
Ein Besuch im Eisenbahnmuseum Naumburg
NAUMBURG. 3,75 Millionen Reichsmark hat die Kleinbahn Kassel Naumburg einst gekostet. In einer Zeit individueller Mobilität, dem Übergang von fossiler Energie zu regenerativer Energie, vom Verbrenner zum Elektroantrieb, ist ein Besuch im Eisenbahnmuseum von Naumburg wie ein Schritt in eine vergangene Welt. Die Welt der Dampflokomotiven. Aber nicht nur …
Im Jahr 1904 fuhren die ersten Züge von Kassel nach Naumburg. Sie brachten Arbeitskräfte aus dem Umland, also Naumburg, den heutigen Ortsteilen von Bad Emstal, Schauenburg, Baunatal und den Kasseler Stadtteilen Oberzwehren, Niederzwehren sowie Nordshausen in die Stadt nach Wilhelmshöhe. VW gab es noch nicht. Kasseler Industriebetriebe waren das Ziel. 1977, also nur 73 Jahre später, fuhr schon der letzte Zug auf der Strecke. Die Museumsbahn Hessencourrier ist seitdem auf den Gleisen gelegentlich unterwegs und die Straßenbahn bis Großenritte täglich.
Wie eine Gebirgsbahn am Hoofer Berg
Über 100 Jahre Eisenbahngeschichte sind in einem kleinen Museum im früheren Bahnhofsgebäude der Kleinbahn Kassel-Naumburg eindrucksvoll zu bewundern. Die Dauerausstellung, gepflegt von rund 25 Mitgliedern im Museumsverein, zieht Besucher sofort in ihren Bann.
Eisenbahnen wirken immer anziehend und Dampfeisenbahnen ganz besonders. Auch wenn die Zeiten der Dampfeisenbahnen auch auf der Kleinbahnstrecke mit den Wirtschaftswunderjahren zu Ende ging und später Dieseltriebwagen auf der Strecke fuhren, so steht die Bahn mit ihren gebirgsbahnähnlichen Steigungen am Hoofer Berg mit 35 % für ein Stück Dampflok-Geschichte. Die Vereinsmitglieder des Hessen Kurier sorgen noch heute dafür, dass die Stahlrösser gelegentlich Feuer unterm Kessel haben, sich schnaubend den Berg hinaufquälen und über die wunderbare Strecke durch das Tal der Bauna, der Elbe und der Ems schlängeln.
Schalter und Zugabteil im Original – Eisenbahn in Miniatur
Auch das Museum wird ehrenamtlich gepflegt. Zwei Vereine, die Hand in Hand arbeiten. Immer dann, wenn die Eisenbahn fährt, hat das Museum Hochbetrieb. An diesen Tagen kommen auch jene, die keine Fahrkarte mehr bekommen haben oder einfach nur schauen wollen. Beim Betreten des Museums begrüßt der alte Schalter, an dem seit Ende des Fahrbetriebes nichts verändert wurde, die Besucher. Das Sprechfenster und die Glasscheibe sind immer noch vorhanden, genauso wie die Mechanik zur Ausgabe der Fahrscheine und zum Bezahlen.

Alte Fahrpläne hängen noch so, als würde der nächste Zug bald einfahren und ein ganzes Zugabteil ist im Empfangsbereich des Bahnhofs aufgebaut. Bitte Platz nehmen in den 20er Jahren! Nachgebaut haben die Vereinsmitglieder auch die gesamte Strecke. In einer Modelleisenbahn im Format Spur 1 ist der ganze Streckenverlauf mit den Bahnhöfen sowie Haltepunkten Altenbauna, Großenritte, Elgershausen, Hoof, Breitenbach, Sand, Balhorn, Altenstädt und Naumburg dargestellt. Selbst die Weidelsburg erhebt sich machtvoll über der Strecke. Weitere Modelleisenbahnen in Spur H0 und der Ost-Variante Spur TT können bestaunt werden.
Vom Schwarzpulver bis zum Fernschreiber
Eine Menge Stunden haben die Vereinsmitglieder investiert. Liebevoll ausgestellt haben sie alte Werkzeuge, Uniformen der Schaffner, Lampen und eben alles, was zum Betrieb einer Eisenbahn notwendig gewesen ist. Sogar der alte Fernschreiber scheint noch auf ein Telex zu warten. Wissen Sie, was Knallkapseln sind? Im Eisenbahnmuseum erfährt man vom 1. Vorsitzenden Ümid Saygin und den anderen Aktiven, wie die Schwarzpulver-Plättchen auf den Schienen Bauarbeiter vor herannahenden Zügen warnten und Zugführer zur Vorsicht an Baustellen mahnten.

Die nächste Fahrt des Hessencourrier steht übrigens am 24. August zu den Feldtagen auf dem Fahrplan. Am 21. September findet die Teddybärenfahrt statt und am 19. Oktober geht es in den „Goldenen Oktober“. Wer das Museum zwischendurch besuchen will, kann bei der Tourist-Information in Naumburg anrufen: 05625/7909-63 oder -64. (rs)

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