TREYSA. Grund zum Feiern gab es am Freitagvormittag in der Hephata-Kirche gleich zweimal: 118 Jahre Hephata Diakonie und 50 Jahre Hephata-Klinik. Rund 100 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kirche, Diakonie und Vereinen waren deshalb zum Jahresempfang gekommen. Sie erwartete eine gute dosierte Mischung aus Information und Unterhaltung.
Für ersteres waren drei Referenten zuständig: Hephata-Direktor Klaus Dieter Horchem, Bundestagsabgeordneter Dr. Edgar Franke und der Chefarzt der Hephata-Klinik Dr. Bernd Schade. Letzteres übernahm das Musik- und Comedy-Duo „Die Steptokokken“, das die Veranstaltung mit Showeinlagen auflockerte.
„Ich hoffe sehr, dass die Ansteckung mit einer Prise Lachen die einzige Infektion ist, mit der Sie heute nach Hause gehen werden“, begrüßte Hephata-Vorstand Pfarrer Maik Dietrich-Gibhardt die Gäste. Gleichwohl seien Medizin und die Rahmenbedingen, in denen sie ausgeübt werde, wahrhaftig nicht immer zum Lachen. „So liegt etwa auf der Geschichte medizinischer Untersuchungen auch hier in Hephata durchaus ein Schatten: Die Frage der Forschung an Heimkindern vor etwa 70 Jahren hat uns vor nicht allzu langer Zeit stark bewegt“, so Dietrich-Gibhardt. Eine wesentliche Erkenntnis der professionellen Aufarbeitung sei, dass „wir sensibel und wachsam sein und bleiben müssen bei allen Entwicklungen und Interessen, die den Menschen und seine Würde aus dem Zentrum des medizinischen Handelns wie aus dem Zentrum des Gesundheitssystems heraus an den Rand verschieben.“ Diese Sensibilität sei gerade für Hephata als diakonischen Träger wichtig, dessen grundlegendes Referenzsystem das christliche Menschenbild sei. „Aus der Überzeugung, dass sich in jedem Menschen das Bild Gottes spiegelt, wächst der Gedanke einer Menschenwürde, die unantastbar ist: in Gesundheit wie in Krankheit.“
Auf dieses Referenzsystem ging auch Hephata-Vorstand Klaus Dieter Horchem in seinem Vortrag zu Entstehung, Entwicklung und Perspektiven der Hephata-Klinik ein. Die Vorgeschichte der Klinik reicht bis 1865 zurück. Mitte der 1960er Jahre sei der Entschluss gefallen, die Angebote des bis dato allgemeinen Krankenhauses auf die einer Nervenklinik zu konzentrieren. Im April 1969 wurde der dafür neu gebaute Standort eröffnet, in der Treysaer Schimmelpfengstraße, dort, wo sich die Klinik auch heute noch befindet. Schon damals sei es, so Horchem, um die Diagnose und Therapie von Formen des Kopfschmerzes, zerebralen Durchblutungsstörungen, Multipler Sklerose, Erkrankungen der Wirbelsäule, Psychosen und Depressionen gegangen. „Die Hephata-Klinik war eines der ersten diakonischen Epilepsiezentren in Deutschland und sie war sicherlich für die Entwicklung der Schlafmedizin in Deutschland maßgeblich.“ Die Klinik sei Gründungskeimzelle der deutschen Narkolepsie-Gesellschaft gewesen und bis heute Standort der Geschäftsstelle der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin.
