Cool beim Klima „Bunonvallis“ est omnis divisa in partes tres
BUNONVALLE (BAUNATAL). Von einer deutsch-lateinischen Sitzung sprach am Ende auch Stadtverordnetenvorsteher Petr Lutze. „Gallia est omnis divisa in partes tres“ damit begann Dr. Klaus-Peter Lorenz (SPD) die Diskussion über einen Vertrag zum Glasfaserausbau in Baunatal.
„Ganz Gallien ist in drei Teile aufgeteilt“, so erklärte Julius Cäsar einst den Senatoren in Rom die Situation zwischen Mittelmeer und Ärmelkanal. „Hi omnes lingua, institutis, legibus inter se differunt – diese alle unterscheiden sich untereinander durch ihre Sprache, durch ihre Einrichtungen und ihre Gesetze“, so geht die Erklärung in „De bello gallico“ weiter. Den Baunataler Senatoren – also Stadtverordneten – musste niemand den Krieg erklären. Es ging vielmehr um Kommunikation. Krieg und Kommunikation folgen in der Politik oft gemeinsamen Gesetzen. In diesem Falle herrschte Einigkeit in der Sache, wenn auch nicht im Detail.
Baunatal hat kein eigenes Telefon-Ortsnetz, sondern ist aufgeteilt auf Kassel, Schauenburg und Guxhagen. Das gestaltet Kommunikation seit Bestehen der Stadt nicht einfacher. Kommunikation aber sei der Grundstoff der Gesellschaft, deren Instrumente die Teilhabe am Gemeinwesen für alle Bürger ermögliche, so der SPD-Stadtverordnete sinngemäß. Unter der Vorwahl 0561 (Kassel) gibt es bereits Breitbandausbau – mit Glasfaser bis zum Verteiler und Kupfer bis ins Haus (FTTC) – durch die Telekom. Im Bereich der Vorwahl 05601 (Schauenburg) hat die Breitband Nordhessen GmbH im gleichen Standard ausgebaut. Bis zu 100Mbit/s sind dabei möglich. Dort, wo es Kabelfernsehen gibt, liefert Unitymedia bis zu 400Mbit/s.
Guntershausen und Hertingshausen außen vor…
Guntershausen und Hertingshausen (05665) kennen bisher keinen Highspeed-Standard. Ohne hohe Baukostenzuschüsse erscheint das auch für die Zukunft nicht als sehr wahrscheinlich. Das führt zu Verwerfungen. Auch als Wohnort werden die beiden Stadtteile damit immer uninteressanter. „Hertingshausen kann nicht wachsen ohne Breitbandausbau“, konstatierte Dr. Lorenz.
Jetzt bietet die „Deutsche Glasfaser Wholesale GmbH“ (Borken/Westfalen) einen Ausbau auch in diesen beiden Stadtteilen – und darüber hinaus – an und zwar mit Glasfaserkabel bis an die Häuser (FTTH). Das ermöglicht theoretisch bis zu 1000Mbit/s. Für die Stadt entstehen keine Kosten und wenn eine vorgesehene Bedarfsermittlung (Nachfragebündelung) zu 40 Prozent Erfolg hat, kosten sogar die Hausanschlüsse nichts.
Auch die anderen Stadtteile – vor allem die Gewerbegebiete – würden mit schnellen Leitungen erschlossen, die im Micro-Trenching-Verfahren in Leer-Rohre – eingefräst in 35 bis 40 Zentimeter Tiefe – „eingeblasen“ werden. Das Verfahren entspricht nicht den Bestimmungen, ist aber nach dem Telekommunikationsgesetz möglich. Der Nachteil: Alle anderen Leitungen (Wasser, Kanal, Strom, Telefon) liegen tiefer, was Konflikte bei Bau- und Wartungsmaßnahmen unvermeidbar erscheinen lässt. Um gleiche Zugangschancen für alle Baunataler zu ermöglichen, möge das zu verschmerzen sein. Irgendeinen Preis zahlt man immer…
In posterum Bunonvalle incipit – die Zukunft beginnt jetzt?
Sebastian Stüssel (CDU) meinte, es sei festzustellen, dass es der einzige Anbieter sei, der Hertingshausen und Guntershausen schnelles Internet ermöglicht: „Wir können jetzt ganz Baunatal ans Glasfasernetz anschließen, eine weitere Chance bekommen wir nicht!“
Edmund Borschel (B90/GRÜNE) will nicht nur eine scheinbar schöne neue Welt, sondern auch eine Versorgungssicherheit, damit die Daten nicht nur im Vertrag auf dem Papier stehen. Dr. Oswald (FDP) befand daraufhin, man dürfe nicht Bandbreite und Geschwindigkeit verwechseln, die FDP jedenfalls freue sich! Irgendwie taten das alle, denn die Abstimmung für einen Rahmenvertrag mit der Deutschen Glasfaser erfolgte einstimmig. Jetzt hängt alles von der Nachfragebündelung ab. Erst, wenn diese Bedarfsermittlung wirtschaftlichen Erfolg verspricht, dürfte auch die Realisierung erfolgen.
