KASSEL. Die MT Melsungen hat das Verfolgerduell um Platz fünf gegen den Tabellennachbarn Füchse Berlin mit 26:22 (12:8) gewonnen. Einmal mehr angetrieben vom überragenden zehnfachen Torschützen Lasse Mikkelsen und getragen vom begeisterten Publikum in der restlos ausverkauften Kasseler Rothenbach-Halle.
Zweimal legten die Nordhessen sechs Tore zwischen sich und den Kontrahenten, aber Berlin kämpfte sich immer wieder zurück und war zehn Minuten vor dem Ende drauf und dran, noch eine Wende herbeizuführen. Weil in den entscheidenden Momenten die Abwehr mit einem starken Nebojsa Simic dahinter hielt und auch die Außen Reichmann und Kunkel trafen, blieben die Punkte dennoch in Nordhessen. Daran änderten auch acht Tore durch Hans Lindberg nichts von denen er sieben per Siebenmeter erzielte.
Es war klar, dass bei den Vorgeschichten zum Anpfiff die große Frage sein würde, wer denn nun auflaufen kann und wer nicht. Und während die zuletzt fraglichen Akteure der MT zumindest im Aufgebot standen, fehlte dort auf Berliner Seite Fabian Wiede. Eine weitere Schwächung also für die ohnehin gebeutelten Füchse in diesem Duell der Tabellennachbarn. Umso erstaunlicher, dass die Füchse dennoch den besseren Start erwischten. Jacob Holm und Mattias Zachrisson sorgte für eine 2:0-Führung (3.). Die von den Rot-Weißen nach zwei ganz starken Paraden von Nebojsa Simic jeweils gegen Mijajlo Marsenic vom Kreis flugs in einen eigenen Vorteil gewandelt wurde: Michael Müller traf zum 3:2 (6.).
Für den ersten echten Aufreger sorgte eine Szene in der siebten Minute. Nebojsa Simic hatte einen weiten Pass nach vorn gespielt, der eigentlich zu hoch war für Yves Kunkel. Der stieg trotzdem hoch und prallte mit Silvio Heinevetter zusammen, der den Ball abfangen wollte und dafür seinen Sechsmeterraum verließ. Auf die Strafe dafür, den Roten Karton, warteten alle vergeblich. Dafür bekam Michael Müller zwei Minuten aufgebrummt. Die Volksseele kochte, der sonst stets offensive Heinevetter hielt sich ungewohnt still im Hintergrund. Die Antwort der N war bemerkenswert: Hinten hielt der Fünferverband dicht, vorn sorgte ein zusätzlicher Feldspieler für den gewohnten Druck. Zweimal setzte sich Lasse Mikkelsen klasse durch, zweimal zappelte das Leder im Netz: 5:2 (10.)
Mit diesem Rückenwind ließ es sich gut spielen. Insbesondere Lasse Mikkelsen glänzte weiter als umsichtiger Regisseur, wenn nicht schon das blitzschnelle Umschaltspiel für Erfolg gesorgt hatte. Das funktionierte nämlich prächtig. Ob über die erste Welle mit dem an den Kreis rückenden Finn Lemke, der von dort zum 8:5 traf (14.) oder gleich nach Ballgewinn aus der eigenen Hälfte wie von Yves Kunkel zum 9:5 eine Minute später, als Jakov Gojun eine Strafe absaß und das Berliner Tor leer war. Selbst eine Auszeit von Velimir Petkovic änderte nichts am Spiel, die Melsunger waren im Flow und erhöhten, natürlich über einen schnell gestarteten Gegenstoß, durch Tobias Reichmann auf 11:5 (21.).
Erst danach fanden die Hauptstädter zurück ins Geschehen. Über zwei feine Paraden von Silvio Heinevetter und zwei Tore durch Bjarki Elisson zum 11:7 (24.). Ein gehaltener Reichmann-Siebenmeter von Heinevetter und ein verwandelter Strafwurf von Hans Lindberg auf der Gegenseite brachten wieder Spannung hinein. Im Melsunger Getriebe dagegen knirschte es auffällig. Berlins aggressive 6:0-Deckung arbeitete im Gegensatz zum Spielbeginn hervorragend mit Heinevetter zusammen und der bedankte sich mit einigen feinen Paraden. Was in den Anfangsminuten als Offensivfeuerwerk begonnen hatte, entwickelte sich zur Halbzeitpause hin zu packenden Abwehrschlacht auf beiden Seiten, in der allein Lasse Mikkelsen seinen fünften Treffer zum 12:8 landen konnte (29.).
Mit einer klasse Körpertäuschung die ihm das 13:8 direkt vom Kreis ermöglichte, eröffnete Roman Sidorowicz den zweiten Durchgang fulminant. Etwas filigraner stellte es Mijajlo Marsenic, ebenfalls vom Kreis, beim ersten Füchse-Treffer nach dem Seitenwechsel an. Die zwei folgenden Sahnestücke von Lasse Mikkelsen ließen den Vorsprung dann schnell wieder auf sechs anwachsen (15:9, 33.). Der Däne knüpfte nahtlos an seine bisherigen Leistungen an und war einmal mehr sowohl Dreh- und Angelpunkt als auch mit Abstand torgefährlichster Melsunger. Sein ansatzloser Schlagwurf zum 17:10 war bereits sein achter Streich (37.).
