Workshop der Hochschule Schneeberg in Gudensberg
GUDENSBERG. Alle zwei Jahre wird es für eine Woche laut am Lamsberg. Richtig laut! Alle, die glauben, dass Kunststudenten mit Pinsel und Farbe, Stechbeitel und Feile oder bestenfalls mit Hammer und Meißel Kunstwerke gestalten, können sich beim Kettensägen-Workshop, der im Zweijahresrhythmus in Gudensberg stattfindet, eines Besseren belehren lassen.
Die Ergebnisse der vergangenen Workshops sind überall im Stadtbild der Chattengau-Stadt zu entdecken. Experimentelle Sitzobjekte entstehen durch Bearbeitung von Baumstämmen mit grobem Werkzeug. Der Kettensägen-Führerschein ist meist inklusive. Manche greifen zum ersten Mal zur Motorsäge, andere wiederum haben vor dem Kunststudium bereits eine Berufsausbildung im Holzfach abgeschlossen. Und trotzdem ist diese Art von Säge in der Handhabung meist unbekannt.
Manche Studenten sind beruflich vorbelastet
So ist Johann Richter gelernter Schreiner, doch auch für ihn waren bisher feinere Werkzeuge das Handwerkszeug. Wer zuschaut, sieht wie Holzspäne durch die Gegend fliegen, spürt wie es vibriert und die Luft nach Zweitakt-Gemisch riecht aber auch, wie zügig Formen entstehen. Waren die Sitzmöbel vor zwei Jahren unter Eindruck von Corona noch auf Abstand „getrimmt“, was bei langen Baumstämmen kein Problem ist, legten die Studentinnen und Studenten in diesem Jahr wieder Wert auf kommunikativere Sitzmöbel. Statt Zweisitzer, werden wieder Drei- und Viersitzer produziert.
Mal grob, gefräßig, dann wieder fast liebevoll gleiten die Schwerter der Kreissägen durch Eichenstämme, die auch in vielen Jahren noch als robuste Sitzmöbel dienen werden.
Diplom-Designer Jens Gebhardt leitet den Workshop
Auch wenn in der Forstwirtschaft die Anzahl der Waldarbeiterinnen gegenüber den Waldarbeitern deutlich hinterherhinkt, besteht bei den Studentinnen und Studenten an der Kettensäge durchaus Gleichstand. Weder auf den ersten noch auf den zweiten Blick würde jemand einen Unterschied in den Exponaten erkennen.
Unter der Leitung von Diplom-Designer Jens Gebhardt entstehen die Kunststücke am Lamsberg. Die Studentinnen und Studenten studieren an der Westsächsische Hochschule Zwickau – Fakultät Angewandte Kunst am Studienstandort Schneeberg im waldreichen Vogtland. Sie alle genießen den Ausflug ins waldreiche Nordhessen und die Kulisse des Chattengaus vom Lamsberg aus. Als Seminarraum dient das dortige Schützenhaus.
Kunst und Handwerk dicht beieinander
Wer die Studentinnen und Studenten beobachtet merkt schnell, warum sprachlich die Worte Kunst und Handwerk so oft in Zusammenhang gebracht werden mit Begriffen wie Handwerkskunst oder Kunsthandwerk. Bei aller Spontanität: ganz ohne Vorbereitung geht es nicht. Alle haben sich in Vorbereitung auf den Workshop Gedanken darüber gemacht, wie ihr Kunstwerk denn aussehen soll. Doch zur Zeichnung gehört auch ein passendes Werkstück. An diesem Punkt kommt die Natur ins Spiel, die Bäume nicht immer so wachsen lässt, wie sich ein Handwerker oder Künstler das vorgestellt hat. Also sind auch Kreativität und Improvisation im Umgang mit einem natürlichen Werkstoff gefragt.
Diesmal dabei waren Jannik Zielke, mit einem Zweier und einem Vierer „Holz-Sofa“ oder Johann Richter, Tischler von Beruf, der ein gedrehtes Fünfeck als Sitzgelegenheit präsentiert. Tollja Böhnisch produzierte zwei Sitzgelegenheiten mit Tisch. Ihre Vorstellung ist eine Gesprächssituation im Park. Sie hat sich als Autodidaktin mit Holz beschäftigt und dann das Studium begonnen. Anne Gerke hat nicht so genau gewusst, was sie erwartet, aber als gelernte Holzbildhauerin kennt sie den Werkstoff. Auch Louise Binninger, Magdalena Sander und Friedemann produzieren sehenswerte Outdoor-Möbel. (rs)