KASSEL. Ein besonderes Jubiläum feiert der gebürtige Kasseler Josef, genannt „Seppl“, Schmitt im Juli 2018. Dann ist der 96jährige Kasseler seit 80 Jahren Mitglied des katholischen Sozial- und Familienvereines „Kolpingsfamilie Kassel-Zentral“. Das Kolpingwerk ist in 61 Ländern der Erde vertreten und hat rund 450.000 Mitglieder. Die Mitglieder sind in 5.800 Kolpingsfamilien weltweit organisiert.
16 Jahre war er, als er „bei Kolping“ eintrat, erinnert sich Josef Schmitt. Das war irgendwie „ganz normal“, denn der Verein war durch Pfarrer Ludwig Wiegand eng verbunden in seiner Kirchengemeinde St. Elisabeth. Der rüstige Rentner: „Wenn Kolping was machte, ging ich hin.“ Fasziniert hatte ihn freilich schnell das Leben des Gründers Adolph Kolping und sein Zugehen auf Menschen. Und es waren Zitate Kolpings wie „Schön reden tut’s nicht, die Tat ziert den Mann“, die Leitlinie seiner Vereinsmitgliedschaft wurden.
Die Verbindung zwischen den Mitgliedern und dem Präses Pfarrer Ludwig Wiegand war auch nach dem Verbot der Kolpingsfamilie ab 1940 nicht abgebrochen. „Wir waren ja alle in der Elisabethkirche und das Kolpinghaus hatte unser Pfarrer zur Rettung des Gebäudes kurzerhand in das Eigentum der Gemeinde übernommen“, erinnert sich Josef Schmitt. Am 12.6.45 trafen sich die Kolpingbrüder erstmals wieder. Ein besonderer Tag, auch im Leben von Josef Schmitt. Elisabethkirche und Kolpinghaus waren zerstört und so traf man sich ab 1948 in einem ehemaligen Pferdestall, der Notkirche von St. Bonifatius. Viele der jungen Kolpingbrüder lernten hier ihre Frauen kennen. Auch Josef Schmitt heirate im „Pferdestall“ seine mittlerweile leider verstorbene Frau Annemarie.
Seppl Schmitt: „Nachdem auch die Elisabethkirche neu gebaut war, fanden viele Kolpingbrüder mit ihren Familien in St. Bonifatius und St. Elisabeth eine neue Heimat.“ Noch heute gehört die Kolpingsfamilie in dieser mittlerweile fusionierten Gemeinde prägend dazu.
Wiederaufbau nach dem Krieg
Nach dem Krieg war Seppl Schmitt 1948 mit dabei, als sich ein Bauverein zum Wiederaufbau des zerbombten Kolpinghauses gründete. Nachdem im Februar 1949 von der Stadt die Genehmigung zur Enttrümmerung der Grundstücke des Kolpinghauses erteilt wurde, begann ein dreijähriger Kampf gegen die riesigen Schuttmassen. Mit Spitzhacke, Schippe und Schubkarre rückten die Kolpingbrüder der zerstörten Altstadt zu Leibe. Mit dabei: natürlich Seppl Schmitt, der zunächst eine Maurerlehre machte. Im Herbst 1952 waren in 10.500 Stunden 820 LKW-Ladungen Schutt beseitigt und 14.000 Ziegelsteine geborgen worden. „Alle haben mit angepackt, auch die Frauen“, erinnert sich Josef Schmitt. „Das hat uns nach dem Krieg zusammengeschweißt und wir waren stolz, was wir mit unseren Händen geschafft haben.“
Noch heute ist ihm der Stolz anzusehen, in Bau-, jetzt Hausverein und Kolpingsfamilie wortwörtlich aus den Trümmern wieder etwas zu errichten. 1954 konnte das neue Kolpinghaus in der Mittelgasse eingeweiht werden. Seit 1952 gehört Schmitt dem Hausverein an, denn zu tun gab es immer etwas am und im Kolpinghaus. Mitte der 60er Jahre war klar, dass das Kolpinghaus erweitert und saniert werden müsste. Doch das Geld fehlte. So wurde 1978 das Grundstück an den Kirchengemeindeverband verkauft und 1981 an der Stelle des Kolpinghauses das „Regionalhaus Adolph Kolping“ als Büro- und Veranstaltungshaus eingeweiht. Schmitt: „Den Namen Kolpings trägt es bis heute und erinnert an die Tradition an dieser Stelle.“
Engagiert im Karneval
Michael Reis ist heute Vorsitzender der Kolpingsfamilie Kassel-Zentral und erinnert sich lebhaft an den stets fröhlichen und engagierten Kolpingbruder. „Seppl brachte sich im Kirchenvorstand von St. Bonifatius, der Kolpingsfamilie und auch bei deren Karnevalsitzungen ein.“ Als die katholischen Karnevalisten den eigenen Karnevalverein „Narrhalla Chassalla“ aus der Taufe hoben, war Seppl aktiv mit dabei. Unvergessen ist seine Büttenredenrolle als „Laternenanzünder“, mit denen er bei den legendären karnevalistischen „Winterfesten“ in der Stadthalle auftrat. Sein Sohn Heribert erinnert sich noch heute, wie der Vater das ganze Jahr über die Rede vorbereitete. Josef Schmitt: „Immer wenn ich eine Idee hatte, schrieb ich es auf einen Zettel und legte ihn in eine Kiste. 100 Stück waren es pro Rede.“ Daraus entstanden dann seine Reden. Und auch im Altenheim hat der mittlerweile über 80jährige noch Gereimtes zum Vortrag gebracht. 2010 griff er auch noch einmal zur Feder und verfasste für die Festschrift „125 Jahre Kolpingsfamilie Kassel-Zentral“ die gereimten „Gedanken eines alten Kolpingbruders“. Darin schrieb er: „Heute kann ich sagen, für mein Leben hat mir Kolping viel gegeben. Gerade in heutiger Zeit, so wie ich das seh‘, ist das Kolpingwerk nötiger denn je.“
Begeisterung für die Ideen Kolpings
„Begeisterung“, dieses Wort steht auf dem Polohemd in der Kolping-Vereinsfarbe, das Michael Reis bei seinem Besuch bei Seppl Schmitt trägt. „Begeisterung“, so Michael Reis, „das ist genau das, was Seppl ausgestrahlt hat und was ihn in unserem Verein so beliebt gemacht hat“. Jeder kennt ihn. Zu den Veranstaltungen seiner Kolpingsfamilie kann Josef heute nicht mehr gehen. Aber er blättert gerne in der alten Festschrift, seine Erinnerung an Namen und Ereignisse ist wach und er freut sich über Besuch, so wie heute von Michael Reis.
Wenn er von seinem Balkon im 11. Stock einen herrlichen Blick auf Kassel hat, dann ist Josef Schmitt zufrieden und freut sich auf den Besuch des Kolpingvorstandes zu seinem hohen Vereinsjubiläum. „Dann muss ich aber auch sehen, dass ich etwas im Haus habe“, sagt er und lächelt verschmitzt. Und dann stimmt er noch das „Kolpinglied“ an. Textsicher intoniert er die Zeilen, die er in den letzten 80 Jahren seiner Mitgliedschaft schon so oft gesungen hatte: „´S war einst ein braver Junggesell / er lebe ewig hoch! / Sein Name klingt so weit, so hell / Vater Kolping lebe hoch.“ (Marcus Leitschuh | pm)