Heiße Luft fürs Klima – Charta der Energiewende Nordhessen
Auf der Tagesordnung stand der Beitritt zur „Charta der Energiewende Nordhessen“. Das Regionalmanagement hat sie verfasst und abgestimmt und nun treten die Kommunen bei, um sich darauf zu verpflichten, nur noch regenerativen Strom zu benutzen, regionale Wertschöpfung in der Stromerzeugung, umfassende Gebäudesanierung und klimaneutrale Mobilität zu fördern. Das geschieht alles ohne Sanktionen oder Standards.
Arnold Dittmar (SPD) fragte: „Brauchen wir Charta der Energiewende? Der Schwung sei verloren gegangen. Wir kaufen immer mehr SUV. Wir haben die Erde und die Bodenschätze nicht zum Aufbrauchen bekommen.“ Daher sei eine selbstverpflichtende Positionierung wichtig, wie bei anderen Städten von Kassel bis Schwalmstadt.
Dr. Oswald: „Es zählt, welche Lasten die Bürger tragen“
Dr. Rainer Oswald (FDP) entgegnete: „Es zählt nicht der Diskurs über wissenschaftliche Bewertungen, sondern welche Lasten die Bürger am Ende zu tragen haben.“ Wer etwas will, müsse es auch regeln wollen. Weil alles zu sehr nach dem „Verkauf von Schlangenöl“ aussieht, stimmte die FDP mit „Nein“.
Lothar Rost (B90/GRÜNE) erinnerte daran, dass seine Partei bereits konkrete Vorschläge eingebracht habe, wie den Energieverbrauch in der Verwaltung um 40 Prozent zu senken. Was mit der Sanierung von Schwimmbad und anderen Maßnahmen sei, wie einer Gebäudeleitlinie und dem Ausbau der Ladeinfrastruktur, würde er gerne wissen. Die Stadtbusse würden immer noch mit Diesel fahren und neue Ladepunkte seien nicht vorgesehen. Auch mit Einstellung eines Energiebeauftragten wurden keine ausreichenden Ergebnisse erzielt. Die GRÜNEN wollten sich daher mehrheitlich enthalten.
Sebastian Stüssel: „Mehr erreichen mit konkreten Maßnahmen“
Sebastian Stüssel (CDU) hatte nicht vor, sich einer Charta anschließen, in der keine konkrete Aussage steht. Die SPD hätte mehr erreichen können mit konkreten Maßnahmen. Mit den 23 anwesenden Stimmen der SPD (bei 9 Gegenstimmen und 5 Enthaltungen) trat die Stadt dennoch der Charta bei.
Kindergärten arbeiten auch zukünftig nach Plan
In der Sache einig, in der Bewertung unterschiedlich stimmten die Stadtverordneten auch über die Fortschreibung des Pädagogischen Konzeptes der Kindertagesstätten ab. Es basiert auf der lückenlosen Bildungskette der Stadt, bestimmt die Standards pädagogischer Beziehungen des Bildungsverlaufs im Einklang mit dem Lebenslauf, die Maßnahmen zur Chancengleichheit oder individuelle Förderung.
Katharina Martinovic (SPD) erläuterte, dass das pädagogische Konzept aus 2007 fortgeschrieben werde. Damals gab es nur die Kindergärten, jetzt auch die U3-Betreuung, Hort und andere Veränderungen. Verabschiedet werde ein Rahmenkonzept, jedes Haus habe auch ein individuelles.
