Löwe, Nashorn und Erdmännchen im Schwalm-Rückhaltebecken
SCHWALMSTADT. Hakuna Matata, So ist das Leben, Et kütt wie et kütt, C‘est la vie, such is life, wat shall dat? … Wer ab Freitg nichts ahnend durch die Schwalmwiesen im Rückhaltebecken schlendert, nichts Böses ahnt und wem der Sinn – frei nach Goethe – auch nicht nach Suchen steht, könnte genauso überrascht sein, wie der Dichter anno 1788 im Park an der Ilm in Weimar.
Ideen für das Stadtmarketing hat es in Schwalmstadt schon viele gegeben, wenige fanden eine Lobby, viele wurden von der allgegenwärtigen Tradition und Geschichtstreue überwuchert und haben schließlich nicht überlebt. Es hat aber auch immer mutige Typen gegeben, die sich was getraut haben. Als Gerhard Reidt vor einigen Jahren Mike den Bademeister auf den Weihnachtsmarkt holte und später den Weihnachtbaum nicht im Zentrum des Platzes zentrierte, war das Geschrei riesig, der Besucherandrang aber noch größer als sonst…
Nur Rotkäppchen, Festung und Konfirmation?
Natürlich muss sich nicht das gesamte Stadtmarketing in Schwalmstadt an Rotkäppchen und Konfirmation ausrichten. Irgendwann, spätestens wenn die Kinder aus dem Haus sind und die Enkelkinder noch nicht da oder auch schon zu groß, verlieren Rotkäppchen und der Wolf ein bisschen an Bedeutung. Und Konfirmationsstadt? Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, dass es mich während des Konfirmationsunterrichtes auch nur im Geringsten interessiert hätte, wo die Konfirmation erfunden wurde und ob sie überhaupt irgendwann erfunden wurde oder sie nicht eigentlich immer da war, um mich von den – in der Pubertät – brennend wichtigen Fragen des Lebens fernzuhalten…
OK, das ist allerdings jetzt ganz anders und zugegeben – im wahrsten Sinne des Wortes – weit hergeholt. Was hier definitiv noch nie da war, das sind wilde Tiere. Also, wenn wir von Kreuzottern, Kreuzspinnen, Hornissen und wilden Bienen mal absehen. Wolf und Luchs haben sich noch nicht durchgesetzt. Aber jetzt gibt es in der Schwalm-Savanne, dem noch nicht vollständig renaturierten Biotop zwischen Treysa, Sauren Wiesen, Ziegenhain und Ascherode, Alu-Dibond-Tafeln mit Löwen, Nashörnern, Nilpferden, Erdmännchen oder Zebras und sogar Affen auf den Bäumen. Ein Strauß hat sich aus Australien zwischen die afrikanische Tierwelt verirrt.
Schwalm statt Safari
Schwalm statt Safari, so nennt sich das Projekt der Wirtschaftsförderung, das heute per Segway, E-Bike oder Bürgerbus erkundet werden durfte. Artig erklärten Bürgermeister Stefan Pinhard und Stadtmanager Achim Nehrenberg, was hinter der Idee steckt. Es klingt ein bisschen so, als wäre erst die Idee da gewesen, dann die Bilder und dann die Begründungen für die Idee und die Bilder. Kann das sein? So ganz klar wird nicht, warum das jetzt ein alternativloses Projekt ist. Zumindest entsteht nicht der Eindruck, die Tiere hätten sich aufgedrängt.
Das ist am Ende aber auch völlig egal. Natürlich würden Märchenfiguren in der 1348sten Version in Nordhessen niemanden mehr begeistern oder – auf Alu-Dibond – nach Schwalmstadt locken. Die wilden Tiere aus der Region kann man live, also lebendig in den vier nordhessischen Wildparks besuchen gehen. Also…
Pinhard: Den Kindern soll es Spaß machen!
Das Rückhaltebecken drängt sich auf, findet der Bürgermeister. Es fehle schließlich an Motivationsgebern zwischen Kassel und Marburg. Vor allem für die Kinder sei das gedacht und so formulierte das Stadtoberhaupt mit Blick auf die Pressekritik: „Der Wurm muss nicht dem Angler schmecken, sondern dem Fisch… Er erinnert sich, wie schön sein Nachwuchs „König der Löwen“ fand. Die heute versammelten Kindergartenkinder hatten jedenfalls Spaß bei der Eröffnung!
