SCHWALMSTADT-TREYSA. Mit einem starken Appell an die Politik, kommunalen sozialen Wohnraum zu fördern, zu erhalten und auszubauen sowie an die Kirchen, dies zu unterstützen, endete das zwölfte „Forum Diakonische Kirche“ am Donnerstag in Schwalmstadt.
Nur durch eine entsprechende Förderung könne verhindert werden, „dass aus der viel gepriesenen Landlust für eine immer größer werdende Zahl an Bürgern Landfrust wird“, fasste Maik Dietrich-Gibhardt, Vorstandssprecher der Hephata Diakonie, seine Beobachtungen zusammen. Unter den rund 80 Zuhörern waren Verantwortliche und Interessierte aus Diakonie, Kirche und Politik sowie Studierende der Evangelischen Hochschule Darmstadt.
Vorausgegangen war dem Plädoyer ein reger Austausch zwischen Podium und Plenum über Wohnen und Leben auf dem Land. Auf dem Plenum diskutierten Horst Rühl (Vorstandsvorsitzender Diakonie Hessen), Matthias Günther (Eduard-Pestel-Institut für Systemforschung Hannover), Landeskirchenrätin Claudia Brinkmann-Weiß und Bundestagsmitglied Dr. Bettina Hoffmann (Grüne).
Eindrücklich schilderten Betroffene zu Beginn der von Pfarrer Dierk Glitzenhirn (Evangelisches Forum Schwalm-Eder) moderierten Veranstaltung im Kirchsaal der Hephata Diakonie, wie schwierig es sein kann, als Bezieher von Sozialleistungen eine passende Wohnung zu finden. „Ich weiß nicht, wo ich hin soll“, so die durch eine Multiple-Sklerose-Erkrankung seit zehn Jahren an den Rollstuhl gebundene Monika Schneider-Richardt aus Ziegenhain. Nachdem ihre Kinder erwachsen und ausgezogen sind, könne sie ihre große Wohnung finanziell kaum halten, doch barrierefreier, bezahlbarer Wohnraum in gewohntem Umfeld sei auch auf dem Land schwer zu bekommen.
„Wir behindern Menschen damit an der Teilhabe“, sagte Rühl. Schuld daran sei unter anderem eine verfehlte Wohnungsbaupolitik sowie mangelnde Infrastruktur in den Dörfern. Ziel müsse es sein, so Rühl, gleichwertige Lebensverhältnisse auf dem Land und in der Stadt zu schaffen. Das Problem dabei, so Systemforscher Matthias Günther: „Ländliche Räume weisen einen extrem hohen Anteil an Altbauten auf, die weder energieeffizient noch barrierefrei sind.“ Hier bestehe großer Handlungsbedarf. Zudem sollten Anreize für Wohnungswechsel im Alter geschaffen werden, damit bestehender Wohnraum für soziale Wohnangebote genutzt werden könne. Die Sicherung des Wohnens für Bezieher niedriger Einkommen sieht er aber nur als einen Teil der Aufgabe. „Es geht um die Verteilungsfrage insgesamt, nicht nur die Verteilung von Wohnraum.“ Denn, so Günther: „Der Markt führt immer zu einem Ergebnis, doch sozialverträglich muss dies nicht sein.“
Dass Wohnen, Arbeiten und Mobilität kaum voneinander zu trennen sind, um Menschen auf dem Land zu halten, war ein gemeinsames Echo der Forumsteilnehmer. „Hessen tut da sehr viel, um Wohnraum mit sozialer Komponente zu gestalten“, versicherte Grünen-Politikerin Hoffmann. Für die Kirche sei die Orientierung am Gemeinwesen ein guter Weg, sich dem Problem zu öffnen, so Landeskirchenrätin Brinkmann-Weiß, Dezernentin für Diakonie und Ökumene der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck: „Es nützt nichts, sich in eigenen Kirchen einzumauern.“ Notwendig sei eine „gesellschaftliche Debatte darüber, wie wir leben wollen“, so Dietrich-Gibhardt abschließend – einen Impuls dafür leistete das Forum Diakonische Kirche. (pm)