Die Region trifft sich – die Region erinnert sich
KASSEL | KAUFUNGEN. Die Kasseler Sparkasse hatte zu ihrer Traditionsveranstaltung gebeten: „Die Region trifft sich – Die Region erinnert sich“, heißt es einmal im Jahr und am Dienstagabend schien die Hauptstelle in der Wolfsschlucht aus den Nähten zu platzen.
Kaum ein Durchkommen gab’s, als der Vorstandsvorsitzende Ingo Buchholz die 800 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Kunst, Sport, Kirche und Gesellschaft in das Hessen vor 500 Jahren einlud. Vor genau 500 Jahren – also 1518 – erklärte Kaiser Maximilian I. Landgraf Philipp I. von Hessen mit 13½ Jahren von für mündig. Ein Jahr später schickte er Mutti zum Teufel, krempelte die Ärmel hoch und begann das Land allein zu regieren…
Nicht ganz allein, denn das ging in diesem Alter natürlich mit der Gewissheit, ein paar richtige „Haudegen“, gestandene Typen, an seiner Seite zu haben. Die Ritter waren solche „echten Kerle“. Das Mittelalter war nicht nur dunkel, erklärte Ingo Buchholz. Es gab natürlich auch Licht. Gehörten die Ritter zum Licht? „Rittertum war Männersache“, so lautete immerhin das klare Resümee des Chefs der Kasseler Sparkasse. Eine Feststellung, die übrigens ausnahmslos auch auf die Vorstände in den nordhessischen Sparkassen zutrifft… Das war aber nun wirklich gar kein Thema.
Landgraf Philipp I. als Zeitzeuge
Dekoriert mit den Wappen der Althessischen Rittergeschlechter präsentierte sich die Sparkasse und selbst das S-Logo stand auf einem Schild verewigt vor dem Rednerpult. Für die Brücke in die Gegenwart sorgte das Bläser-Quintett des Heeresmusikkorps Kassel. Dann erschien der Regent aus der Geschichte Hessens und erzählte als Zeitzeuge, wie es so zuging bei den Rittern: Selbst aus der eigenen Familie drohte bei Neid und Missgunst Lebensgefahr. Die Ritter mussten sich einem Fürsten verpflichten, konnten nie unbewaffnet aus dem Haus gehen und die, die sie ernährten, waren arme Bauern, denen sie Land verpachteten.
Waren die Fürsten und ihre Ritter zu streng, gab es Krieg, waren sie zu sanft, gab es Chaos. Eine sehr einfache Weisheit, die übrigens auch heute noch irgendwie gilt, selbst wenn sie bis in die Gegenwart nicht von allen verstanden wird.
Das Wertvollste mitnehmen
Und manchmal musste man sich verbünden, auch wenn es wenig Gemeinsamkeiten gab, wie zwischen dem Reformationsförderer Philipp und dem Erzbischof von Mainz. Sie umstellten einst gemeinsam die Weidelsburg (bei Naumburg) und gaben der Frau des eigenbrötlerischen Ritters Reinhard, Agnes, freies Geleit und die Zusicherung, ihr wertvollstes mitnehmen zu dürfen. Das war in dieser Zeit natürlich ihr Ritter auf dem Rücken…
Eine Geschichte, die sich Erzählungen nach übrigens nicht nur auf der Weidelsburg zugetragen haben soll, so wie die Kirchenglocke als wertvollstes Gut, auch nicht bloß in einem See bei Schilda versenkt wurde. Kirchenglocken hat Philipp zwar nicht im See versenkt, doch als der Reformationsanhänger die Klöster nicht mehr brauchte, fasste er zwei davon in Kaufungen und Wetter zur ersten Hessischen Stiftung zusammen und übergab sie seinen Rittern zu treuen Händen. Das schilderte Daniel von Trausnitz, bekannt als Isenbart von Berlepsch – auch ein Rittergeschlecht – sehr plastisch und tat zum Schluss die Geschichte vom Pappelwappenklaperritter kund. Dafür erntete er reichlich „Handgeklapper“!
Buch erscheint nächste Woche
Und warum das Ganze? Die Kasseler Sparkasse kündigte damit ein Buch über die die Althessische Ritterschaft und das Stift Kaufungen an, das nächste Woche erscheint und am Montag im Stift Kaufungen vorgestellt wird. Herausgeber ist Kassels früherer Landrat Dr. Udo Schlitzberger, der es mit zahlreichen Autoren aus Nordhessen – unter anderem nh24-Redakteur Rainer Sander – geschrieben hat. Es sei spannend zu Lesen, fasste Ingo Buchholz sein Resümee zusammen. In der kommenden Woche gibt es das Werk aus dem Euregio-Verlag für die Kunden der Sparkasse und in den Buchhandel kommt es kurz darauf. nh24 wird berichten. (rs)