Symbolischer Spatenstich für das G1 in Gudensberg
GUDENSBERG. In einem seit Jahren nicht mehr genutzten alten Supermarkt in Gudensberg entsteht ein Haus für die Vereine, die Kultur und die Begegnung. Ein nachhaltiges Konzept verwandelt eine „moderne Ruine“ in einen lebendigen Ort für Musik, Kunst und Zusammenhalt. Über die Kommunikation, darin waren sich gestern alle einig, wird neue Kreativität entstehen.
Bürgermeisterin Sina Best stellte die richtige Frage, „Welche Stadt kann sich solch ein Vereinshaus leisten?“ Vielleicht keine, jedenfalls keine Kleinstadt. Gudensberg hat über das Stadtentwicklungskonzept Gudensberg 2030 einen Weg gefunden, ein solches Projekt zu finanzieren. Der gestrige Abend hat gezeigt, mit wie viel Emotionalität, mit wie viel Ideen und Begeisterung die unterschiedlichsten Gruppierungen das entstehende Zentrum nicht nur gemeinsam planen, sondern ganz sicher zu einem zentralen Ort der Gudensberger Kultur machen werden.
Dabei ist der Kulturbegriff in seiner Anfangszeichen „Basisversion“ entscheidend: Kultur umfasst alles, was der Mensch geschaffen hat. Unter „Kultur“ verstehen wir auch die Art und Weise, wie das Zusammenleben der Menschen gestaltet ist. So formuliert es die Bundeszentrale für politische Bildung.
Begegnen, Kommunizieren, Streiten, Vertragen
Sina Best sprach von Begegnen, Kommunizieren, Streiten, Vertragen. Letztlich waren alle Worte überflüssig, als einige der zukünftigen Nutzer des Gebäudes ihre eigenen Werke und ihr Können zeigten. Das Aron, Schüler der Musikschule Schwalm-Eder-Nord, mit seiner Geige den Green Day-Titel „Boulevard of Broken Dreams“ mit Hingabe spielte, mag als Blick in die Vergangenheit wirken. Mit der gleichen Leidenschaft spielte Elisabeth am Klavier die Eurovisionshymne. Sie ist er seit einem Jahr Schülerin der Musikschule, was man ihr nicht mehr anhört. Nicht minder emotional das Scherzo von Carl Webster, vorgetragen von Paulina mit ihrer Geige, gefolgt vom Unterstufenensemble mit My Grandfather‘s Clock.
Sina Best hatte sich schon vor Amtsantritt gefragt, warum das Gebäude G1 heißen soll und sich damit abgefunden, dass in Gudensberg durchaus Häuser nach Straßenname und Hausnummer bezeichnet werden. Sie freut sich auf Begegnungen von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund. Dafür wird unter anderem der Verein „Mach Mit“ sorgen, der auch sein Kaufhaus mitbringen wird.
Das AKP Büro hat eine Interessensammlung in einem Nutzungskonzept umgewandelt und eine Raumplanung entwickelt. Die Planungen sind nicht abgeschlossen und schon entstünden Ängste, ob alle angemessen dabei sein können. Sina Best dazu: „Wir können jetzt schon Kommunikation üben“. Die Detailplanung kommt schließlich noch.
Bisher dabei sind:
- Gemeinwesen- und Integrationsarbeit der Stadt Gudensberg
- Mach Mit e. V. mit Café und Kaufhaus für Alle
- Tonmanufaktur (Original Chattengauer, Spielmanns- und Fanfarenzug, Musikschule Schwalm-Eder-Nord, Top Sing, Die Ohrwürmer, Chorgemeinschaft 1825, Akkordeongruppe)
- KünstlerQuartier
- Familienzentrum Quartier Gudensberg
- Jugendpflege der Stadt Gudensberg
- Seniorentreff
- Landfrauenverein
- Bürgertreff
- Verein der Gudensberger Heimatfreunde e. V.
Alle Räume sind multifunktional und stehen allen Gruppen zur Verfügung. Gleichzeitig ist das Gebäude ein städtebaulicher Akzent am Ende der Fußgängerzone. Es werde noch eine Weile vergehen, die Schadstoffsanierung ist bereits beendet und erste Gewerke befinden sich im Ausschreibungsverfahren.
Ein Bild für die Bürgermeisterin
Es folgte der vielleicht emotionalste Auftritt, nämlich die Musik der kid.chatts, dem Jugendorchester der Original Chattengauer. We Will Rock You/Another One Bites The Dust zeigte den Optimismus, mit dem die Kinder von der Zukunft Besitz ergreifen. Ganz offensichtlich abseits des Protokolls erklärten zwei Mädchen kurzerhand, dass sie ein Bild für die Bürgermeisterin gemalt haben, dass sie mit den Worten „danke, dass Sie uns ein Haus bauen“, überreichten und Sina Best damit tatsächlich zum Weinen brachten, was die Bürgermeisterin nicht aus der Fassung brachte: „Wir machen das total gerne!“
Architekt Moritz Röhlen, gebürtiger Gudensberger, erklärte den Bestand aus den Achtzigerjahren und der anfangs Frage, „bekommen wir das Raumprogramm unter? Es entsteht ein großer Eingangsbereich und ein Mittelgang führt Dich Gebäude. Insbesondere die Probenräume sind mit Schallschutz geplant. Zum Raumprogramm gehören auch eine Küche und Sanitäranlagen. Alles entsteht in barrierefreier Bauweise. Im Keller ist eine 3 Meter hohe Werkstatt. Das Flachdach im hinteren Bereich wird für alle nutzbar. Ein Gerüstturm sorgt für Zugang zu einem atemberaubenden Blick auf Stadt und die Obernburg. Das Flachdach wird nach vorne verlängert. Auch eine PV-Anlage ist vorgesehen.
Sina Best: „etwas Tolles kommt auf uns zu“
Das Künstlerquartier Gudensberg zeigte in einer Mini-Ausstellung drei Werke von Mitgliedern und die Chorgemeinschaft Gudensberg sang Hubert von Goiserns „weit weit weg“: „Manchmal ist’s mir gestern wars, und manchmal wie a Ewigkeit“. Alles andere als weit weg, die Original Chattengauer, die das kleine Kulturprogramm mit Tequila und einem ABBA Medley beendeten.
Sina Best resümierte den Abend mit der Feststellung, sie habe gespürt, „dass etwas Tolles auf uns zukommt“. Alle Wünsche für das Gebäude konnten an eine Zeitkapsel übergeben werden, die bei der Grundsteinlegung dann eingemauert wird. (rs)