ZIEGENHAIN. So hatte er sich seinen Start in der Hephata-Werkstatt in Ziegenhain nicht vorgestellt: Der Arbeitsbeginn von Martin Burger fiel zusammen mit der pandemiebedingten Schließung der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen (WfbM) in ganz Hessen. Doch der neue Leiter der Abteilung Technische Fertigung der Hephata-WfbM nahm es sportlich und nutzte die Zeit, sich intensiv einzuarbeiten.
Wie sein Vorgänger Detlef Schwierzeck hat Burger sein Büro ganz oben, unterm Dach. Doch in den vergangenen Wochen und Monaten hat er sein Büro nur wenig gesehen, dafür aber umso mehr die Fertigungshalle der Werkstatt: „Ich habe selbst die große Fräsmaschine bedient“, sagt der 47-Jährige nicht ohne Stolz. Keine Frage: Die Maschinen in der Metallwerkstatt an der Feuerwache in Ziegenhain faszinieren ihn, aber mehr noch die Menschen, die daran arbeiten.
Burger ist gelernter Heilerziehungspfleger, vor 15 Jahren begann er seine Ausbildung an der Hephata-Akademie. Das Anerkennungsjahr als angehender Heilerziehungspfleger absolvierte er in der Beruflichen Bildung und in einem Praktikum in der Werkstatt am Lindenplatz, wo er auch Detlef Schwierzeck kennenlernte – den er nun, einige Jahre später, in seiner Funktion als Leiter der Technischen Fertigung beerbte.
Burger, der nach dem Abitur in Kirchhain zunächst Amerikanistik und Musikwissenschaften in Marburg und ein Jahr lang Posaune in Seattle studiert hat, bringt viel Lebenserfahrung mit in seine neue Führungsposition. Der Vater von vier Kindern, der heute in Obergrenzebach wohnt, kennt außerdem Hephata gut. Er hat bereits im Intensiv Betreuten Arbeiten (IBA) als Arbeitsgruppenleiter gearbeitet, bevor er am Programm „Leiten und Lernen“ der Hephata Diakonie teilnahm. „Dies hat mich ermutigt, mich auf die Stelle zu bewerben“, so Burger.
An seiner neuen Funktion schätzt Burger die „enorme Spannbreite“ der Tätigkeit. Dazu gehören einfache Dreh- und Fräsarbeiten, aber auch Metallverarbeitung auf industriell hochwertigem Niveau: Arbeiten für die Luftfahrt wie auch für Automobilzulieferer sowie Industriemontage für Solaranlagen-Hersteller.
Die erste Teamsitzung an der Feuerwache fiel pandemiebedingt aus, und noch immer kann von Normalität in der Werkstatt keine Rede sein. Obwohl fast vier Monate ohne Klienten, hat die Werkstatt dank der Leistung der Mitarbeiter und Produktionshelfer auch aus anderen Bereichen wichtige Aufträge erfüllt. Denn die Nachfrage gerade von Firmen für erneuerbare Energien war trotz Corona ungebremst. „Einige Kunden konnten anderweitig fertigen lassen, andere hatten weniger zu produzieren, doch gerade bei den erneuerbaren Energien ist das Auftragsvolumen noch gestiegen, trotz Corona.“
Burger ist als Abteilungsleiter verantwortlich für rund 100 Klienten und drei Dutzend Mitarbeiter. Unterschiedliche Gewerke und Professionen zu einem gemeinsamen Team zu formen sei „eine große Aufgabe, für die wir uns Zeit nehmen sollten“, so der 47-Jährige. „Wir müssen zusammen arbeiten, nicht gegeneinander“, ist der Abteilungsleiter überzeugt.
Für die Klienten zu arbeiten, bedeute jedoch auch, dass die Produktivität stimmen, die Entgelte der Beschäftigten erwirtschaftet werden und die Aufträge erfüllt werden müssten.“ Und trotzdem sei die Werkstatt in Ziegenhain in erster Linie ein Ort für Menschen mit geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen. Dolmetscher für beide Seiten des Pendels zu sein, „das Team in der Waage zu halten“ – und immer ein offenes Ohr für Klienten und Mitarbeiter zu haben – dies sind die Ziele des neuen Abteilungsleiters. (pm)
Das Bild: Martin Burger, neuer Abteilungsleiter Technische Fertigung, packt mit an, wenn Aufträge wie diese Dachkonstruktionen für Solaranlagen erfüllt werden müssen.
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