Gedenktafel am Mehlhof für Ereignis am 5. März 1933
LOHFELDEN. Es war diese Zeit, als schwere Stiefel im Gleichschritt oder im Laufschritt von Weitem zu hören und zu identifizieren waren. Es klang meist weniger verheißungsvoll als unheilvoll. Trotzdem hatten die Schlägertrupps des Führers nicht überall gleichgute Voraussetzungen. Die NSDAP hatte keine Chance in Ochshausen, erzählte Frau Dr. Angela Pitschke in ihrem Vortrag in der alten Schule.
Es war der 5. März 1933, als trotzdem SA-Kommandos, die inzwischen offizielle Hilfspolizei waren, durch Ochshausen zum Mehlhof marschierten. Die jungen Männer des Jungbanners, einer SPD-nahen Organisation, hatten Plakate geklebt und in Reihen der Nationalsozialisten war Ärger darüber aufgekommen. Die am Mehlhof wohnenden versteckten sich, als der Lkw mit SA-Leuten vorfuhr. Unter dem Vorwand, sie seien aus dem Mehlhof beschossen worden, gingen sie mit Schusswaffen gegen dessen Bewohner vor und prügelten so lange, bis man das Weiße in den Augen nicht mehr sah.
16 Anklagen danach
In der Zeit nach der Machtübernahme, die, so Frau Dr. Pitschke, völlig legal gewesen ist, waren diese Übergriffe an der Tagesordnung. Mit der Prügelei, die als Ochshäuser Blutnacht in die Geschichte eingegangen ist, war es nicht zu Ende. In den Prozessen danach wurden 16 Ochshäuser wegen Landfriedensbruchs und Widerstands gegen die Staatsgewalt vor einem Sondergericht für politische Straftaten angeklagt. Es gab fünfmal drei Jahre Gefängnis und siebenmal acht Jahre Zuchthaus sowie den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. Einige der Verurteilten kamen nach einem Jahr ins Straflager im Moor, viele in das Strafbataillon 999. Sieben von ihnen erlebten das Kriegsende nicht. Die Mehrheit der Betroffenen waren Sozialdemokraten.
Die Lohfeldener Geschichtswerkstatt hatte eine Gedenkfeier am 5. März vorbereitet und Lohfeldens Bürgermeister Uwe Jäger konnte zusammen mit den Mitgliedern des Vereins eine Gedenktafel am Mehlhof einweihen. Uwe Jäger betonte die Wichtigkeit des Erinnerns und begrüßte den Bundestagsabgeordneten Timon Gremmels und den Landtagsabgeordneten Florian Schneider.
Unfrieden und Gewalt beginnen immer im Kleinen und uns selbst
Frau Pfarrerin Kerstin Grenzebach erinnerte daran, dass Unfrieden und Gewalt immer im Kleinen und bei uns selbst beginnen. „Ich wundere mich, dass sich Menschen wundern, dass es Krieg gibt.“ Sie mahnte, Acht zu geben, dass sich solche Dinge nicht wiederholen. Hans Werner Eckhard von der Geschichtswerkstatt schilderte, dass die Auseinandersetzungen bereits am 4. März begonnen hatten und betonte: „Wir sind die Generation der Erinnerung!“.
Norbert Thiele, Vorsitzender der Gemeindevertretung, hielt eine Ansprache voller Leidenschaft und schlug Brücken in die Gegenwart. Nach dem Krieg war die Sowjetunion Befreier, heute führt sie selbst Krieg. Die Antwort ist immer Demokratie. Es sei nicht akzeptabel, dass sich Minderheiten in Deutschland nicht sicher fühlen. „Wehret den Anfängen!“ Betonte er auch im Blick auf die Ermordung von Walter Lübcke, der sich in Lohfelden für Flüchtlinge eingesetzt hat. Frau Dr. Angela Pitschke erinnerte in ihrem Vortrag noch an das Ochshäuser Lied. (rs)