Berlin versuchte es mittlerweile mit einer variablen 5:1-Deckung. Mal stand Tim Matthes Mikkelsen auf den Füßen, mal Sidorowicz. Zusätzlich nahm Velimir Petkovic schon früh in dieser zweiten Halbzeit wieder eine Auszeit. Malte Semisch kam für Heinevetter zwischen die Pfosten und sein Angriff machte es danach tatsächlich etwas besser gegen die an diesem Abend äußerst stabile Melsunger Mauer. Hans Lindberg traf von der Siebenmeterlinie, Paul Drux traf nach fast zehn Minuten mal wieder aus dem Feld zum 18:12, dem Mattias Zachrisson das 18:13 gleich folgen ließ. Als auch der nächste Melsunger Versuch ins Leere lief und Lindberg den nächsten Strafwurf verwandelte, war Heiko Grimm dran mit der Grünen Karte (44.).
Es war eine kritische Phase für die Hausherren, bei denen erst Finn Lemke auf die Bank musste, dann auch Lasse Mikkelsen. Lindberg wieder vom Punkt zum 18:15 und ohne den Spielmacher der Ideen beraubt – die MT schwamm etwas. Fand aber mit Tobias Reichmanns 19:15, noch immer in Unterzahl, gerade rechtzeitig wieder in die Spur zurück (46.). Zeitweise fanden sich Mikkelsen und Sidorowicz in doppelter Manndeckung wieder, was dann aber Michael Müller zum Durchbruch nutzte – 20:16 (48.). Berliner Tore fielen mittlerweile fast nur noch durch Hans Lindberg. Nach zuvor sechs Siebenmetern traf er auch erstmals aus dem Feld zum 20:17 (50.).
Noch immer war Lasse Mikkelsen durch Tim Matthes weitgehend aus dem Spiel genommen, immer noch fehlten dadurch die zündenden Ideen. Michael Müller versuchte es mit einem riskanten Diagonalpass auf Yves Kunkel, aber der ging schief. Mattias Zachrisson nutzte das im Gegenzug zum 21:20, Berlin war wieder dran (53.). Es war bezeichnend, dass es wieder Mikkelsen war, der die MT zurückholte. Eine Wurftäuschung, eine dadurch geöffnete Lücke und Malte Semisch am Boden – 22:20. Ein Wirkungstreffer ganz klar, denn gleich in der nächsten Aktion angelte sich Tobias Reichmann das Spielgerät, lief den Tempogegenstoß gemeinsam mit Finn Lemke und dem letztendlichen Torschützen Yves Kunkel – 23:20 (55.).
Schließlich war es wieder Melsungens Spielgestalter, der den Deckel draufmachte. Es gab Siebenmeter, Heinevetter kehrte aufs Feld zurück und ließ nichts unversucht, die 15 der MT nervös zu machen. Was nicht im Geringsten gelang. Kurz, trocken und völlig humorlos schlug der Ball im rechten oberen Eck zum 24:20 ein, das Volk tobte. Dass er seinen letzten Siebenmeter ebenfalls nur ans Holz setzte, tat dem Jubel keinen Abbruch mehr. Und als Roman Sidorowicz Sekunden vor dem Abpfiff den Schlusspunkt setzte, erbebte die Rothenbach-Halle in ihren Grundfesten, schallten die Gesänge „Oh, wie ist das schön“ ohrenbetäubend von den Rängen.
Stimmen zum Spiel
Heiko Grimm:
Ich denke es hat jeder gesehen, dass wir in der ersten Halbzeit eine sehr gute Abwehr gespielt haben. Jeder hat seinen Job erfüllt. Und deshalb haben wir die erste Hälfte auch dominiert. So ist das manchmal. Da kommt eine Spitzenmannschaft wie die Füchse, du spielst dich in einen Rausch und hast plötzlich was zu verlieren. Das ist dann irgendwann reine Kopfsache. Aber ich habe das Vertrauen in meine Mannschaft gehabt, ebenso wie in Göppingen schon. Das war ein super Teamgeist, ich kann die Mannschaft dafür nur loben. Vielleicht war es dann in der zweiten Halbzeit auch ein kleines Kraftproblem, aber was soll’s – wir haben gewonnen. Vorhin wurde ich nach Zielen gefragt. Wir haben jetzt in der Mannschaft schon lange nicht mehr über irgendwelche Ziele gesprochen, und das ist gut so.
Velimir Petkovic:
Herzlichen Glückwunsch an Melsungen, das war ein hochverdienter Sieg. Wir wissen, dass das hier immer ein hartes spiel ist Um hier Erfolg zu haben musst du immer auch die Schiris dazu haben. Die haben heute eine überragende Leistung geboten, ebenso wie das Kampfgericht.
Axel Geerken:
Wenn man im Spiel plötzlich nur noch einen vor ist und Berlin die Chance zum Ausgleich hat, wird man schon etwas nervös. Aber wie auch Heiko hatte ich das Zutrauen zur Mannschaft, dass wir auch mal wieder treffen werden. Nichtsdestotrotz haben wir in genau dieser Phase auch zu viel liegen gelassen. Und Berlin bekam Oberwasser. Jetzt sind wir glücklich, dass wir gewonnen und zu Berlin aufgeschlossen haben.
Volker Zerbe:
Auch von mir Glückwunsch an Melsungen zum verdienten Sieg. Sicher sind wir hergefahren um zu gewinnen. Wir haben auch immer Lösungen gesucht und von mir ein Kompliment, wie die Mannschaft das gelöst hat. Trotzdem müssen wir schauen, wo wir Fehler hatten. Schade, dass wir nicht einmal im Spiel wirklich das Momentum hatten. Aber hier ist immer eine besondere Stimmung, die es schwer macht.
Zuschauer: 4.300 in der Rothenbach-Halle, Kassel (ausverkauft).
Die nächsten Spiele:
SO, 24.03.19, 16:00 Uhr, SC DHfK Leipzig – MT Melsungen, Arena Leipzig
SA, 30.03.19, 20:30 Uhr, MT Melsungen – TVB 1898 Stuttgart, Rothenbach-Halle