Aus einer Schwälmer Mücke sei im Vorfeld ein afrikanischer Elefant gemacht worden, sagte Stefan Pinhard. Spott? Kann er ertragen! Vor allem dann, wenn Menschen schon urteilen bevor etwas fertig ist und nicht abwarten, wie es wirklich aussieht. „Heute ist der Start!“
Ein Gesamtkonzept, ein Roter Faden wäre noch schön…
Der musikalische Wanderweg in Gudensberg beispielsweise hat auch nichts mit der Stadtgeschichte und den typischen Chattengau-Symbolen zu tun, die vielen Ars Natura Kunst-Wanderwege sind durchweg kein „Mainstream“ und nie ortstypisch, aber alle diese Projekte haben überall Begeisterung hervorgerufen. In der Schwalm wird grundsätzlich das, was anders ist zunächst erst einmal mit Häme bedacht und jede/r Politiker/in glaubt fest daran, man hätte auch ihn/sie fragen müssen. Er hätte die Wahrheit gewusst.
Was in der Tat fehlt, ist so etwas wie ein Gesamtkonzept im Stadtmarketing, eine Leitschnur, der man folgen kann. Aber zunächst steht das Getier zwei Monate lang, dann ist Winter und die Viecher kommen in den Stall. Ob sie jemals wieder rauskommen?
4 Kilometer Tiere und Tierlaute
Die Abstimmung erfolgt jetzt mit den Füßen. Der Rundkurs hat eine Länge von vier Kilometern, führt vorbei an 10 Stationen mit 12 Tieren. Über QR-Code können die Tierlaute abgerufen werden, die Naturschutzbehörde hat alles genehmigt. 5.000 Euro haben die „Wilden Tiere“ wohl gekostet, das wird die Stadt verschmerzen können.
Wer weiß, vielleicht gibt es im Dezember Eisbären und Schneeleoparden zwischen den Büschen und Pinguine auf der zugefrorenen Schwalm? Zum 1. April lädt Herr Nehrenberg dann zur Eisschollensafari bei Einstau nach der Schneeschmelze ein? (Rainer Sander)
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10 Kommentare
WARUM afrikanische Tiere????
Ist es nicht ein Naturschutzgebiet?
WARUM werden nicht Infotafeln und, von mir aus, auch Papptiere von den dort lebenden Tieren ausgestellt???
Da wußte wohl der Herr Stadtmanager nicht wohin mit seinem Etat!?
Traurig….einfach nur traurig.
Da hat wohl jemand seinen lang gehegten Traum, eine Safari in Südafrika zu erleben, mit Steuergeldern in den heimischen Wiesen nachgebaut. Hätte man ihm doch lieber für die 5000 Euro ein one way Flugticket gekauft, dann könnte man weiteren Schaden in der Heimat abwenden.
Mal ehrlich, Pappschilder sind einfach nur anno 1960. Heutzutage muss man sowas schon mit Computeranimierten 3D-Hologrammen machen, um die Bürger zu begeistern.
Vielleicht kann man mit den tierischen Pappkameraden ein paar Kindergartenkinder bespaßen, jedenfalls beim ersten mal, dann wird es auch denen langweilig. Ansonsten ist die Aktion einfach nur lächerlich. Was verdient eigentlich so ein Stadtmanager in Schwalmstadt?
Lachhaft…Ohne Worte.
Vielleicht sollte es mal eine Safari mit einheimischen Tieren geben……da können die Kinder zum Beispiel mal lernen was hier für Tiere leben.
Dieser Posten ist fehl besetzt wie so manch anderer auch hier in der Stadt.
Lachhaft diese Stadt und ihre…
Wenn jetzt noch die eine oder andere Bank mit Mülleimern in gewissen Abständen dort zu finden wäre, könnte nicht nur die ältere Generation ein wenig verweilen und den einen oder anderen Rest fachgerecht entsorgen. Bei Hochwasser müssten die Bänke halt kurzfristig reingeholt werden.
die verantwortlichen der stadt sollte man mit ihrem privatvermögen dafür haftbar machen.
der stadtmanager ist absolut sein geld NICHT wert.
Ich bitte um Korrektur, ich habe zwar den Strauss noch nicht gesehen aber es gibt auch den Afrikanischen Strauss 😁
Es ist wirklich eine Schande für was die Stadt Geld ausgibt.
Bürger die seit Jahren um ihr Hab und Gut kämpfen werden vernachlässigt und ignoriert, Ortstermine werden verweigert und Häuser verfallen gelassen. So dass Nachbarn um ihr Eigentum bangen müssen.
Die Stadt hat nicht mal ne halbe Stunde Zeit um sich das betreffende Haus anzusehen, geschweige denn kommt sie ihrer Sicherungspflicht seit Jahren nicht nach.
Für solche Aktionen hat die Stadt Geld übrig, aber für den Erhalt unseres Nachbarhauses ist kein Geld da. Seit Jahren kämpfen wir darum das die Stadt sich um unser Nachbarhaus kümmert, aber dafür haben sie weder Geld noch Zeit und unser denkmalgeschütztes Fachwerkhaus muss darunter leiden. Schade das die Wasserfestung und ihre Bewohner so vernachlässigt werden. 😢
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