SCHWALMSTADT. Morgen vor drei Jahren, am 24. November 2016 wurde Stefan Pinhard in sein Amt als Bürgermeister eingeführt. Damit endet heute die erste Halbzeit seiner sechsjährigen Amtszeit. Das, so lehrt die Statistik, ist meistens die produktivere Hälfte.
In Schwalmstadt passiert viel, das ist erkennbar. Einige sagen, es geschieht wegen Stefan Pinhard, andere, es passiere trotz Stefan Pinhard. Erkennbar ist, dass der Bürgermeister wenig Freunde in der Stadtverordnetenversammlung hat und sein Gesichtsausdruck währen der Sitzungen verrät, dass er auch wenig Freude daran hat. Umgekehrt ist das tatsächlich nicht anders. Nur wenige Stadtverordnete empfinden die Wahl der Bürger als eine glückliche Wahl.
Und da liegt der Hase im Pfeffer. Die Bürger haben ihren Bürgermeister gewählt und die sechs Parteien im Stadtparlament müssen damit klarkommen. SPD, CDU, FWG und FDP hätten natürlich gerne den jeweils eigenen Kandidaten im Amt gesehen. Die meisten Fraktionen gaben sich offen und doch war klar, diesen Bürgermeister wollte niemand wirklich haben. Offenheit heißt dann meistens, „wir sind offen, Hauptsache er macht, was wir wollen.“ Dass er das nicht macht, hat er vor der Wahl gesagt: „Ohne Parteibindung steht für mich der einzelne Mensch im Vordergrund. Parteien oder Machtansprüche sollten nicht die Hauptanliegen von Politik sein!“
Das sollte aber respektvoll und ohne Zank funktionieren: „Streit lähmt und viele Kompromisse verändern nichts, weil sie kraftlos sind. Schwalmstadt braucht einen Vordenker und zugleich sorgfältigen Verwalter.“ Das war eine mutige und selbstbewusste Aussage, hinter der man einen Typ vermutet, der wie eine „Eins“ steht und selbstbewusst vertritt, was er vorhat und andere mit Selbstverständlichkeit daran teilhaben lässt. Menschen können ja nur mögen, was sie kennen. Um zu Glauben, bedarf es eines Gottes und göttlich ist Stefan Pinhard ja nun wirklich nicht. Was auch keiner ernsthaft erwartet, auch wenn er schon einen Elektromarkt hätte in der Tasche haben können, außerdem ein Innenstadtkonzept, das allen gefällt und ein Stadtentwicklungsprogramm, das ökologisch akkurat, sozial ausgewogen, liberal geprägt und marktwirtschaftlich effizient ist. Dann wären auch alle dafür!
Gut, das hat in den letzten 30 in Schwalmstadt bei niemandem so richtig funktioniert und die beiden Alternativen für Schwalmstadt hätten erst einmal mehr liefern müssen. Nun sagt er aber auch seit drei Jahren nicht, was er denn so alles macht. Also überrascht er uns gelegentlich, wie vergangene Woche mit allerlei Ideen zum Stadtmarketing. Und wenn es dann aus heiterem Himmel Fantasien schneit, die – sagen wir mal – gewöhnungsbedürftig sind, dann ist Ablehnung wahrscheinlicher als Zustimmung. 40.000 Euro für die Image-Kampagne #entdeckeschwalmstadt haben 280 Follower bei Instagram gebracht. Das sind 142 Euro pro Follower. Manche hätten da auch für 50 Euro Bargeld „gelikt“. Mit Cash hätte man vielleicht 3 Mal so viele Likes bekommen können…
Im Wahlkampf hat Herr Pinhard einiges angekündigt: „Sollten die Wähler mir das Vertrauen aussprechen, werde ich in allen Sachfragen den Dialog führen und ganz sicher tragfähige Mehrheiten finden!“ Wow! So stand es in einer Pressemitteilung, die nh24 veröffentlicht hat. „Ich stehe für einen neuen Politikstil in Schwalmstadt. Bevor Entscheidungen getroffen werden, müssen die Menschen und Politiker miteinander reden. Dazu will ich alle Bürgerinnen und Bürger einladen.“ Ja! In einem Video hat der das dann auch noch näher erklärt: „Ich will regelmäßige Bürgersprechstunden und Bürgerversammlungen.“ Aber auch warum das so sein sollte, hat er verraten: „Ich finanziere meinen Wahlkampf selbst und ohne Spenden. Deshalb bin ich auch nach der Wahl weder einer Partei noch einer Lobby verpflichtet, nur Ihnen gegenüber, den Bürgerinnen und Bürgern, wenn Sie mich wählen.“
Diese (Vor-)Leistung haben sie bekanntlich erbracht, jetzt wäre in der zweiten Halbzeit nun also der Bürgermeister dran.
Ihr
Rainer Sander