
Zweiter Tag am Herzberg
BREITENBACH. Der zweite Festivaltag auf Schloss Herzberg: Wie ein Echo von Gemeinschaft, Musik und Botschaften, die noch ein wenig tiefer gehen als jede gespielte Melodie. Das diesjährige Motto “Mountain Full of Love” wird zur Lebensphilosophie, wenn sie von der Musik Bob Marleys getragen und originalgetreu interpretiert wird durch Marleys Ghost & Friends feat. Dellé (von Seed).
Schon bei der Begrüßung widmete Wolfgang Wortmann eine Zeile aus One Love um, die dann wie eine Brücke zwischen dem Herzberg und dem Geist von Bob Marley klingt: „One Love, One Heart, One Mountain.“ Ein Satz, der perfekt in das Festivalmotto passt und gleichzeitig Bob Marleys universelle Vision von Liebe und Einheit evoziert. Es war, als wüsste jeder im Publikum: Das Hier und Jetzt ist größer als wir selbst.
Dellé griff später einen weiteren Bob-Marley-Gedanken auf – wenn es so selbstverständlich wäre, die Hautfarbe der Menschen so egal zu behandeln wie Augenfarbe, gäbe es keinen Krieg mehr. Ein Gedanke, der trifft – genau wie Marley es einst wollte: gesellschaftskritisch, hoffnungsvoll, unbeirrt optimistisch.
Marleys Ghost & Friends feat. Dellé: Ein Feuerwerk des Reggae
Die Band entfachte ein musikalisches Feuerwerk. Jeder Song ein Statement: „War“ – der direkte Aufruf zur Gerechtigkeit, noch mit derselben Kraft wie damals. „Positive Vibration“, „Trenchtown Rock“, „Stir It Up“ – pure Lebensfreude, die zum Tanzen verführt. „Is This Love“, „Funky Reggae Party“, „Get Up, Stand Up“ – die ganz große Mischung aus Liebe, Groove und Aktivismus. „Buffalo Soldier“, „I Shot The Sheriff“, „Iron Lion Zion“ – Erzählungen, Wut, Überlebenswillen. „Everything’s Gonna Be Alright“, „Redemption Song“, „Exodus“ – befreiende Hymnen, die noch lange nachhallen.
Zwischen den Songs: Ein Aufruf des Gitarristen – „Herzberg, habt ihr eine Stimme?“ Die Antwort war ohrenbetäubend. Ein Chor, laut und klar, der IFAs Fußballstadion würde neidisch werden – doch hier war es echt, herzlich, unverdorben.

Die Zugabe selbst: „No Woman No Cry“ und „Could You Be Loved“ – getragen von warmem Gemeinschaftsgefühl, Gänsehaut, Vielleicht ein paar Tränen in glücklichen Gesichtern. Der Abschied war weniger ein Ende als ein Versprechen: Wir tragen das hier weiter.
DeWolff: Purrock mit psychedelischem Feuer
Bevor Marley’s Botschaft erklang, enterten DeWolff die Bühne – mit einem Sound zwischen rohem Rock und psychedelischen Klangteppichen. Ihre energiegeladenen Nummern bereiteten die Menge vor: die Gitarren schrien, die Drums rissen auf – und ja, es gibt eine Hammond-Orgel, und das Publikum war bereit – bereit für das, was kommen würde.
Zwischendurch ein Zeichen der Menschlichkeit – Berg, Liebe, Festival
Eine kurze Botschaft: Dellé würdigte die Rettungsorganisation Seawatch, die – mit einer kühnen Vision – eine Insel kaufen will, um Geflüchteten eine sichere Anlaufstelle zu bieten. Mit einem Aufruf zur Unterstützung gab er den Geist von Marley weiter: Musik ist nicht nur Unterhaltung – sie ist Stimme für Veränderung.

Der zweite Tag des Herzberg Festivals war mehr als Musik – er war Vision. Eine kollidierende Welt voller Schatten und Sehnsucht, zusammengehalten durch Melodie, Einigkeit und ein Festival-Motto. Bob Marley hätte an diesem Abend laut gelacht, getanzt und vielleicht eine neue Mountain‑Full‑of‑Love-Hymne geschrieben. Inmitten der Hessischen „Grünen Hügel“ steht nicht nur ein Festival, sondern eine Welt, für einen Moment, in Balance. Ein Herzberg voller Liebe – unbeschreiblich, ungebrochen, unvergessen. (rs)
