Was darf ein Jugendamt-Neubau Kosten?
HOMBERG. Beleidigt sein und Beleidigen, liegen oft sehr nah beieinander. Ein wenig nach dem Motto, Politik, nur wenn sie laut ist, ging es heute Vormittag in Melsungen beim Thema Jugendamt zu, womit die Kreispolitik Schwalm-Eder den Jugendlichen ein leuchtendes Beispiel dafür lieferte, wie man mit Konflikten umgeht. Da kann man was lernen.
In einer Zeitung sollen mehrere Artikel zum Thema Kostenexplosion im Jugendamtsneubau in Homberg veröffentlicht worden sein, in der zwar richtige Zahlen, diese aber im falschen Zusammenhang und im unzutreffenden zeitlichen Kontext benutzt worden sein. Der Artikel ist dem Berichterstatter nicht bekannt, aber Landrat Winfried Becker (SPD) stellte fest, dass Berichte über Kostenexplosionen zu Irritationen geführt und falsche Eindrücke vermittelt haben.
Jugendamt muss gesetzlichen Auftrag erfüllen
Dem Landkreis und insbesondere dem Jugendamt werden ständig neue gesetzliche Aufgaben übertragen und ausgebaut. Die Kreisverwaltung müsse sich erweitern und neu aufstellen. Die Parkstraße, so Becker, wird dauerhaft nicht betrieben werden können.
Die Kosten für das neue Jugendamt wurden auf Basis des Baukostenindex (Anmerkung: ein reiner Richtwert für Baukosten, der aufgrund tatsächlicher Baukosten stets aktualisiert wird) 2017 auf 6,7 Millionen Euro geschätzt. Das, erklärte der Landrat, waren aber nicht die Kosten, die der ersten Planung und Umsetzung zugrunde lagen. Es wurde nämlich ein Architektenwettbewerb durchgeführt, dem Verhandlungen folgten. Erst im September 2018, also ein Jahr später, begann die Planungsphase.
Planung ging von 17,1 Millionen und nicht von 6,7 Millionen Euro aus
Zwei Jahre später, Ende 2019 wurde dann deutlich, dass Kosten von 18 Millionen Euro angesetzt werden müssten. Entsprechend erfolgte eine Umplanung mit Flächen-Reduzierung. Es musste aber gleichzeitig statt für 100 jetzt für 130 Mitarbeiter geplant werden. Es wurde immer gesagt, dass eine seriöse Kostenschätzung nicht möglich sei.
Bei Abschluss der gesamten Planung erst, wurden 15,8 Millionen Euro beschlossen. Der Kreistag habe wegen Corona dann entschieden, neue Gebäude grundsätzlich mit Lüftungsanlagen auszustatten. Durch einen Zuschuss der KfW für Energiesparmaßnahmen, wurden 17,1 Millionen Euro dargestellt, bei insgesamt 5,7 Millionen Euro Zuschuss. Die Rohbauausschreibung erfolgte vor der Ukrainekrise, was stabile Preise garantiert. Wie sich die aktuelle gesamtwirtschaftliche Lage auf Baukosten auswirken wird, könne seriös niemand sagen.
Die Besonderheiten des Gebäudes sind KfW-Standard 40, auf dem Dach flächendeckend Fotovoltaik und insgesamt überdurchschnittliche Begrünung, außerdem eine Zu- und Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung
Frau Bischof und Herr Rudolf dürften schwer Freunde werden
Anna-Maria Bischof (CDU) ist dankbar für die Ausführungen. Die Arbeit im Jugendamt sei auch wichtig. Sie erinnerte allerdings an die Haushaltsrede des Landrats, in dieser selbst für die Irritationen durch den Kostenvergleich, ausgehend von 7,6 Millionen zu 17,1 Millionen Euro gesorgt habe. Man müsse auch streichen oder schieben können. Vor allem dann, wenn Bürger jeden Euro mehrmals umdrehen müssen.
Günter Rudolph (SPD) hätte sich gefreut, wenn Frau Bischof gesagt hätte, wir haben uns vergaloppiert. Auch die Zeitung hätte zwischen Baukostenindex und Baukostenschätzung unterscheiden können. Im Übrigen seien alle Sitzungen öffentlich. Der Landrat könne keine Postwurfsendungen realisieren. Wer sich informieren will, könne sich informieren. Frau Bischof sei auf dem Weg, zum Epizentrum der Falschmeldungen zu werden. Das Jugendamt werde gebraucht, da könne man nicht schieben. Die CDU-Abgeordnete habe sich als seriöse Politikerin disqualifiziert, befindet Rudolph. (Rainer Sander)
1 Kommentar
„Vor allem dann, wenn Bürgerinnen jeden Euro mehrmals umdrehen müssen.“
Was ist mit Bürgern und Diversen ?
Müssen die nicht sparen ?
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