Stadt Schwalmstadt rutscht ins „Minus“
SCHWALMSTADT. Kommunalpolitiker sind meist magisch davon überzeugt, dass ein ausgeglichener Haushalt eine spannende Meldung ist und ein fast ausgeglichener Etat für Zustimmung im Volk reicht. Sie glauben, vor allem wegen solider Haushaltsführung gewählt zu werden. Deshalb streiten sie leidenschaftlich mit langen Reden über Soll und Haben, Personalstand und vergangene Fehler.
Wir wissen, dass Haushaltsdiskussionen und -pläne die wenigsten Klicks bekommen. Haushalt ist langweilig? Ja und Nein! Die meisten Etatpositionen verstehen wenige und „Haushaltssprech“, also Wortwahl sind weit weg von Umgangssprache und Verständlichkeit. In Schwalmstadt ist die Planung bisher recht unspektakulär, das dickere Ende zeichnet sich aber ab. Ausgeglichen ist der Haushalt diesmal nicht.
Freiwillige Leistungen bleiben
Am Donnerstagabend hat Bürgermeister Tobias Kreuter seinen Haushalt für 2025 auf 354 Seiten eingebracht. Rechtzeitig, um eine lange Phase vorläufiger Haushaltsführung auszuschließen. Am 20 Januar soll er verabschiedet werden und dann dürfen alle Stadtverordneten dazu etwas sagen. Am Donnerstag hatte der Bürgermeister allein das Wort. Die Haushaltsrede hatte 14 Seiten, ein Drittel weniger als beim letzten Haushalt. Respekt!
Trotz eines geplanten Fehlbetrags von 261.000 Euro betonte Kreuter, dass der Haushalt durch Rücklagenentnahmen als ausgeglichen gilt und aufgrund ausreichend ungebundener Liquidität, ist auch ein Haushaltssicherungskonzept entbehrlich: „An den kommunalen Finanzen der Stadt Schwalmstadt geht die wirtschaftlich schwierige Gesamtsituation nicht spurlos vorbei. Dennoch ist es uns gelungen, Einsparpotenziale zu finden, ohne größere Einschnitte bei wichtigen, aber freiwilligen Leistungen wie unseren Schwimmbädern oder der Bücherei vorzunehmen.“
Kosten für Kindertagesstätten steigen weiter an
Ein Schwerpunkt der Haushaltsrede war der stetig wachsende Zuschussbedarf für Kindertagesstätten. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Während der Zuschussbedarf im Jahr 2014 noch bei 2,5 Millionen Euro lag, stieg er 2020 auf 4,1 Millionen Euro und erreichte 2023 bereits 6,2 Millionen Euro. Für 2025 wird ein weiterer Anstieg auf 7,4 Millionen Euro erwartet. Kreuter erklärte dazu: „Auch wenn jeder Euro in unsere Kinder gut investiertes Geld ist, schnüren uns die stetig steigenden Kosten zunehmend die Luft ab. Es wäre dringend eine stärkere Unterstützung durch Bund und Land Hessen geboten.“
Die Stadt hat Maßnahmen ergriffen, die den dynamischen Anstieg der Kosten abfedern. So wurden im Jahr 2023 ein Hort und 2024 eine Kindertagesstätte geschlossen. Dennoch bleibt die Situation angespannt: „Ich habe die Hoffnung, dass die Landesregierung hier endlich den nötigen Schwung aufnimmt und konkrete Maßnahmen zur finanziellen Entlastung umsetzt – leider erkenne ich bisher keine nennenswerten Fortschritte.“
Entwicklung der Personalkosten
Ein weiterer zentraler Kostenfaktor sind die Personal- und Versorgungsaufwendungen der Stadt. Diese steigen 2025 leicht von 18,6 Millionen Euro auf 18,7 Millionen Euro. Ohne die kürzlich eingeführte pauschale Einsparung von zwei Prozent, die die Gesamtkosten um rund 1,1 Millionen Euro verringert, lägen die Personalkosten sogar bei 19,8 Millionen Euro. Insbesondere erhöhte Pensionsrückstellungen belasten den Haushalt. „Die hohen Besoldungsanpassungen im Vorjahr führen automatisch zu einer Erhöhung der Pensionsrückstellungen“, erläuterte Kreuter. Er hob jedoch hervor, dass diese Rückstellungen langfristig zu Entlastungen führen könnten, wenn sie in der Zukunft ausgeschüttet werden.
