Kräuterwanderung mit Anna Hutter
MÄRCHENSTRASSE | FRITZLAR. Kräuterweiber waren mit Kiepe oder Kötze sowie allerlei Gefäßen und Utensilien unterwegs. Sie sammelten Kräuter, fertigten Tinkturen, Kräuteressige und leckere Speisen. Sie wussten, was gut tut und vor allem, dass gegen Verstopfung, Gicht oder Erkältungen Kräuter gewachsen sind.
Für das Nordhessische Märchenfest „7 auf einen Streich“ hat das Stadtmarketing Fritzlar am Samstag ein Kräuterweib aus dem Mittelalter geholt, um altes Wissen aus der Märchenzeit zu erklären. Anna Hutter aus der Dom- und Kaiserstadt ist seit vielen Jahren als Kräuterweib auf Märkten und Veranstaltungen unterwegs, schreibt Bücher und weiß vieles über die Natur und ihre Heilkräfte. Wissen, über das heute nur noch wenige verfügen. Schreiben und Lesen konnten die Kräuterweiber nicht. Dieses Wissen war dem Adel und dem Klerus vorbehalten. Schulbildung gab es nicht. Altes Wissen wurde, wie bei Kelten und Germanen, ausschließlich mündlich überliefert. Dafür war der Feinschmecker, ein Adliger gleich mitgekommen.
Was die Brennnessel alles kann
Die erste Pflanze, die den etwa 15 Besuchern auf dem Spaziergang hinter dem Schwimmbad begegnet – und das reichlich – ist die Brennnessel. Sie hieß bei den Germanen noch Donarnessel, benannt nach Gott Donar, dessen Eiche Bonifatius im 8. Jahrhundert in Fritzlar gefällt hat. Sie wuchs überall, schmeckt nicht so stark würzig, wie andere Kräuter und ist immer das erste „Gemüse“ im Jahr. Sie wird zubereitet wie Spinat zu Fleisch oder als Salat genossen. Früher wurde daraus sogar Bier gebraut. Brennnessel und Brennnesselsamen sind reinigend und gelten als Aphrodisiakum. Tee gab es im Mittelalter allerdings noch nicht, denn das Wasser war nicht so sauber wie heute. Es wurde Dünnbier getrunken oder Kräuter in Rotwein angesetzt. Auch die Kinder bekamen das schon.
Anna Hutter erklärt, wie man Brennnesseln pflückt, ohne dass es brennt. Die Brennfäden müssen in Faserrichtung abgestrichen werden. Übrigens soll ein Brennnesselbad die Haut schön machen und als Potenzmittel hilft sie auch, schließlich fördert sie die Durchblutung. Aber das, weiß das Kräuterweib, ist mit Brennen verbunden…
Der Giersch – Kraut oder Unkraut?
Den Giersch mögen heutige Hobbygärtner und Hausbesitzer nicht mehr so gerne. Er gilt als Unkraut. Im Mittelalter sagte man noch: „Esst viel Giersch, dann könnt ihr springen wie ein Hirsch!“ Das Kraut hilft gegen „70 Wandernde Gichtarten“. Früher war alles Gicht, ob Rheuma, Arthrose oder Arthritis. Gegessen werden nur die ganz kleinen, jungen Blätter Man kann sie in Essig ansetzen, Kochen oder als Salat genießen, auch gut mit der Brennnessel zusammen. Selbst die Blüten kann man essen. Wie wird, man ihm dennoch Herr wird, wenn er überhandnimmt? Anna Hutter weiß die Tricks: „Man redet mit ihm oder macht die Blätter ab, dann verschwindet er…“
Löwenzahn gab es zwar im Mittelalter hier noch nicht, aber man kann alles daran essen: „Bitter ist gut für den Körper, es regt die Säfte und den Appetit an, man kann besser verdauen und die Winde gehen besser ab. Vor allem morgens macht er wach. Langsam geht es weiter, denn es gibt viel zu erzählen. Vom Knoblauchskraut, dass nach Senf schmeckt, vom Klettenlabkraut, das die Lymphen anregt, oder vom Wegerich, dem König der Wege. Bei Insektenstichen ist er ganz stark. Der lila blühende Gundermann oder Donnerkraut (wieder benannt nach dem Donnergott), schützt vor Blitzen und ist gut für die Haut.
Mehr Termine
Wer auch noch wissen will, für was Ehrenpreis oder Männerkraut ist, wie lange Männer treu sind, bei was Sauerampfer gut ist und wann er schadet, wie Frauenmantel aussieht, für was Holunder gut oder schlecht ist und was sonst noch auf den Wiesen und am Wegesrand wächst, hat am 8. Juni eine weitere Möglichkeit zu einem Kräuterspaziergang mit Anna Hutter und dem Feinschmecker Armin Hutter. Auch am 15. Juni sind Anna und Armin Hutter wieder hinter dem Schwimmbad unterwegs und am 22. Juni im Schloss Hirschgarten (Nassenerfurth). Am 7. Juli ladt sie ein zu einem Seminar über Alte Hausmittel im Naturzentrum Wildpark Knüll ein. Alles weitere unter www.haggefluester.de. (rs)