
Karl-Heinz Härtl und Regierungspräsident Mark Weinmeister mit einer Züchtung der Schachbrettblume © Foto: Rainer Sander
Regierungspräsident Mark Weinmeister bei Gartenbau Härtl
NIEDENSTEIN. Seit etwa 50 Jahren rettet Karl-Heinz Härtl Pflanzen. Begonnen hat alles zu einer Zeit, als Artenschutz in der Politik und in der Gesellschaft als Thema noch gar nicht angekommen war. Als junger Gärtner im Botanischen Garten (Park Schönfeld) in Kassel hat er quasi behördlich Pflanzen gepflegt, die bereits ausgestorben sind oder dabei waren, ihre Lebensräume zu verlieren.
Über 40 Jahre schon hat er jetzt im Natur- und Artenschutz die heimische Natur intakt gehalten. Haupt-Auftraggeber sind Forstämter, Kommunen, die Obere und die Untere Naturschutzbehörde. Dabei wurden unzählige Pflanzen und Biotope gerettet.
Viele bedrohte Arten im Gewächshaus
Rund 50 bedrohte Arten hat der Betrieb in Niedenstein ständig vorrätig. In Nord- und Mittelhessen sowie Ostwestfalen, Südniedersachsen und Westthüringen ist Gartenbau Härtl der einzige Betrieb dieser Art.

Kein Wunder, dass sich Regierungspräsident Mark Weinmeister als Dienstherr der Oberen Naturschutzbehörde im Regierungsbezirk Kassel für die Arbeit des Betriebes interessiert. Bei einem Besuch konnte der oberste Repräsentant des Landes in NordOsthessen beispielsweise viel über den Frauenschuh, den Märzenbecher, das Schneeglöckchen vom Burghasunger Klosterberg und das Kiebitzei erfahren.
Das Kiebitzei, oder Schachbrettblume braucht Feuchtwiesen im Frühjahr und kann ausschließlich von der Kleinen Sandbiene bestäubt werden. Bereits seit 25 Jahren ist die Pflanze auf dem „Rückzug“. Gab es vor Jahren noch Vorkommen in Niedenstein, Neukirchen (Schwalm) und am Singliser See (Borken), so galt sie inzwischen nahezu vollständig in der Region Nordhessen als ausgestorben oder vom Aussterben bedroht.
Rückkehr der Schachbrettblume ist eine kleine Sensation
Mit dem Einbringen von Feld-Drainagen sowie dem Anpflanzen von Hybridpappeln, um Wiesen zu entwässern und den Ertrag von Böden zu erhöhen, außerdem mit dem Einsatz von Neonicotinoiden und dem vorübergehenden Verschwinden der Sandbiene (Andrena bicolor), stand auch die Schachbrettblume in der Region vor dem Aussterben.
Es darf als kleine Sensation gelten, dass es dem Team von Naturschutz Härtl gelungen ist, die Pflanze in der eigenen Gärtnerei zu erhalten und durch Handbestäubung – „wir haben Sandbiene gespielt“ – zu züchten. Das Faszinierende ist, dass sie inzwischen auch in der Natur seit fünf Jahren wieder wächst und ganz offensichtlich auch die Sandbiene zurückgekehrt ist, um den natürlichen Besteuerungsprozess wieder zu übernehmen.
Jedes Jahr eine „NordOsthessische Pflanze des Jahres“
Regierungspräsident Mark Weinmeister zeigte sich beeindruckt von den Erfolgen, die Karl-Heinz Härtl mit seiner Pflanzenzucht erreicht hat: „Wir können froh sein über jede bedrohte Pflanzenart, die vor dem Aussterben gerettet wird. Damit haben wir ein Stück der regionalen Artenvielfalt bewahrt. Es ist bewundernswert, wie Karl-Heinz Härtl sich seit mehr als 40 Jahren mit Kreativität und großer Sachkenntnis für unsere heimische Flora einsetzt. Wenn ich sehe, wie viel Geduld und Präzision dafür etwa bei der Handbestäubung dazugehören, dann nötigt mir das höchsten Respekt ab.“ Weinmeister regte an, jedes Jahr eine in NordOsthessen bedrohte Art zur Pflanze des Jahres zu erklären und auf der Freifläche vor dem Regierungspräsidium „auszuwildern“. (rs)

2 Kommentare
Ist es nicht anmaßend, über ein giftiges Insekt ein Urteil zu fällen, das in der Natur seine Funktion hat, ohne die es sich nicht zu einem giftbewehren Insekt entwickelt hätte? Gift ist eine Überlebensstrategie, die vor Fressfeinden schützt. Wir können doch nicht alles vernichten, was und Probleme bereiten könnte. Pflanzen, Tiere und was ist der Mensch als gefährlichstes Lebewesen überhaupt?. Wenn man Kinder frühgenug die Gefahr des Berührens einer Ambrosiapflanze klar macht, wird es sie nicht anfassen. Zu meiner Kindheit gab es noch Kreuzottern in diesen Regionen, wir wurden schon als Kleinkinder gewarnt, solche Tiere nicht anzufassen.
Da stellt sich doch grade in Hofgeismar die Frage wie weit darf Naturschutz gehn!! Sollte man hochgiftige Insekten wirklich in Schutz nehm?? Was kommt dann als nächstes?? Das man die gefährlichen Ambrosiapflanzen nich mehr beseitigen darf?? Tja Mensch oder Natur wer sollte hier wen beschützen!!
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