… und (fast) 15 Jahre Altenburg- und Stadtmuseum
NIEDENSTEIN. Es fehlen noch ein paar Monate am Jubiläum „15 Jahre Altenburg- und Stadtmuseum Niedenstein“ am Obertor 5. Angesichts der unglaublich weit zurückreichenden Geschichte der Besiedlung nur ein Wimpernschlag auf einem sehr langen Zeitstrahl.
1254 wurde die Stadt – relativ spät – erstmals urkundlich erwähnt. Kassel, Gudensberg und Fritzlar sind urkundlich deutlich älter.
Unter der Erde und deutlich sichtbar in Geländeformationen offenbaren Artefakte, viele Funde und vorgeschichtliche Befestigungsanlagen eine Historie, die bis ins Neolithikum rund 4200 Jahre vor Christus zurückreichen. Seit Menschen sesshaft sind, waren sie es auch an der Altenburg, am Falkenstein oder rund um die heutige Stadt Niedenstein. Eine Fernsicht bis in die mittelhessischen Regionen und Blickkontakt auf dortige Höhensiedlungen macht die exponierte Lage deutlich.
Laserscan offenbart andere Dimensionen
So gesehen ist Niedenstein mit der benachbarten Altenburg einer der bedeutenden Orte in der nordhessischen Geschichte. In den Jahrzehnten zwischen Cäsars gallischem Krieg und der legendären Varus-Schlacht wurde die Altenburg aufgegeben. Bis dahin war sie eine Anlage von immenser Größe, wie archäologische Untersuchungen der Universität Marburg seit 2018 belegen. Aus einst gesichert angenommenen 75 Hektar Fläche wurden nach Entdeckung weiterer Vorwälle im Norden, die auch den mittelalterlich überbauten Falkenstein tangieren, 150 Hektar.
Die Bilder des Lidar-Scans, bei dem ein Laser aus dem Flugzeug ein lückenloses Relief der Oberfläche zeichnet, zeigen die Überreste in der Bodenformation. Damit zählt das Areal zu den großen eisenzeitlichen Anlagen. Ein Massenfund keltischer Münzen, eine alte Tür, Waffen und andere Fundstücke aus der Michelsberger Zeit und der Latènezeit lassen viel Raum zum Spekulieren.
Raum für Fantasie
Das kleine Museum, das sich im Wesentlichen auf einen Ausstellungsraum beschränkt, offenbart trotzdem viele Wahrheiten: Einerseits Original-Fundstücke, andererseits Nachbildungen von einem eisenzeitlichen Türblatt oder das Modell einer Holz-Stein-Erde-Mauer mit Spitzgraben. Steine, Erdschichten aus Kernbohrungen, Keramikscherben und rostige Metallwaffen oder -Werkzeuge belegen die Bedeutung der „alten Burg“ und lassen doch gleichzeitig Raum für Fantasie, unterschiedlichste Interpretationen und Glaubensfragen. Eine davon ist die eigentlich widerlegte Annahme, dass die Altenburg das geheimnisvolle Mattium, der von Germanicus zerstörte Hauptort der Chatten gewesen ist.
So ist die selbsterklärende Ausstellung einerseits objektive Darstellung der Funde und gleichzeitig ein spannender Ausgangspunkt für gewiss viele weitere Forschungen sowie Thesen.
Das aktive „Halbe Dutzend“
Gleichzeitig ist hier Heimatkunde lebendig. Zwei große Modelle, die in akribischer Kleinarbeit entstanden sind, zeigen die Entwicklung der Stadt in den 1970er- und 1980er-Jahren. Eine Zeit, in der viele alte Gebäude und reichlich Fachwerk verschwunden sind. Neue Bebauung hat stattgefunden. Die Geschichte der Niedensteiner Kirchen ist ausführlich dargestellt und auch die der jüdischen Gemeinde in Niedenstein, die einst relativ groß für eine kleine Kommune gewesen ist. Auch eine hölzerne Wasserleitung ist zu bewundern. Damals wurde in Niedenstein das Wasser noch vom Brunnen geholt.
Das kleine sehenswerte Museum ist städtisch, wird aber von einer Gruppe ehrenamtlicher Mitarbeiter gestaltet. Ein gutes halbes Dutzend Aktiver. Wünsche gibt es noch viele, beispielsweise um alte Anlagen im Bereich der Altenburg wieder sichtbar oder begreifbar werden zu lassen. Auf jeden Fall hat das kleine Museum viel Aufmerksamkeit verdient, weil es tatsächlich einen sehr wesentlichen Teil der (Nord-) Hessischen Geschichte abbildet. Im kommenden Jahr, am 4. Oktober 2025 wird jedenfalls das Jubiläum 15 Jahre Stadt- und Altenburg Museum gefeiert. (rs)