TREYSA | KASSEL. Junge unbegleitete Flüchtlinge fit zu machen für den Ausbildungsmarkt – das ist das Ziel des Projekts „Einrichtung einer Koordinierungsstelle zur Beruflichen Integration“ der Hephata-Berufshilfe.
Nach knapp zwei Jahren zieht Projektmanager Volker Nicolai eine erste Bilanz: Mittlerweile haben sich knapp 80 Unternehmen im Raum Kassel und Korbach – von Logistikfirmen über Verwaltung, Banken bis hinzu Hotels und Installateuren – bereit erklärt, mitzumachen.
„Mit Metall zu arbeiten war mein Traum, ich habe das gesehen und gedacht, das ist meine Welt“, sagt Maedin Berihle (20). Er hat vor einem Jahr seine Lehre bei der Firma Dallwig in Kassel begonnen. Die Firma konstruiert und montiert Fenster, Türen, Fassaden und Wintergärten. „Man kann in der Stadt sehen, was man gemacht hat“, freut sich Maedin Berihle. Schon zu Hause in Eritrea hat er regelmäßig einem Schlosser über die Schultern geschaut, auch Schweißen konnte er schon.
Für Volker Nicolai (59), Projektmanager für Berufliche Integration in der Berufshilfe der Hephata Diakonie, war der junge Mann aus Eritrea der erste Flüchtling, den er vermittelte. Anderthalb Jahre nach Beginn des von der Aktion Mensch für drei Jahre finanzierten Projekts, zieht er eine erste positive Bilanz: 50 weitere junge Flüchtlinge im Alter von 16 bis 27 Jahren hat er unterstützt. Nicht alle dieser jungen Flüchtlinge haben einen Ausbildungsplatz in der Tasche wie Maedin Berihle, manche nur ein Praktikum, das zwei Wochen dauert oder auch ein ganzes Jahr. „Es ist wichtig, dass wir die Jugendlichen in dieser wichtigen Phase nicht allein lassen“, ist Nicolai überzeugt.
Für Maedin Berihle war es der Schlüssel zum Erfolg. Während eines zweiwöchigen Praktikums in dem Konstruktionsbetrieb hat der 20-Jährige die Firma so überzeugt, dass sie nicht lange zögerte. „Maedin war vom ersten Tag an motiviert und engagiert“, so Ausbilder Johannes Günther. „Er ist sehr wissbegierig, wenn er etwas nicht versteht, fragt er sofort nach.“ Dreieinhalb Jahre dauert die Ausbildung im Metallbau, Fachrichtung Konstruktionstechnik. Während dieser Zeit besucht der 20-Jährige auch die Berufsfachschule in Kassel.
Nach Maedin begann im August bereits der zweite junge Mann aus Eritrea seine Ausbildung bei der Firma. Dies ist nicht zuletzt der guten Vorbereitung Volker Nicolais zu verdanken. „Ich versuche, im Vorfeld alles zu klären“, so der Projektmanager. Für jeden Jugendlichen habe er einen Steckbrief erstellt. Deutschkenntnisse, Fähigkeiten, Sozialverhalten – alles ist darin erfasst. Nicht alle junge Flüchtlinge seien auf Anhieb vermittelbar, so Nicolai. „Viele kommen als Analphabeten, da ist es schwierig.“
Eines der beteiligten Unternehmen ist auch die Deutsche Post AG. „Unter dem Titel ‚Azubis integrieren‘ bekamen im vergangenen Jahr junge, seitens der Beruflichen Integration Hephatas betreute Flüchtlinge und Auszubildende bei der Deutschen Post AG die Möglichkeit, Erfahrungen auszutauschen und Wege kennenzulernen, die zu einer Ausbildung bei der Post führen können“, sagt Nicolai. Ein ähnliches Projekt solle im kommenden Herbst folgen. Nicolai: „Während uns die Unternehmen durch Bereitstellung von Praktikums- und Ausbildungsplätzen dabei unterstützen, junge unbegleitete Flüchtlinge in den Ausbildungsmarkt zu integrieren, sind wir unsererseits bestrebt, den Unternehmen passgenau benötigte Auszubildende zu vermitteln.“
Nicolai webt an einem immer größer werdenden Netzwerk aus Unternehmen, Berufs- und Jugendhilfe Hephatas. Nur drei Mal sei es vorgekommen, dass ein Unternehmen es von vornherein abgelehnt habe, Flüchtlinge zu beschäftigen. Nicolai: „Wir haben ein enormes Potential, aus dem wir schöpfen können.“
„Geeignete Auszubildende zu finden, wird immer schwieriger“, sagt Firmenchefin Tanja Grimm von Dallwig – nicht umsonst fehle es allenthalben an Fachkräften. 32 Mitarbeiter beschäftigte die Firma, jedes Jahr werde ein Lehrling ausgebildet. An Bewerbern fehle es nicht. „Bei vielen jungen Menschen mangelt es am Interesse und dem Willen, die Ausbildung durchzuziehen.“ Anders bei Maedin Berihle. „Man merkt, er kämpft sich seit Jahren allein durch und übernimmt Verantwortung.“ Tanja Grimm ist sich sicher: „Nach der Ausbildung ist bei ihm noch lange nicht Schluss.“ Die Basis für einen Ausbildungsvertrag seien der Charakter und der Wille der Bewerber, „da ist es egal, welche Nationalität jemand hat und wo derjenige herkommt.“ (red)
Zur Person: Maedin Berihle (20) stammt aus Eritrea. Seit 2014 lebt er in Deutschland. Gut ein Jahr lang war er zuvor auf der Flucht, zu Fuß, per Auto, mit dem Boot. In Kassel hat er fließend Deutsch gelernt und an der Arnold-Bode-Schule den Realschulabschluss bestanden. Zu Hause in Eritrea wäre Maedin Berihle gezwungen gewesen, zum Militär zu gehen. Aussicht auf eine Berufsausbildung gab es nicht. So nahm er, gerade 15 Jahre alt, die gefährliche Flucht auf sich. Er wohnt in Kassel in einer Wohngemeinschaft. Sein Mitbewohner ist ein alter Freund aus seinem Dorf in Eritrea. Per Zufall trafen sie sich während der Flucht in Italien wieder.
