Doppelspitze im Rathaus wieder komplett
BAUNATAL. Zwei Vorschläge hat der Wahlvorbereitungsausschuss der Stadtverordnetenversammlung Baunatal heute Abend präsentiert: Daniel Jung (SPD) und Jörg Feldmann (parteilos). Die Wahlvorschläge waren einstimmig zustande gekommen. Gewählt wurde mit 23 Stimmen (von 38) Daniel Jung.
Acht Stadtverordnete stimmen für Feldmann, neun mit „Nein“. Der Dienstantritt ist noch offen. Avisiert ist ein Termin nach der Sommerpause. Vorangegangen war eine intensive Diskussion, in der Stadtverordnetenvorsteher Peter Lutze zunächst an das plötzliche Ableben von Manfred Schaub erinnerte, in dessen Folge die Erste Stadträtin Silke Engler von den Baunataler Bürgern zur Bürgermeisterin gewählt wurde. Um die Stelle des dadurch freigewordenen Postens der Ersten Stadträtin/des Ersten Stadtrates wieder zu besetzen, wurde ein 10-köpfiger Wahlvorbereitungsausschuss beschlossen, der die Stelle bundesweit ausgeschrieben hat. Bis auf die CDU haben alle Fraktionen Vertreter für den Ausschuss gemeldet und darin mitgearbeitet, FDP und GRÜNE haben zu diesem Zweck eine Fraktionsgemeinschaft gebildet.
27 Bewerbungen aber keine intelligenten Lösungen (Sebastian Stüssel)
27 Bewerbungen musste der Ausschuss sichten, darunter sieben Frauen. Die Bewerber kamen aus unterschiedlichen Berufen und zum Teil aus Nordhessen. Sechs wurden eingeladen, fünf stellten sich letztlich vor.
Sebastian Stüssel (CDU) findet in der Diskussion die Vorlage nicht aussagefähig. Der Wahlvorbereitungsausschuss habe seiner Meinung nach nicht demokratisch entschieden. Es habe keine wirklichen Informationen über die Kandidaten gegeben. Die SPD drücke mit absoluter Mehrheit und Machtbesessenheit alles durch, was sie wolle. Seit dem Tod von Manfred Schaub gäbe es in Baunatal keine intelligenten Lösungen mehr.
Stüssel: CDU hätte Peter Jungermann mitgetragen
Man hätte den bisherigen Chef des Rechnungsprüfungsamtes, Peter Jungermann nominieren können. Den hätte sogar die CDU mitgetragen. Das wäre, so Stüssel, auch eine intelligente Lösung gewesen. Aber er mutmaßt, dass man innerhalb der SPD für Intransparenz sorgen wolle und nicht für den intelligentesten Kandidaten in dieser Position. Ob sich Daniel Jung in der Rolle als „Dummer August“ fühlt, wird nh24 ihn demnächst fragen.
Reiner Heine (SPD) schilderte aus seiner Sicht eine intensive Beratung und kritisierte, dass Stüssel das Ergebnis eines Prozesses kritisiert, dem er sich selbst verweigert hat. Baunatal, so Heine, sei wegen seiner Infrastruktur und des Volkswagenwerkes nicht mit anderen Städten dieser Größe vergleichbar. Trotz oder wegen der angespannten Haushaltslage sei die Besetzung der Stelle wichtig.
Dr. Oswald: Gute Diskussion aber falsche Gewichtung
Dr. Rainer Oswald (FDP) resümierte: Der Wahlvorbereitungsausschuss lief wirklich gut, bis auf den „Letzten Moment“. Es hätte eines objektiven Kriterienkataloges bedurft. FDP und GRÜNE hätten anders gewichtet als die SPD. Edmund Borschel (B90/GRÜNE) wollte die Diskussion nicht mehr auf die Frage zur Wiederbesetzung zurückführen, tat es dann aber doch. Die Bürgermeisterin müsse bei überregionalen Gremien, wie dem Zweckverband Region Kassel, auch mal Nein sagen. Die Teilnahme an der Wahlvorbereitung verteidigte er. Jetzt gäbe es eine echte Auswahl. Ohne Teilnahme der GRÜNEN und der FDP hätte es vielleicht zwei SPD Kandidaten gegeben, vermutet Borschel. Dem parteilosen, ehemaligen Bürgermeister der Stadt Waldeck, Jörg Feldmann, trauen die GRÜNEN mehr Sachverstand in schwierigen Zeiten zu. Es gehe jetzt nicht darum, eine pflegeleichte Person für die Bürgermeisterin zu finden.
Silke Engler stellte zwei Anliegen klar. Das Verfahren habe exakt nach den Verfahrensvorgaben der Hessischen Gemeindeordnung stattgefunden. Der Tonfall in der Stadtverordnetenversammlung habe sich verändert.
Silke Engler: Nicht über Menschen reden, sondern mit Menschen
Man solle nicht über Menschen reden, sondern mit ihnen. Jungermann habe niemand gefragt, aber Engler habe dies getan und er stehe für eine solche Funktion nicht zur Verfügung. „Ich habe Ihnen allen angeboten zusammenzuarbeiten und Brücken zu bauen.“ Zum Brücken bauen müsse aber auch jemand entgegenkommen. Es müsse wieder eine Sprache gefunden werden, in der nicht der persönliche Angriff im Vordergrund steht. Zu einer Demokratie gehören am Ende auch mehrheitliche Entscheidungen. Sie selbst haben das (in der DDR – Anmerkung der Redaktion) auch anders erlebt.
Mathias Finis (CDU) beklagte abschließend den Umgang der Hauptamtlichen mit den Ehrenamtlichen und plädierte für die Stärkung des Ehrenamts. Henry Richter (B90/GRÜNE) wünschte sich eine Vorstellung beider Kandidaten. Nach der Hessischen Gemeindeordnung sei das nicht möglich, so Peter Lutze. Gerhard Sell (CDU) findet, dass Frau Engler zu viel Zeit habe, wenn sie noch Ehrenämter in der Partei annimmt. Bis sie so viele Ehrenämter übernommen hat, wie ihr – auch von der Opposition gern gelobter – Vorgänger Manfred Schaub, ist sicher noch reichlich Luft nach oben. Er, Sell, sei sicher, dass Engler bald Erste Kreisbeigeordnete werden würde, wenn Schmidt in Ruhestand geht und Siebert nachrückt.
Engler: Im Chor singen bei der Feuerwehr üben oder Parteiarbeit ist Privatsache
Silke Engler: „Auch Bürgermeister haben kärglich Freizeit und was ich in meiner Freizeit tue, ist meine Entscheidung.“ Sie singe auch noch im Chor, sei bei der Feuerwehr und das sollte private Angelegenheit bleiben. Die Spekulationen über ihre Karriereplanung seien eine Art der Diskussion, die es nicht Wert sei, darauf einzugehen. (rs)