SINGLIS. Am Sonntag fand auf dem Gelände der Marine-Kameradschaft Borken ein außergewöhnliches Ereignis statt. Die drei Autoren Thomas Schattner, Rainer Scherb und Ingo Sielaff stellten nach fünf Jahren Recherche ihre Forschungsergebnisse zum geplanten Atomkraftwerk (AKW) Borken (1974 bis 1990) bei herrlichem Wetter und spätsommerlichen Temperaturen am Singliser See vor.
Von hier aus hätte man einen „strahlenden“ Blick auf das AKW Borken gehabt, vorausgesetzt, es wäre gebaut worden. Es hätte diagonal über den See mit seinen gigantischen Kühltürmen die gesamte Szenerie des Sees überragt.
Rund 60 Interessierte waren der Einladung gefolgt. Die Mehrheit der Anwesenden waren ehemalige Aktivisten gegen das geplante AKW Borken. So waren z.B. Iris Bock-Lachmann aus Staufenberg (südliches Niedersachsen) und Wolfgang Luncke aus Nürtingen in Baden-Württemberg extra zur Veranstaltung angereist. Erstere hatte sogar aus diesem Grund ihren Urlaub verschoben. Aber auch etliche Jüngere fanden sich unter den Besuchern der Buchvorstellung ein, u.a. einige Schüler.
Die drei Autoren hatten dafür gesorgt, dass die Besucher der Veranstaltung schon ästhetisch im Stil der 1970er und 1980er Jahre vor Ort auf das Ereignis eingestimmt wurden. So wiesen Plakate, Fahnen, Aufnahmen des Borkener AKW-Models, welches sich im Bestand des Hessischen Braunkohle Bergbau Museums in Borken befindet, und andere zeitgenössische Dokumente auf dem Weg zum Buchvorstellungsort hin. Wolfgang Luncke (aus Wabern stammend und als Student der damaligen Gesamthochschule Kassel Gegner des AKWs Borken) steuerte u.a. einen Koffer mit Buttons zum zivilen Widerstand in der Bundesrepublik der letzten Jahrzehnte bei, inklusive Stuttgart 21.
Die schöne Atmosphäre des Geländes trug ebenso zum Erfolg der Veranstaltung bei, wie das lockere Programm der drei Autoren. Passend zu den 1970er und 1980er Jahren konnten sich so auch andere Personen spontan in das Programm mit Redebeiträgen einbringen. Das nutzte Wolfgang Luncke ebenso wie Borkens ehemaliger Bürgermeister Bernd Heßler und vor allem Wilhelm Plock.
Währenddessen hatte Rainer Scherb den Weg zum Buch erklärt, Ingo Sielaff die Pläne der PREAG zum AKW Borken erläutert und Thomas Schattner Einblicke in den friedlichen Widerstand gegen das AKW, welches auch in Borken verharmlosend KKW (Kernkraftwerk genannt wurde) gegeben. Anschließend trug Ingo Sielaff eine Vision vor, was im Jahr 2022 aktuell sein könnte, wenn das AKW Borken, vorausgesetzt, es wäre gebaut worden, für große Altlasten und Probleme hinterlassen würde.
Jörg Warlich, aktuell Kandidat von Bündnis90/Die Grünen im Wahlkreis 7 des Schwalm-Eder-Kreises zur hessischen Landtagswahl am 28. Oktober, brachte Ausschnitte von Filmen zur Veranstaltung mit, die er in den 1980er Jahren vom Protest gegen das geplante AKW Borken gedreht und später digitalisiert hatte. Diese waren sowohl im Vorstellungsprogramm zu sehen, als auch nach einer kleinen Pause, in der man sich, von der Marinekameradschaft zu bereitet, stärken konnte. Parallel dazu wurden in einem alten Zylinder, den Wolfgang Luncke bei einer „Performance“ gegen das AKW Borken in den 1980er Jahren in Homberg trug, Spenden für die Marine-Kameradschaft Borken gesammelt.
Anschließend wurden alte Erfahrungen ausgetauscht, neue Kontakte geknüpft und alte wiederbelebt. So vergingen die Stunden am Singliser See wie im Flug.
Dennoch war einer am Ende der Veranstaltung ganz besonders glücklich: Ingo Sielaff, der Leiter des Borkener Bergbaumuseums. Iris Bock-Lachmann hatte ihr privates Archiv zum geplanten AKW Borken dem Bergbaumuseum in Borken während der Veranstaltung vermacht.
Mit ihrer dreibändigen Publikation möchten die drei Autoren auch andere ermutigen, ihren zivilen Widerstand der 1970er und 1980er Jahre zu dokumentieren. Die aktuellen Nachrichten vom Hambacher Forst zeigen, das s dieser bei weitem keine Geschichte ist. Zumal auch diese Woche ein Spielfilm in die Kinos kommt, der den Widerstand gegen die Wiederaufbereitungsanlage (WAA) in Wackersdorf Mitte der 1980er thematisiert: „Wackersdorf – Wehrt euch, leistet Widerstand“. Nichtsdestotrotz kann man eines aus der Geschichte der Proteste gegen das AKW lernen, auch friedlicher Protest, wenn er immer wieder und engagiert vorgetragen wird, kann am Ende zum Ziel führen. Und nicht nur im Bereich der Atompolitik.
Die drei Bände „Atomkraft in Borken und Nordhessen“ von Thomas Schattner, Rainer Scherb und Ingo Sielaff mit insgesamt 712 Seiten sind bei Createspace erschienen und können über Amazon zusammen für 26,80 Euro erworben werden. (Von Thomas Schattner)
1 Kommentar
Ja,ich war auch bei der Buchvorstellung und finde es gut wie die Aktionen gegen Kernkraft und andere Vorhaben in unserer Region bekämpft wurden,aber da diese Damen und Herren so im richtigen Sinn handelten aber dann die Bücher über Amazon vertreiben dürfte doch nicht im Intresse der guten Ideen sein gerade diese Amazon zahlt keine Steuern und sollte man auch bekämpfen,das hat nichts mit der Begründung mit den Preisen anderer Verlage zutun,wenn man richtiger Weise die Kernkraft bekämpft muß man auch weiterkämpfen und den riesen Amazon auch die Stirn zeigen oder???
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