GILSERBERG-APPENHAIN (Dr. Jochen Führer/pm). Der kleinste Ort des Gilserberger Hochlandes feiert am 20. und 21. August 2022 seinen 825-jährigen Geburtstag im festlichen Rahmen der Distelkirmes, deren Ursprünge im 19. Jahrhundert liegen.
Seither wurde in unregelmäßigen Abständen gefeiert, aber die stattgefundenen Feste blieben in lang anhaltender Erinnerung und sorgten noch Jahre später für amüsante Erzählungen. Nach dem Krieg fand die Kirmes im Appenhainer Kirmesgarten unter freiem Himmel statt.
Damals wie heute wird die „Distelkirmes“ von dem ganzen Dorf getragen, unter der organisatorischen Leitung des „Dorf- und Kulturvereins Appenhain e.V.“
Appenhain
Abseits der großen Straßen, zwischen Itzenhain/Bellnhausen und Sachsenhausen an der K 99 gelegen, findet man das beschauliche Appenhain. In der Blütezeit des Hochmittelalters wurde der Ort – genau wie der Nachbarort Itzenhain – gegründet.
Eine entsprechende Urkunde des Klosters Spieskappel vom Januar 1197 belegt die Ersterwähnung. Zunächst war die Rede von „Eppenhagen“, ehe sich sukzessive der Name Appenhain einbürgerte. Vermutlich hat sich der Ort aus einem dem Kloster Spieskappel zugehörigen Gutshof entwickelt.
Früher führten Fußwege und Fahrstraßen am Gutshof Bellnhausen über den Hof der Oberen Gecksmühle weiter in Richtung Dorf. Der herrliche „Fuß- und Reitweg“ von Appenhain nach Mengsberg, entlang der Mühlen, erlangte in den Irrungen und Wirrungen des 16. Jahrhunderts Berühmtheit. Kein Geringerer als der Reformator Philipp Melanchthon befuhr auf seiner Reise von Erfurt über Treysa nach Marburg den Mühlenweg.
In dem Ort gab es weder Kirche noch Schule. Kirchlich zählt Appenhain zu Itzenhain. Die letzten öffentlichen Einrichtungen schlossen in den ausgehenden 1960ern und beginnenden 1970ern ihre Pforten. Erst machte das Postamt dicht und im Zuge der hessischen Gebietsreform verlor Appenhain seine politische Selbstständigkeit und damit das Bürgermeisteramt. Seither vertritt der Ortsbeirat die Interessen des Gilserberger Ortsteiles.
Leben und Arbeiten mit der Natur und den Jahreszeiten prägten über Jahrhunderte das Wirtschaftsleben und die dort ansässigen Familien bis in die 1990er-Jahre hinein. Auch spielte die Wald- und Forstwirtschaft eine große Rolle. Sie fungierte lange Zeit als Nahrungsquelle für Menschen und Tiere. Heute dient der Wald als Energie- und Rohstofflieferant zum Heizen, Bauen und für die Industrie. Vereinzelt wird das Holz auch zum Kochen genutzt.
Die Ruhe und Einsamkeit im Ort bildeten auch die Grundlage für ein weiteres ökonomisches Standbein: den Fremdenverkehr. Ab den 1970er-Jahren etablierte sich Appenhain als Urlaubsort, insbesondere für Urlauber aus städtischen Regionen. Viele Gäste kamen auch aus dem Ausland, etwa aus den Niederlanden oder aus Belgien.
Das Gesicht des Dorfes hat sich seit den 1960er-Jahre deutlich verändert. Auch wenn die Bevölkerungszahl mit ca. 60 Einwohnern relativ konstant blieb, stieg die Anzahl der Wohnhäuser um mehr als das Doppelte. Der 1967 von der Gemeinde als Neubaugebiet ausgewiesene „Haubengarten“ ist seit diesem Jahr vollständig bebaut.
Das „Seelenleben“ eines Dorfes wird auch durch Vereine geprägt, die zu Recht als die „Kraftquellen“ eines Dorfes gelten, deren Mitglieder oft durch ein unsichtbares Band der Solidarität miteinander verbunden sind. Vor diesem Hintergrund wurde auf Initiative des Ortsbeirates im April 2022 der „Dorf- und Kulturvereins Appenhain e.V.“ ins Leben gerufen. Dieser Verein verfolgt das Ziel, neben kulturellen Veranstaltungen und der Ortsverschönerung auch einen Beitrag zur Integration von Neubürgern in Appenhain zu leisten.
Gerade die jüngeren Generationen wünschten sich eine Neuauflage der traditionsreichen Kirmes, die letztmals in den 1980er-Jahren stattfand. 1985 fanden sich genügend motivierte Appenhainer, sodass die Distelkirmes wieder aufleben konnte. Gefeiert wurde auf dem alten Tanzplatz in der Haube, im stillgelegten Schießstand.
Auch 1987 und 1989 fanden sich noch genügend Unterstützer, um ein großes Fest zu organisieren. In den Folgejahren verließen allerdings gerade die Jüngeren den Ort und begannen eine Ausbildung, ein Studium oder veränderten sich beruflich. Die Kirmesaktivitäten ruhten fortan mehr als drei Jahrzehnte.
Die demografische Situation hat sich in den letzten Jahren erfreulicherweise verändert. Junge Familien bauten oder erwarben Wohnhäuser, sodass sich Appenhain zu einem jungen und attraktiven Ort entwickeln konnte. Mit Zunahme der Jüngeren stieg auch der Wunsch nach einer Kirmes im eigenen Dorf. Diese Idee wurde im Sommer 2021 an den Ortsbeirat herangetragen und fand letztlich umfassende Unterstützung in der Bevölkerung. Zwar stand der von Wald umsäumte Zeltplatz aus Brandschutzgründen nicht mehr zur Verfügung, aber wo ein Wille ist, da ist offensichtlich auch ein Weg. Nach langen Überlegungen findet das diesjährige Fest nun beim ehemaligen Kirmesburschen und heutigen Bürgermeister von Gilserberg, Rainer Barth, auf dem elterlichen Bauernhof statt. (Dr. Jochen Führer/pm)
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