
Marianne Schrammel und Martin Kätelhön vor dem Bild „Der Lampenjunge“ © Foto: Rainer Sander
Maler Hermann Kätelhön wird in Borken geehrt
BORKEN (HESSEN). Seit einer Woche können im Bergbaumuseum in Borken Kunstwerke des Malers Hermann Kätelhön bewundert werden. Er hat wohl die bedeutendsten Kunstwerke mit Bergbaumotiven geschaffen. Ermöglicht hat dies Marianne Schrammel, ohne die, so Ehrenbürgermeister Bernd Heßler bei der Ausstellungseröffnung, es das Bergbaumuseum nicht in dieser Form gäbe.
Frau Schrammel ist mit 88 Jahren immer noch leidenschaftliche Sammlerin. Mineralien, alte Gegenstände und seit einiger Zeit auch Kunst. Aber nicht zwanghaft verbissen, eher entspannt und wählerisch: „Was zu mir will, kommt von allein“, sagt sie. Ins Leben zurückholen möchte sie, was früher bedeutungsvoll war. Wer die Vergangenheit kennt, versteht die Gegenwart besser.
Der Lampenjunge hat Neugierde geweckt
Früher einmal hat sie das Museum in Fritzlar geleitet und über ihren Ehemann Kontakt zur PREAG in Borken gehabt. Eigentlich hat nach Grubenlampen, ihrer Funktion und Beschaffenheit recherchiert. Dabei ist sie auf eine Lithografie mit dem Titel „Der Lampenjunge“ gestoßen und damit auch auf den Künstler Hermann Kätelhön. Sie kam in Kontakt mit dem Sohn des Malers, Henner Kätelhön. Ein Jahr nach dem Borkener Grubenunglück organisierte sie die erste Kätelhön-Ausstellung, 50 Jahre nach dessen Tod.
Die Kontakte zu Enkel Martin, der in Köln eine Kunstdruckerei betreibt und eine Brücke zwischen Kunst und Darstellung der Kunst im Druck schlägt, haben sich vertieft. Dort sind zum Teil die Originaldruckplatten des Großvaters aufbewahrt. Brücken hat auch dieser geschlagen, sagt Martin Kätelhön, nämlich in eine andere soziale, physische Welt, die es sonst nicht zu sehen gab.
Vielfältige Würdigung
Der Künstler hat es ermöglicht, überhaupt eine Vorstellung davon zu bekommen, unter welchen Bedingungen in der damaligen Dunkelheit unter Tage gearbeitet wurde. Dabei, so der Enkel, ist es ihm gelungen, das dreidimensionale zweidimensional darzustellen und ins Licht zu rücken. Licht und Tiefe zu schaffen, sei immer das Bestreben der Kunst.

Bürgermeister Marcel Pritscht begrüßte Frau Schrammel und die Sammlerin, die ihre Werke zur Verfügung stellt. Museumsleiter Ingo Sielaff betonte die Bereicherung für das Museum und würdigte das Engagement von Frau Schrammel, die stets durch ihre Tochter Brigitte Mette unterstütze wird.
Hintergrund: Der Künstler Hermann Kätelhön
Der Zeichner Hermann Kätelhön (1884–1940) wurde am 22. September 1884 in Hofgeismar bei Kassel geboren. Bereits in seiner Jugend zog er mit seiner Familie nach Marburg, wo er aufwuchs und erste künstlerische Erfahrungen sammelte. Sein Weg führte ihn 1908 nach Willingshausen in der Schwalm, in eine Künstlerkolonie, die sein Frühwerk entscheidend prägte und die er später als die schönste Zeit seines Lebens beschrieb. Hier begegnete er namhaften Malern wie Carl Bantzer und Wilhelm Thiefmann.
Ein Wendepunkt in seinem Leben war das Jahr 1917, als ein Porträtauftrag ihn ins industrielle Zentrum nach Essen führte. Fasziniert von der Dynamik und der rauen Wirklichkeit des Bergbaus ließ er sich dort nieder, heiratete Toni Plettner und bezog ein Haus auf der Margarethenhöhe, in dem er auch seine Werkstatt einrichtete.
Kätelhön entwickelte eine außergewöhnliche Verbindung zu den Bergarbeitern. Trotz seiner schwächlichen Konstitution teilte er deren beschwerlichen Alltag sowohl über als auch unter Tage, dokumentierte authentisch und eindringlich die harte Arbeit im Bergwerk. Er fuhr ganze Schichten mit ein und zeichnete im flackernden Lampenschein unter extremen Bedingungen. Seine Arbeiten zeichnen sich durch ihren Realismus aus und reflektieren mit großer Würde das Leben und die Mühen der Bergleute. Gleichzeitig zeigen seine Werke ein Bewusstsein für die tiefgreifenden Veränderungen durch den technischen Fortschritt.
Sein Lebenswerk umfasst unter anderem eine bedeutende grafische Sammlung unter dem Titel „Arbeit“ mit eindrucksvollen Darstellungen aus der Arbeitswelt, besonders aus dem Bergbau. Dabei lag Kätelhön viel an der Würdigung der Bergleute: Er gestaltete Diplome und Gedenkblätter, mit denen er die Arbeiter ermutigen wollte, ihre Umgebung bewusst und schön zu gestalten. 1930 zog Kätelhön nach Wamel am Möhnesee, um sich gesundheitlich zu erholen. Die dort eingerichtete Druckerei blieb in Familienbesitz und führt seine Tradition fort. Hermann Kätelhön starb am 24. November 1940 im Alter von 56 Jahren.
Ausstellung ist wichtiger Beitrag zur Dokumentation
Die Ausstellung seiner Werke in Borken (Hessen), einer Region mit eigener historischer Bergbautradition, würdigt insbesondere sein tiefes Engagement für die Bergleute und seinen einzigartigen künstlerischen Beitrag zur Dokumentation des industriellen Lebens und Wandels im frühen 20. Jahrhundert. (Rainer Sander)
