BORKEN/TREYSA. Wer sind wir? Was machen wir? Warum und mit welchem Ziel? Nein, die Mitarbeiter der Sozialen Rehabilitation Hephatas haben in den vergangenen Monaten kein Philosophiestudium durchlaufen. Sie haben sich aber mit ihrer Arbeit und deren Zielen neu auseinandergesetzt. Herausgekommen ist das „Sozialtherapeutische Wabenkonzept“.
„Das ist eine Art Bedienungsanleitung der Soziale Rehabilitation, für Mitarbeiter und Klienten. Das Wabenkonzept in dieser Art ist meiner Kenntnis nach branchenweit einmalig“, sagt Hephata-Geschäftsbereichsleiter Michael Tietze.
Er und Sozialpädagoge, Sozialtherapeut Claus Rothmaier haben das Konzept entwickelt. Erste Ideen dazu gab es bereits 2018, im vergangenen Jahr haben der Landeswohlfahrtsverband und die Heimaufsicht das Konzept für die erste Einrichtung, den Zechenhof in Borken-Nassenerfurth, freigegeben. Mittlerweile ist das Konzept für alle Einrichtungen der Sozialen Rehabilitation Hephatas genehmigt.
Das Wabenkonzept gliedert die sozialtherapeutische Arbeit in sechs Waben: „Soziale Absicherung“, „Soziale Einbindung“, „Psychische Stabilität“, „Individuelle Strategien“, „Sozialraumorientierung“ und „Körperliches Wohlbefinden“. Die Waben sind miteinander verbunden. Sie geben die gemeinsame verbindliche Haltung und Arbeitsweise im Geschäftsbereich wieder. Und sie dienen der Identifizierung und Umsetzung der persönlichen Ziele der Klienten. Innerhalb des Wabenmodells kann jede der rund 20 Einrichtungen der Sozialen Rehabilitation ihre Angebote individuell gestalten, ausgerichtet an den Bedarfen der jeweiligen Klienten.
„Wir fördern und begleiten Menschen mit sehr unterschiedlichen Einschränkungen und Problemen. Menschen mit chronisch-psychischen Erkrankungen brauchen ein anderes Angebotskonzept als Menschen mit einer chronischen Abhängigkeitserkrankung. Menschen in der Beratungsstelle für Jugend, Drogen und Sucht brauchen andere Unterstützung als wohnungslose Menschen“, sagt Claus Rothmaier. Und noch ein Aspekt ist wichtig: „Wir sehen die Klienten nicht nur mit ihren Einschränkungen, sondern auch mit ihren Ressourcen, die wir erhalten oder entwickeln wollen, und mit allen Themen, die zum Leben dazugehören.“
Ein neues Weltbild der Sozialarbeit zu entwerfen, sei dabei nicht das Ziel gewesen. Auch seien die Inhalte des Wabenkonzepts bereits vorher Teil der Arbeit gewesen, aber eben nicht in der dieser ausformulierten, detaillierten Verbindlichkeit. „Wir wollten den sich verändernden Anforderungen des Bundesteilhabegesetzes noch gerechter werden, noch mehr weg von einer Angebots-, hin zu einer Personenzentrierung kommen“, so Rothmaier. So ist das Wabenkonzept Teil der Teilhabeplanung jedes Klienten, die mit dem Konzept gemeinsam erarbeiteten Wege und Ziele werden dokumentiert und ausgewertet.
Im Alltag kann das so aussehen: Der Wabe „Körperliches Wohlbefinden“ liegt die Erkenntnis zu Grunde, dass Fitness und Sport helfen, Stress abzubauen, depressiven Stimmungen entgegenzuwirken und auch soziale Kompetenzen zu fördern. Die Umsetzung kann für die eine Klientin Nordic Walking bedeuten, für einen anderen Klienten Tischtennis oder Schwimmen. Also gucken Mitarbeiter und Klienten nach passenden Sportangeboten innerhalb oder außerhalb der Einrichtung. Die Wabe „Körperliches Wohlbefinden“ kann aber auch Ziele wie Raucherentwöhnung oder Kochkurse bedeuten.
Ähnlich vielfältig ist die Wabe „Soziale Einbindung“. Daraus kann sich für den einen Klienten eine tiergestützte Therapie ergeben, für eine andere Klientin können es Besuche im Hallenbad oder beim Flohmarkt sein. Drittes Beispiel ist die Wabe „Individuelle Strategien“. Hier formulieren Klienten in Beratungsgesprächen Antworten auf Fragen wie: Was tut mir gut? Was kann ich tun, anstatt Suchtmittel zu konsumieren? Oder: Wie kann ich einer entstehenden Krise entgegenwirken?, um einen persönlichen Notfallplan parat zu haben. Claus Rothmaier: „Ich glaube, noch personenzentrierter geht es fast nicht mehr!“ (pm)
Hintergrund
Unterstützung und Pflege von Menschen mit Behinderungen und Suchtkrankheiten. Die Soziale Rehabilitation bietet an 16 Orten: Wohnen, Wohn-Pflegeheime, Tagesstrukturen, Betreutes Wohnen und medizinische Rehabilitation. Außerdem geben fünf Bio-Landwirtschaften, eine Bio-Metzgerei und zwei weiteren Werkstätten 545 Menschen mit Behinderungen Arbeit.
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