„Etwa seit Mitte der 80er Jahre ist festzustellen, dass die Existenz sogenannter kleiner Kliniken in regelmäßig wiederkehrenden Abständen von wesentlichen Akteuren im Gesundheitswesen in Frage gestellt wird“, spannte Horchem den Bogen in die Gegenwart. Auch die Hephata-Klinik habe immer wieder im Hinblick auf ihre Notwendigkeit für die Krankenhausversorgung in der Diskussion gestanden. „Und so hat der Vorstand Hephatas schon früh erhebliche Anstrengungen unternommen, diesen Standort zu sichern, durchaus nicht nur im Interesse des Trägers Hephata, sondern vor allem, weil wir davon überzeugt waren, dass diese Klinik mit ihren Besonderheiten für die medizinische Versorgung in der Region einen ganz wesentlichen Beitrag leistet.“
Dennoch sei und bleibe es eine Herausforderung, ein Haus dieser Größenordnung erfolgreich zu führen. „Es sind vordringlich Aspekte des bürokratischen Überaus, die ein kleines Krankenhaus mit entsprechend kleinem Overhead an seine Grenzen bringen kann. Gleichwohl kann ich Ihnen versprechen: Wir werden auch weiterhin versuchen, diese Grenzen zu verschieben.“
Ein Ziel, das auch Prof. Dr. Edgar Franke, Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Gesundheitsausschuss stützte: „Dieses spezielle Versorgungsangebot ist aller Ehren wert. Arbeiten Sie weiter an einer guten medizinischen Versorgung!“ Frankes betonte: „Wir müssen an die vielen, kleinen Krankenhäuser in der Fläche denken. Wir benötigen sie dringend, auch weil viele ambulant tätige Ärzte auf dem Land in den Ruhestand wechseln und nicht mehr praktizieren wollen.“ Er freue sich besonders, dass es gelungen sei, für den Standort die wohnortnahe Versorgung von Schlaganfallpatienten zu erhalten. Franke weiter: „Ihre überregionale Relevanz unterstreicht die bundesweit für ihre schlafmedizinische Kompetenz bekannte Hephata-Klinik mit dem derzeit laufenden Neubau einer Station für schwerstmehrfach behinderte Patienten mit Epilepsien, denn mit diesem neuen Spezialangebot schließt die Hephata-Klinik eine Versorgungslücke in Hessen.“
Klinik-Chefarzt Dr. Bernd Schade referierte zum Abschluss des Jahresempfangs zum Thema: „Time is brain: Worauf es beim Schlaganfall ankommt.“ Schade leitet die Schlafanfall-Abteilung der Hephata-Klinik. „Ein Schlaganfall ist heute kein Schicksalsschlag mehr, den man hinnehmen muss, man kann ihn behandeln, wenn die Patienten schnell in die Klinik kommen.“ In den ersten viereinhalb Stunden seien die Chancen für eine erfolgreiche Behandlung am größten. Aber noch immer kämen nur rund 46 Prozent der Betroffenen in den ersten sechs Stunden in die Hephata-Klinik. Kreisweit erleiden pro Jahr rund 900 Menschen einen Schlaganfall. Ein multiprofessionelles Team aus Ärzten, Pflegern und Therapeuten biete in der Hephata-Klinik rund um die Uhr eine Akutversorgung für Schlaganfallpatienten an. Dabei komme zum Beispiel die sogenannte Lysetherapie zum Einsatz, so Schade. Bei dieser werde medikamentös der Blutpfropfen, der ein Gefäß verstopft und den Schlaganfall auslöst, aufgelöst. Zwar könne die Lysetherapie leider nicht bei jedem Patienten angewendet werden, bringe aber im Falle ihrer Anwendung gute Erfolgsaussichten mit sich. Reiche die Akutversorgung in der Hephata-Klinik nicht aus, sei eine Verlegung des Patienten mit einem Hubschrauber möglich. „Wir arbeiten eng mit dem Zentralen Interventionszentrum im Klinikum Kassel zusammen. Wir haben tolle Methoden und Ärzte. Sie müssen nur bei den ersten Symptomen sofort kommen. Jeder Schlaganfall ist ein Notfall“, schloss Schade seinen Vortrag. (pm)
Das Bild: Hephata-Vorstände Klaus Dieter Horchem und Maik Dietrich-Gibhardt, Prof. Dr. Edgar Franke, Hephata-Vorstand Judith Hoffmann und Dr. Bernd Schade (von links).