Das Bild: Integration durch Ausbildung bei der Firma Dallwig in Kassel (von links) Projektleiter Volker Nicolai (Hephata-Berufshilfe), Ausbilder Johannes Günther, Auszubildender Maedin Berihle. ©Foto: Hephata | nh
7 Kommentare
Die Flucht vor dem Wehrdienst und mangelnde Ausbildungsmöglichkeiten sind vor dem Gesetz kein Asylgrund. Wenn zudem noch der deutsche Botschafter in Ertrea in einem Interview mit N24 sagt, daß er sich darüber wundert, daß Eritreer fast alle Asyl in Deutschland bekommen, braucht man sich nicht zu wundern, wenn die Zustimmung zur Aufnahme von Flüchtlingen sinkt und die AfD, auch aufgrund der Vorfälle hier, immer mehr an Zustimmung gewinnt.
Die meisten Willigen werden ausgebildet, integrieren sich, lernen Deutsch…und dann schiebt man sie ab, weil sie Wirtschaftsflüchtlinge sind. Die Kriminellen, die nicht integrierbar sind, wird man nicht mehr los. Die stellen sich quer und haben Erfolg damit. Die „bereichern“ unseren Staat auf Jahre hinaus. Der Staat hat die Flüchtlingspolitik nicht annährrnd im Griff.
Man ist immer blass erstaunt, wie sich User zu Wort melden und kaum über den Zustand wissen, den sie bemängeln. In vielen Länder gibt es den zwei jährigen Wehrdienst, der nicht wie früher hier mit militärischem Drill die zukünftigen Soldaten ausbildet, sondern mit Prügelstrafe für minimalste Vergehen.
Wenn man bei uns (1968) einen Vorgesetzten nicht grüßte bekam mal maximal einen gehörigen Anschiss. In solchen Ländern wie Eritrea hat jeder Unteroffizier einen Stock mit dem er den „Übeltäter“ vertrimmt, dass er in ein Lazarett eingeliefert werden muss. Rekruten werden wie Leibeigene behandelt. Das ist auch in Syrien und der ganzen arabischen Welt so. Früher, 1960 bis 1989, bekamen russische Soldaten bei uns Asyl, wenn sie es schafften die Grenze zur BRD zu übertreten.
Dann müssen die Eritreer eben dafür sorgen, dass in ihrem Land andere Verhältnisse eintreten. Ist das unsere Aufgabe? Die Unabhängigkeit haben sie doch auch durchgesetzt.
Eine tolle ermunternde Geschichte in der heute, hauptsächlich durch negative Schlagzeilen, geprägte Zeit.
@Thomas
Niemand ist mehr mit der Flüchtlingspolitik einverstanden?
Kommen sie mal aus ihrer Filterblase.
Auch interessant wie genau sie die Lebensgeschichte von dem Herren beurteilen können, haben sie da Hintergrundwissen bei diesen persönlichen Fall?
Wissen sie was Militärdienst in Eritrea bedeutet? Sicher etwas anderes als in Deutschland.
Walten sie mal mit ein wenig mehr Herz , die ganzen Intelligenz – Flüchtlinge der AFD / Pegida usw. dürfen wir ja auch nicht gleich abschieben.
Dem ist nichts hinzuzufügen ! Bravo Heinz !
Eine wunderschöne Geschichte. Nur leider ist es ein Wirtschaftsflüchtling, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass der drohende Militärdienst ein Asylgrund ist. In Deutschland gab es auch einmal die Wehrpflicht.
Und genau das ist der Grund warum in Deutschland niemand mehr mit der Flüchtlingspolitik einverstanden ist.
Jeder der es irgendwie nach Deutschland schafft, kann erstmal bleiben egal was sein Fluchtgrund ist. Das von den Tausenden Flüchtlingen mal ein motivierter und integrationswilliger dabei ist, berechtigt nicht zu der Hoffnung, dass in Deutschland nun alles mit dieser Geschichte besser wird. Der Tropfen auf dem heißen Stein ist leider keine Erfolgsgeschichte, um mir Hoffnung zu geben, dass nun meine Rente durch die Zuwanderung aus der dritten Welt gesichert wird.
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