus Wiesbaden ist nichts bekannt, aber „DIE ZEIT“ hat jetzt in ihrer Online-Ausgabe über den jungen Mann, der für die CDU im Ortsbeirat kandidieren wollte, berichtet. Da ist vom totalen Rassenkrieg die Rede und Kontakten zu Mitgliedern in der als extrem gefährlich geltenden „Atomwaffen Division“ die Rede. Auch der Generalbundesanwalt befasst sich laut ZEIT mit dem Fall und hat einen sogenannten Prüfvorgang eingeleitet. Das tut die Bundesanwaltschaft immer dann, wenn die Vorwürfe so schwerwiegend sind, dass sie in die Zuständigkeit der höchsten Instanz fallen. Das war auch beim Täter so, der in Halle den Anschlag auf die Synagoge verübt hat.
Gefährliche Parallelen, heikle Hintergründe – IS für Rechtsterroristen?
Zwischen beiden Tätern fallen ein paar Parallelen auf. Beide haben sich nach Medienberichten, die sich auf staatsanwaltschaftliche Ermittlungen berufen, in englischsprachigen Chats nach Bauanleitungen gesucht und sich dort ähnlich verhalten. Die Staatsanwaltschaft Kassel ermittelt gegen Marvin E. auch wegen des Verdachts der Volksverhetzung, Drogendelikten und der Verbreitung von Kinderpornografie, wie Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) im Innenausschuss des Landtags berichtet hatte. Von zwei weiteren Beschuldigten ist die Rede.
Der Rechtsterrorismus-Experte Roland Sieber beschreibt in einer E-Mail, dass es so etwas wie einen IS für Rechtsterrorismus gebe und die Radikalisierung schnell gehe, wenn die Kontakte zu Chat-Gruppen einmal aufgebaut sind, die Betroffenen die Übersicht verlieren, Realitäten verschwimmen und schließlich infolgedessen das bürgerliche Leben über den Jordan geht. Ist dieser Punkt überschritten, dann gibt es kaum noch Rückwege. In der Entwicklung stellt Sieber Parallelen fest und mögliche Verbindungen zu anderen Beschuldigten, Tätern und Vorfällen in jüngster Vergangenheit. Dazu zählen auch die tödlichen Schüsse in Königs-Wusterhausen (Dahme-Spreewald), bei denen Querdenker und Impfpass-Fälscher Devid R. seine ganze Familie aus einer irrationalen Furcht und Verfolgung durch den Rechtsstaat erschossen hat.
Vorpolitischer Raum wird besetzt
Die Kreise von Parallelen und Verbindungen zieht Sieber bis Skandinavien, den „Fans“ und Nachahmern von Anders Breivik oder radikalen, gewaltbereiten Gruppen in Finnland, wo zum ersten Mal überhaupt wegen Rechtsterrorismus ermittelt wird. Sieber spricht von einem digitalen, vorpolitischen Raum, der auch ganz bewusst besetzt wird. Über den Chat-App Discord beispielsweise, so Sieber, koordiniere beispielsweise die straff militärisch organisierte „Reconquista Germanica“ tausende Accounts, die gezielt politische Gegner attackiere und in Social Networks Wahlkampf für die AfD mache. Die extrem rechte Subkultur auf dem 4chan-Board „/pol/ – Politically Incorrect“ war, so berichtet Sieber, eine wichtige Wahlkampfhilfe für US-Präsident Donald Trump. „Die dort verbreiteten Memes und Videos würden antisemitische und rassistische Organisationen weltweit für ihre Propaganda nutzen. Auch im noch radikaleren Ableger 8chan mischten Identitäre, AfDler und Neonazis aus Deutschland mit.“
Legitimationsgrundlage für extreme Gewalt gesucht
Schnell sei man dann auch bei dem Kanal, der aktuell dazu aufruft, Privatadressen von Politiker:innen und anderen zu sammeln. Es sei Zeit „den Spieß umzudrehen“. Das alles, insbesondere die Verbindung zwischen offenbar kampferprobten Ex-Militärs und geäußerten Tötungsfantasien bieten nach Siebers Einschätzung enormen Anlass zur Sorge: „Dies schafft eine Legitimationsgrundlage für extreme Gewalt, deren Umsetzung bereits diskutiert wird.“ (rs)
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