Neun weitere Stolpersteine geplant – auch für zwei Widerständler
SPANGENBERG. Nach einer Pause von sieben Jahren hat sich nun die Stolperstein-Initiative Spangenberg erstmalig wieder getroffen, um die Verlegung von weiteren Stolpersteinen in der Liebenbachstadt vorzubereiten.
Bei zwei erfolgreichen Aktionen in den Jahren 2007 und 2008 waren bereits insgesamt 17 Steine zur Erinnerung an während der NS-Zeit ermordete Juden verlegt worden. Die Aktion geriet dann in den folgenden Jahren ins Stocken und scheiterte letztlich an der fehlenden Zustimmung der heutigen Hausbesitzer, die nach einem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung zwingende Voraussetzung war.
Der neue Ansatz nach langer Pause verspricht nun Erfolg. Für neun Steine an drei Stellen liegt die Zustimmung der heutigen Eigentümer bereits vor, sodass die Stolpersteinverlegung nach Kontaktaufnahme mit dem Künstler Gunter Demnig bereits fest auf den 8. Oktober dieses Jahres terminiert ist. „Wir wollen keine erneute Konfrontation mit den heutigen Hausbesitzern, sondern haben uns vorgenommen, dort zu verlegen, wo wir von vornherein Offenheit spüren. Und das ist mittlerweile an vielen Stellen so. Irrationale Ängste, die mit der Verlegung verbunden waren, haben sich im Laufe der Jahre als unbegründet herausgestellt“, so Dr. Dieter Vaupel, der Sprecher der Initiative.
In der Langen Gasse 14 sollen gleich sieben Stolpersteine für die Familie Hugo und Selma Spangenthal verlegt werden, die 1938 zunächst vor Diskriminierung und Judenhass aus der Kleinstadt nach Hamburg flohen und von dort noch rechtzeitig nach Buenos Aires/ Argentinien emigrieren konnten.
Ehrung für liberalen Bürgermeister Heinrich Stein und SPD-Mann Adam Schenk
Neu – und damit etwas ganz besonderes – ist, dass mit der Verlegung von Stolpersteinen auch zwei Menschen gewürdigt werden, die sich den nationalsozialistischen Ideenpolitisch widersetzten und deshalb leiden mussten: Heinrich Stein, der bis zum Jahr 1933 Bürgermeister in Spangenberg war und der Sozialdemokrat Adam Schenk.
Der Liberale Heinrich Stein war während der 1920er Jahre bereits sozialpolitisch hoch engagiert, bevor er 1930 bei heftiger Gegenwehr der damals schon in Spangenberg stark vertretenen NSDAP zum Bürgermeister gewählt wurde. Er hatte sich unter anderem als Vorsitzender des „Kleinhausbauvereins Eigene Scholle“ nach dem Ersten Weltkrieg dafür stark gemacht in schweren Zeiten sozial schwachen Familien zu bezahlbarem Wohnraum zu verhelfen. NSDAP-Ortsgruppenleiter Theobald Fenner trieb ihn durch Diffamierungen und Rufmordkampagnen aus dem Amt, das er dann selbst für 12 Jahre inne haben sollte. Nachdem die Diffamierungen weitergingen und auch noch SA vor Steins Haus patouillierte, nahm er sich im August 1933 verzweifelt das Leben.
Unter den massiven Schikanen der örtlichen NSDAP hatte auch Adam Schenk zu leiden. Er war seit den 1920er Jahren Stadtverordneter und Magistratsmitglied. Auch bei der Wahl vom März 1933, als Hitler bereits an der Macht war, wurde der SPD-Mann wieder in das Stadtparlament gewählt. Diese Mandate konnte er nie antreten, denn bereits vor der ersten Sitzung wurde er in „Schuthaft“ genommen und in die Walkemühle gebracht. Nach seiner Freilassung folgten weitere Schikanen und Verhaftungen. Als er dann der Wahl im November 1933 fernblieb, tobte am Abend der Nazimob vor seinem Haus und er musste sich für eine Weile bei seinem Bruder in Essen versteckt halten. Auch nach seiner Rückkehrließ man ihn nicht in Ruhe. 1944 kam er im Rahmen der „Aktion Gitter“ in das KZ Sachsenhausen. Schenk überlebte die NS-Zeit und wurde nach der Befreiung erster Bürgermeister Spangenbergs.
Auch für das Jahr 2022 hat man bereits einen weiteren Termin zur Verlegung von Stolpersteinen in Spangenberg ins Auge gefasst. Im Mai oder Juli ist geplant vor dem Haus in der Burgstraße 1 durch Stolpersteine an das Schicksal der jüdischen Familie Neuhaus zu erinnern, die in diesem Gebäude ein Manufakturwarengeschäft bis zu ihrer Flucht betrieb. Nachkommen der Familie aus San Francisco haben dazu Ihr Kommen zugesagt. „Und vielleicht kommen bis dahin noch weitere hinzu“, so Vaupel. (pm)
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