
Sterntaler wären jetzt gut – Märchen-Plastik in Baunatal-Guntershausen © Foto: Rainer Sander
Henry Richter besorgt über AfD-Zuwachs in Baunatal
BAUNATAL. Auf der Tagesordnung der Baunataler Stadtverordnetenversammlung stand gestern unter anderem das Einbringen des Doppel-Haushaltes durch Bürgermeister Henry Richter. Der weist nicht nur hohe Defizite aus. Er würde ohne Trendumkehr Grund zur Sorge bieten, denn für einen dritten Haushalt dieser Verlust-Dimension fehlt jegliche Rücklage.
Obwohl auch die im Bürgermeister Wahlkampf dominierende Thematik der Siedlungsentwicklung mit einem Punkt auf der Tagesordnung vertreten war, lockte die Stadtverordnetenversammlung weniger Menschen in den Saal als zuletzt. Dabei hatte Stadtverordnetenvorsteher Reiner Heine deshalb extra den Umzug vom Stadtverordnetensaal in die Stadthalle veranlasst.
Zu Beginn der Sitzung begrüßte Henry Richter nicht nur die Stadtverordneten und ihren Vorsitzenden, sondern gratulierte Friedrich Merz zur gewonnenen Bundestagswahl, verbunden mit der Hoffnung auf ein starkes und zukunftsfähiges Deutschland. Er sprach von einem Sieg der Demokratie, mahnte aber gleichzeitig deutlich: „Der Anstieg der AfD auf 21,3 Prozent in Baunatal ist besorgniserregend.“ Wenige Stunden zuvor hatte die Wählergemeinschaft „GEMEINSAM für Baunatal“, die Richter unterstützt, symbolhaft ein einziges Wahlbezirksergebnis in ihrem WhatsApp-Kanal gepostet. Das aus Altenbauna Nord mit 47,72 % für die AfD.
Ursachensuche in der Vergangenheit
Aus diesem Grund ermahnte der Rathauschef die Fraktionen zu folgsamer Zusammenarbeit mit den Worten: „Allein kann man voranschreiten, doch erst in der Stärke der Gemeinschaft überwinden wir Grenzen und erreichen gemeinsam wichtige Ziele.“ Dann folgte ein ausgesprochen selbstkritischer Blick zurück: „Leider fehlten in der Vergangenheit eine stringentere und angepasste Haushaltspolitik, um den Verlusten entgegenzuwirken.“ In dieser Vergangenheit war Richter selbst entweder Mitglied der „regierenden“ SPD-Fraktion oder bis zur Bürgermeisterwahl der GRÜNEN-Fraktion, die nicht oft durch Sparideen aufgefallen ist.
Unter dem Motto „Starke Stadt Baunatal“ machte er deutlich, dass die finanzielle Lage angespannt ist und Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung unumgänglich sind.
Defizit von über 49 Millionen Euro
Für das Jahr 2025 rechnet die Stadt mit Erträgen von 100,36 Millionen Euro, während die Aufwendungen 136,58 Millionen Euro betragen. Dies führt zu einem Defizit von 36,22 Millionen Euro. Im Finanzhaushalt, der vor allem die Investitionen abbildet, wird die Stadtkasse mit 44,47 Millionen Euro belastet.
Für das Jahr 2026 sind Erträge in Höhe von 108,08 Millionen Euro eingeplant, bei Aufwendungen von 121,38 Millionen Euro, was ein weiteres Defizit von 13,08 Millionen Euro bedeutet.
Die Gesamtlücke über beide Jahre beläuft sich auf rund 49,3 Millionen Euro und wird durch Rücklagen gedeckt. Diese schrumpfen jedoch drastisch: Der Kassenbestand sinkt von 68,8 Millionen Euro (Ende 2024) auf 16,3 Millionen Euro. Am Ende der beiden Haushaltsjahre bleiben von den verfügbaren Rücklagen noch 14,2 Millionen Euro übrig. Ein weiterer Haushalt in dieser Dimension wäre dann genehmigungspflichtig und würde ein Haushaltssicherungskonzept erfordern.
Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung
Ein von der Beratungsfirma Schüllermann Consulting, die der Magistrat schon vor der Bürgermeisterwahl beauftragt hatte, erarbeitetes Sparpaket mit 21 Vorschlägen soll helfen, die finanzielle Lage zu stabilisieren. Dazu gehören unter anderem:
- Erhöhung der Grundsteuer B (ursprünglich vorgeschlagen, aber nicht beschlossen)
- Reduzierung der Vereinsförderung
- Schließung oder Zusammenlegung von Einrichtungen
- Einführung von Parkgebühren und einer Zweitwohnungssteuer
- Reduzierung des ÖPNV-Angebots
- Gebühren für öffentliche Einrichtungen
Bürgermeister Richter forderte die Stadtverordneten auf, parteiübergreifend an Lösungen zu arbeiten.
Investitionen trotz finanzieller Engpässe
Trotz der angespannten Haushaltslage sind Investitionen in Höhe von 21,8 Millionen Euro für die kommenden zwei Jahre geplant. Diese sollen größtenteils über Kredite in Höhe von 16,5 Millionen Euro finanziert werden.
Schwerpunkte sind:
- 4,75 Millionen Euro für den Ausbau und die Sanierung von Kitas
- 750.000 Euro für die Wohngebietsentwicklung „Am Stadtpark“
- 800.000 Euro für den AquaPark
- 1,68 Millionen Euro für den Radwegeausbau
- 308.000 Euro für die Digitalisierung der Stadtverwaltung
- 4,61 Millionen Euro für Feuerwehr und Bevölkerungsschutz
Zusätzlich wird die Stadt weiterhin Zuschüsse für soziale und kulturelle Einrichtungen bereitstellen:
- 7,7 Millionen Euro jährlich für Zuschüsse und Förderungen
- 2,2 Millionen Euro (2025) und 2,1 Millionen Euro (2026) für den ÖPNV
- 4,2 Millionen Euro (2025) und 4,1 Millionen Euro (2026) für Kinderbetreuung
- 546.000 Euro (2025) und 551.000 Euro (2026) für Seniorenarbeit
- 88.600 Euro jährlich für die Musikschule
- 247.000 Euro (2025) und 243.000 Euro (2026) für das Stadtmarketing
Richter setzt Zeichen beim Sparen
Als Zeichen des verantwortungsvollen Umgangs mit Haushaltsmitteln verzichtet Bürgermeister Richter ab Ende 2025 auf einen Dienstwagen. Zudem kritisierte er die Entscheidung gegen eine Abschaffung der Stelle des Ersten Stadtrats, die jährlich 250.000 Euro einsparen könnte. Unerwähnt bleibt aber, welche Kosten dann für Kilometergeld bei einem genutzten Privatwagen und für einen weiteren leitenden Mitarbeiter im Rathaus entstehen würden. Denn die Personalkosten steigen weiter, auch durch Personalausweitung:
Personalkosten steigen weiter
Insbesondere die Beschäftigung eines Volljuristen plant Richter ein. Die Personalaufwendungen der Stadt steigen von 38,2 Millionen Euro (2024) auf 43,4 Millionen Euro (2025) und 44,4 Millionen Euro (2026). Gründe sind Tarifsteigerungen sowie ein geplanter Stellenzuwachs auf 594,5 Stellen (2025), insbesondere in den Bereichen Kinderbetreuung und Inklusion.
Resümee
Bürgermeister Richter warb um Unterstützung für den Haushaltsentwurf, betonte aber auch die Notwendigkeit struktureller Veränderungen. „Die finanzielle Lage Baunatals ist ernst. Wir können nicht weitermachen wie bisher“, sagte er abschließend. Die Stadtverordneten werden den Haushalt im März beraten und, wenn sie mehrheitlich dem Bürgermeister folgen, auch beschließen. (Rainer Sander)
Foto:
Unser Foto zeigt die Plastik zum Grimm-Märchen Sterntaler an der Fulda in Baunatal-Guntershausen © Foto: Rainer Sander
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