Sorge um das Geld
Sebastian Stüssel (CDU) bemängelt Widersprüche. „Wir freuen uns, dass wir das Konzept fortschreiben und über die Errungenschaften!“ Die Bürgermeisterin wolle aber auf die Bedürfnisse der Bürger mit Erhöhung der Gebühren und der Gruppengrößen eingehen. Dr. Rainer Oswald (FDP) wollte eigentlich nichts sagen, aber man solle die Dinge nicht vermischen, entgegnete er Herrn Stüssel. Jetzt ginge es nicht um Finanzen, sondern um das Pädagogische Konzept und das sei mit Liebe zum Detail und Fachverstand ausgearbeitet worden. „Dem stimmt die FDP zu!“
Edmund Borschel (B90/GRÜNE) wiederum findet alles nicht so einfach, wie es aussieht. Mit dem Konzept in Zusammenhang stünden andere Beziehungen und finanzielle Auswirkungen. Stolz sein könne man auf die Bildungslandschaft und die Übergänge. „Wir stellen in Baunatal Dinge bereit, die sich keine andere Kommune im Kreis leistet!“ Der frisch gebackene Vorlesepate sprach den Erzieherinnen und Erziehern Dank aus. Das alles bekomme man aber nicht für Lau. Er möchte die Beziehungen zwischen Eltern und Kita-Einrichtungen auf ein gesundes Fundament stellen und nicht nur die sprachlichen Probleme regeln, die sich im Grundschulbereich manifestierten. Dort wachse die Sorge, ob die guten Möglichkeiten für Kinder, die zuhause benachteiligt werden, entsprechend gefördert werden. Und es sei kein Geheimnis, dass sich die Gesamtelternbeiräte mit der Stadt treffen wollen. Wenn sich Eltern oder gerade Alleinerziehende den Besuch nicht mehr leisten könnten, „dann haben wir versagt!“
Nach dem Haushaltsentwurf müssten sich Eltern zukünftig an Kosten für das Essen und einige Leistungen, die über die regelhafte Kindertagesstätten-Betreuung hinausgehen, beteiligen. Auch nach dieser Maßnahme zählen die Beiträge zur Kinderbetreuung in Baunatal zu den niedrigsten in Nordhessen. Die Fortschreibung des Konzeptes wurde einstimmig verabschiedet.
Seniorenarbeit nach Plan
Einen vorsichtigen Blick in die Zukunft wagt die Forstschreibung des Seniorenplanes der Stadt Baunatal. Die Stadt unterstützt danach seniorengerechtes Wohnen, Betreuungs- und Beratungsangebote. Faktisch ist Baunatal bei stationären Plätzen und in der ambulanten Pflege ausreichend versorgt, wobei es an belastbaren Richtwerten mangelt. Zukünftig geht der Plan von einer Steigerung des Anteils der Senioren und Pflegebedürftigen aus und sieht einen Bedarf an ehrenamtlicher Leistung, weil die professionellen Angebote nicht alles abdecken können und werden. Dazu zählen vor allem die Alltagshilfen.
Die aktuelle Situation resümierte Frau Corinna Roos (SPD): Es gäbe mit den gesunden und aktiven Senioren einerseits und den pflegebedürftigen Senioren andererseits zwei Zielgruppen. Der Prognose zur Einwohnerentwicklung nach der Statistik des Landes widerspricht sie mit vermutet höheren Zahlen in Baunatal. Man müsse vorbereitet sein auf die Herausforderungen der kommenden Jahre.
Lothar Rost (B90/GRÜNE) findet nur 400.000 Euro für die Seniorenarbeit im Haushalt. Er möchte verstärktes Engagement bei altersgerechten Wohnungen. Der Seniorenplan wurde einstimmig fortgeschrieben.
Weniger Lärm
Einen Eilantrag brachte die SPD zum Eisenbahnlärm in Guntershausen ein. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Intrastruktur solle eine Messstelle zur Feststellung des Lärmpegels einrichten.
300 bis 400 Züge, so Dr. Lorenz (SPD), fahren ohne Lärmschutz auf einem Damm über die Häuser hinweg. Für einen baulichen Lärmschutz wären aber Messdaten notwendig. Weder im Bestand noch in der Planung sei ein Lärmmonitoring für die Region zu finden. Sebastian Stüssel (CDU) ließ zum Ende der Sitzung ebenfalls seine Latein-Kenntnisse mit einem kurzen „I!“ aufblitzen. „Geh!“, so laute der kürzeste lateinische Satz. Gefühlte Berechnung sei unangemessen: „es braucht Werte und es muss schnell vorangehen. „I!“ Geh!
Fragen und Antworten – Brücke am Penny-Markt
In der 2. Fragestunde für die Stadtverordneten wollte zunächst Karl-Heinz Spohr (SPD) wissen, ob und wann die Brücke am Penny-Markt abgerissen wird. Silke Engler erklärte: Hessenmobil will vom 6. bis 14 Juni 2019 abreißen. Die Straße wird vom 8. bis 12 Juni gesperrt. Im kommenden Jahr soll eine neue Brücke gebaut werden. Über Ulmenstraße und Hainbuchenstraße soll bis dahin die Umleitung erfolgen. Für Barrierefreiheit wird eine Rampe sorgen. Für diese entsteht der Stadt ein Eigenanteil von circa 120.000 Euro an der Maßnahme.