Gewerbesteuer und Investitionen
Die Gewerbesteuer bleibt mit einem prognostizierten Aufkommen von 8,6 Millionen Euro die wichtigste Einnahmequelle. Parallel dazu erhält Schwalmstadt Schlüsselzuweisungen in Höhe von 14,1 Millionen Euro. Kreuter warnte jedoch vor den Auswirkungen der Grundsteuerreform und der Umverteilung finanzieller Mittel: „Es ist mehr als ärgerlich, dass diese Reform mathematisch gesehen einen Verschiebeeffekt aus dem ländlichen Raum in die Ballungszentren bewirkt. Das Geld ist nicht weg, es hat nur ein anderer.“
Im Investitionsplan stehen Projekte im Gesamtvolumen von 16,3 Millionen Euro, darunter Maßnahmen in den Bereichen Straßen, Wasser- und Abwassernetze sowie Feuerwehrhäuser. „Die Erfahrung zeigt, dass sich schnell ein Investitionsstau bildet, wenn man nicht kontinuierlich in die Infrastruktur investiert“, erklärte Kreuter.
Freiwillige Leistungen bleiben erhalten
Steuererhöhungen lehnte die Stadtverwaltung ab, trotz der angespannten Haushaltslage. Stattdessen setzte sie auf eine pauschale Einsparung von zwei Prozent bei den Gesamtausgaben. Kreuter betonte die Bedeutung freiwilliger Leistungen: „Gerade diese sind es, die Schwalmstadt zu einem lebenswerten Ort machen.“
Abschließend richtete Kreuter den Blick auf die Zukunft: „Der Haushalt 2025 wird nicht der letzte schwierige Haushalt sein. Er ging insbesondere auf die sich abzeichnenden Ausfälle beim Kommunalen Finanzausgleich, den sogenannten Schlüsselzuweisungen ein. Ein Verzicht auf die Anpassung der Grundsteuer könnte zu einer Verringerung dieses Finanzausgleichsbetrages führen. Wie erklären das Thema in der aktuellen Kolumne.
Aber wir haben auch schon andere Krisen wie die Finanzkrise 2008/09 oder die Corona-Pandemie überstanden. Ich bin zuversichtlich, dass wir auch diese Herausforderungen gemeinsam bewältigen werden.“
Grundsteuer-Hebesatz wird gesenkt – Keine Grundsteuer C
Das Grundsteueraufkommen wollen die Schwalmstädter Stadtverordneten neutral halten, wie es auch bei der Reform angedacht war. Schwalmstadt nutzt die Chance also nicht, mit diesem Mittel den Haushalt ausgeglichen zu gestalten und „schont“ damit die Bürger.
- Bürgermeister Tobias Kreuter (Parteilos) möchte dem Vorschlag des Landers folgen. Eine Grundsteuer C für unbebaute, bebauungsreife Grundstücke wird Schwalmstadt nicht einführen. Neuental, so der Bürgermeister, macht es. Dort könne man hinschauen. Juristisch sei vieles noch nicht geklärt. Vielleicht ist das in Schwalmstadt ein Thema zu einem späteren Zeitpunkt.
- Christian Herche (FREIE WÄHLER) ist froh, dass keine Erhöhung angestrebt wird. Erschüttert zeigt er sich – mit Blick auf den Kommunalen Finanzausgleich – über das Ministerium bezüglich der erzwungenen Steuerschraube. Es würde die Mieter und nicht die Hauseigentümer treffen.
- Patrick Gebauer (SPD) erklärte: „Niemand hat Spaß, Steuererhöhungen zu beschließen.“ Er glaubt, „Nächstes Jahr werden wir nicht umhinkommen. Wenn Schwalmstadt sie nicht anpasst, würden 200.000 bis 300.000 Euro Landesmittel fehlen.
So beschlossen die Stadtverordneten die Senkung des Hebesatzes für die Grundsteuer A auf 230 % (derzeit: 335 %) und der Grundsteuer B auf 270 %. (derzeit: 420 %).
Schmutzwasser 50 Cent teurer
Ein Gutachten hat die Niederschlags- und Schmutzwasser-Gebühren neu bewertet. Die Stadtverordneten folgten der Empfehlung, beließen die Niederschlagswasser-Gebühr bei 0,58 Euro und erhöhten am Januar 2025 die Schmutzwassergebühr von 4,11 Euro um 0,50 Euro auf 4,61 Euro. (Rainer Sander)
3 Kommentare
Da ist Schwalmstadt mit den Grundsteuer_Hebesätze A 230% B 270% richtig billig. In Willingshausen kassiert der Bürgermeister richtig ab. Hier liegen die Hebesätze A+B bei jeweils 580% !!! Das ist unverschämt gierig und die Gemeindevertreter nicken wie die Wackeldackel alles ab.
Die Zeitenwende kommt langsam überall an.
Personal kann da auf jeden Fall noch zu genüge eingespart werden!