CHATTENLAND. Der Sommer beginnt 2024 schon am 20. Juni gegen 21:30. Ich habe in einer Zeit gelebt, in der es noch keine Uhren und keine Kalender gab. Jahre? Haben wir nicht gezählt. Geburtstage? Haben wir nicht gefeiert, es gab ja kein Datum, an das wir uns hätten erinnern können. Im Jahr 9 nach Christus haben wir zusammen mit den Cheruskern, den Marsern und den Brukterern die Römer aus dem Gebiet östlich des Rheins verjagt.
Von Christus wussten wir nichts, er war zu dieser Zeit noch ein Kind. Also gab es auch das neunte Jahr nicht. Erst später, als Bonifatius unsere Donar-Eiche im 8. Jahrhundert fällte, haben wir verstanden, wer Christus gewesen ist.
Trotzdem wussten wir immer, wann wir aussäen mussten, wann die warme Zeit und wann die kalte Jahreshälfte begann. Sonne und Mond halfen uns wunderbar im Jahreskreis. Wir haben Markierungen gefunden oder uns selbst welche geschaffen, um zu wissen, an welchem Tag im Jahreskreis wir uns befanden. Die wichtigsten Tage dafür waren die, an denen Tag und Nacht gleich lang waren, also nach eurem Kalender am 21. März und am 21. September sowie der längste Tag am 21. Juni (in diesem Schaltjahr der 20. Juni) und schließlich der kürzeste am 21. Dezember. Die beiden Sonnenwenden.
Im heutigen Landkreis Kassel lässt sich der längste Tag, der am kommenden Donnerstag sein wird, an solch einer beschriebenen Kalendermarkierung erkennen. Wer morgens bei Sonnenaufgang auf dem Hasunger Berg steht und nach Osten schaut, sieht eine vielleicht knallrote Sonne genau zwischen den Felsen der Helfensteine am Dörnberg aufgehen. Ein wunderbares Schauspiel, das jedes Jahr viele Menschen auf den Berg lockt.
Eine ganze Weile nach Bonifatius haben dort übrigens Mönche ein Kloster errichtet, über das heute noch ein Museum im Dorf Burghasungen erzählt. Im Mittelalter ist es einer der wichtigsten Wallfahrtsorte überhaupt gewesen. Drei Kapellen oder Kirchen haben hier gestanden. Die positive Energie des Berges haben sich auch Landgrafen zu Nutze gemacht. Wer ein Lineal auf die Landkarte legt, stellt fest, dass die Linie vom Hasunger Berg schnurgerade exakt von West nach Ost über Herkules, Schloss und entlang der Wilhelmshöher Allee verläuft. Zufall?
Dort oben lohnt sich ein Besuch und natürlich auch der Spaziergang auf den Berg am Donnerstagmorgen. Wir sehen uns!
Euer
Chatte
HINTERGRUND: Chatten:
Die Chatten lebten bereits im 1. Jahrhundert v. Chr. entlang der Flüsse Eder, Fulda und des Oberlaufes der Lahn meist in höher gelegenen Gebieten. Siedlungsschwerpunkte lagen im heutigen Niederhessen und Oberhessen, also Nordhessen und Mittelhessen. Der Chattengau gilt als chattisches Kerngebiet. Später gliederten sich die Chatten in den Stammesverbund der Franken ein. Über die Lautverschiebung wurde aus Chatten irgendwann Hessen. (rs)
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