Fragen und Antworten – Ladesäulen
Lothar Rost (B90/GRÜNE) stellte fest, dass bisher vier kostenfreie Ladesäulen für Elektroautos in der Stadt betrieben werden, das Konzept der Stadt aber bedarfsmäßig von acht Ladepunkten ausgeht. Auf die Frage, wie hoch die Stromkosten für die E-Ladesäulen waren, ob weitere errichtet werden, warum keine Kosten dafür im Haushalt stehen und ob die Umstellung auf ein Bezahlsystem vorgesehen ist, antwortete Frau Engler. Die Stromkosten am Ratio-Land in Höhe von 1.933,75 Euro trägt das Einkaufszentrum freiwillig, für 6.498,40 Euro sei an den anderen drei Säulen „getankt“ worden. Die Umstellung auf ein Bezahlsystem sei vorgesehen, hänge aber noch an er fehlenden endgültigen Rechtssicherheit. Beim Ausbau werde – analog zur Förderpraxis der Bundesregierung – der Fokus zunächst auf die private Ladeinfrastruktur gelegt.
Fragen und Antworten – Brandschutz
Lothar Rost (B90/GRÜNE) wollte etwas über Brandschutzmängel in öffentlichen Gebäuden und die veranschlagten 300.000 Euro im Haushalt wissen. Warum wurden Mängelbericht nicht den städtischen Gremien vorgelegt? Warum wurde die Kulturhalle gesperrt? Frau Engler erklärte, dass Untersuchungen turnusgemäß stattfinden. In Rathaus und Stadion finden Anpassungen an neue die Gesetzeslage statt, wie die Erweiterung von Brandmeldeanlagen oder die Ausweisung eines zweiten Rettungsweges. Die Untersuchungsprotokolle seien städtische Arbeitspapiere und nicht Teil der politischen Beschlussfassungskompetenz.
In der Kulturhalle entspricht die Decke einschließlich der Lüftungsanlage nicht mehr den aktuellen Brandschutzbestimmungen bezüglich der Entfluchtung in vorgegebener Zeit. Daher kann die Halle nur noch zu Trainingszwecken, aber nicht mehr für öffentliche Veranstaltungen genutzt werden.
Fragen und Antworten – Kultur in Baunatal
Anette Milas (SPD) sprach die Sparmaßnahmen im Kulturbereich an und wollte wissen, welche kulturellen Veranstaltungen in den Jahren. 29 kulturelle Veranstaltungen werden 2019 in der Stadthalle ohne Risiko der Stadt stattfinden oder haben bereits stattgefunden, so die Antwort der Bürgermeisterin. Im Cineplex finden weitere Veranstaltungen statt.
Fragen und Antworten – Speed
Edmund Borschel (B90/GRÜNE) interessierten Geschwindigkeitsmessungen im Trineweg, wo sich Anwohner beschwert hätten. In 2018 wurde mit dem Gerät der Gemeinde Schauenburg scharf kontrolliert, erklärte Frau Engler, auch in Zukunft wird gemessen. 2017 und 2018 waren 85 Prozent der gemessenen Fahrzeuge mit durchschnittlich etwa 40 Stundenkilometer, satt der erlaubten 30 unterwegs.
Christian Strube (SPD) wollte wissen, ob das Geschwindigkeitsmessgerät der nordhessischen Polizei an der A 49 regelmäßig misst. Die Polizei, so Silke Engler, hat für die 5 Wochen, in denen es Höhe Baunatal Mitte gestanden hat, Daten übermittelt. 5.558 Überschreitungen des Tempo 100 hat es gegeben. Allein in den letzten 5 Tagen 490 Überschreitungen, 160 Bußgeldbescheide, 10 Mal droht Fahrverbot. Der Verkehrsmessanhänger ist für ganz Nordhessen und wird immer wieder auch in Baunatal zum Einsatz kommen, versicherte die Bürgermeisterin.
Fragen und Antworten – Radweg R1
Edmund Borschel (B90/GRÜNE) wollte Auskünfte über Zeitpunkt und Kosten zur Verlegung des Radweges R1. Frau Engler antwortete, dass 2019 geplant und später gebaut werde. Die Kostenschätzung läge bei 350.000 Euro, davon 180.000 Euro für die Brücke. Die übliche Förderung liegt zwischen 70 und 60 Prozent. Mit Grundstückseigentümern wurden bereits Gespräche geführt, aber nicht verhandelt. (rs)