Kultursommer: Pinocchio auf der Märchenbühne
GUDENSBERG. Mit dem Nordhessischen Kultursommer kam gestern die „Kleine Oper“ Bad Homburg auf die große Märchenbühne und sorgte mit rund 100 Kindern, die ihre Eltern mitgebracht hatten, für eine fast ausverkaufte Veranstaltung. Das ist im Post-Coronasommer eine ordentliche Leistung. Die Kinder bekamen ein Musical zu sehen und zu hören, speziell für sie geschrieben.
Halb gesungen, halb gesprochen erzählen die Darsteller die Geschichte und wollen Kindern damit die Musik näherbringen. Ein kleines Opernlexikon erklärt, was im Musiktheater passiert. Für Kinder gibt es – passend zur gegenwärtigen Zeit – sowieso kaum eine Geschichte, die so vieles lehrt und die so wunderschön passt, wie die von der kleinen Holzpuppe, deren Nase immer länger wird, wenn sie die Unwahrheit sagt. Weil sie zudem keine Lust zu nichts hat – außer auf das „leichte Leben“, ist es auch ein Lehrstück für Erwachsene, die immer auf die Wunderrezepte für den Easy Way Of Living und das Geldverdienen ohne Mühe warten und ständig bereit sind auf Botschaften von Glücksrittern hereinzufallen.
Nicht auf falsche Freunde hereinfallen
Die Geschichte kennt jedes Kind und alle, die mal Kinder gewesen sind. Pinocchio weiß mehr vom Leben als sein Papa und macht sich auf den Weg in die weite Welt. Verdient Geld und trifft auf allerlei zwielichtige Gesellen, die es nicht gut mit ihm meinen. „Warum glauben eigentlich alle Erwachsenen, dass sie Kindern immer und überall erklären müssen, was sie zu tun haben“, fragt Pinocchio. Und kennt natürlich auch die Antwort: “Wer klug ist hat keine Angst!“ Das gilt leider nicht, wenn jemand bloß altklug ist. Und selbst die Erkenntnis, nicht Lügen zu dürfen – weil die Nase wächst – nützt nichts, wenn man es bei allen anderen nicht merkt.
Kinder, die nicht lernen wollen und lieber denen vertrauen, die schöne und/oder schaurige Geschichten erzählen, weil das Leben und Geld verdienen möglichst leicht sein soll, lernen immerhin durch das Leben. Zum Beispiel, dass das Billige immer den höchsten Preis hat, das Einfache immer die meiste Zeit braucht und dass denen, die sich selbst nicht vertrauen, die meisten Menschen begegnen, denen man nicht vertrauen kann …
Am Ende ist man erst schlauer
So geht es Pinocchio ständig, aber am Ende ist man immer schlauer: „Wer Trauben klaut, stiehlt auch Hühner“! Die Geschichte mit dem Haifisch aus dem man wieder herausklettert und dann ist alles gut, kennen wir schon von Jona aus der Bibel. Wenn Pinocchio seinen Papa rettet, dann war der Lernprozess erfolgreich. Ein schönes Stück kindgerecht inszeniert vom Bad Homburger Ensemble und das nicht nur für Kinder. Für das Engagement war der Kultursommer Nordessen verantwortlich. (rs)