Externe Beratung zur Haushaltskonsolidierung beschlossen
BAUNATAL. Die Gewerbesteuereinnahmen bleiben auch in den kommenden Jahren auf sehr niedrigem Niveau. Hinzu kommt ein deutlicher Anstieg der Kreis- und Schulumlage in 2024 und 2025. Damit steht die Stadt Baunatal bereits bei der Aufstellung des Haushalts für 2025 vor enormen Herausforderungen.
Diese liegen im 2-stelligen Millionen-Euro-Bereich, um einen ausgeglichenen und damit genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen. So sehen es SPD und CDU. Die beiden Fraktionen sind sich darin einig, dass eine externe Expertise nötig ist, um den politischen Gremien der Stadt Baunatal hinreichend viele konkrete Vorschläge zu unterbreiten, über die im Zuge der anstehenden Haushaltsberatungen für die Haushaltsjahre 2025 und folgende zu beraten und abzustimmen ist, um einen dauerhaften Haushaltsausgleich zu erreichen.
Gemeinsamer SPD/CDU-Antrag – konkurrierender GRÜNEN-Antrag
Gemeinsam beantragten sie anknüpfend an die durch den Arbeitskreis Freiwilliges Haushaltskonsolidierungskonzept und die Verwaltung bereits eingeleiteten Maßnahmen, eine externe Beratungsgesellschaft mit entsprechend ausgewiesenen Referenzen mit der Erarbeitung von kurz-, mittel- und langfristig umsetzbaren Vorschlägen zur dauerhaften Konsolidierung des städtischen Haushalts zu beauftragen. Deren Vorschläge sollten im Laufe des Jahres 2024 der Stadtverordnetenversammlung zur Abstimmung vorgelegt oder in eigener Zuständigkeit beschlossen und dann der Stadtverordnetenversammlung berichtet werden.
Am Freitag erreichte den Stadtverordnetenvorsteher Reiner Heine eine Mail von Frau Anna Franziska Bünsow mit einem Antrag der GRÜNEN-Fraktion, der ihn Probleme bereitet hat. Er kam zu spät, um in den Ausschüssen beraten und mit der Tagesordnung verschickt zu werden und steht in Konkurrenz zum SPD/CDU-Antrag. So gebe es zwei Möglichkeiten. Die Variante des Änderungsantrages gehe bei geringfügigen Änderungen. Die Variante eines konkurrierenden Hauptantrages müsse eine andere Zielrichtung haben.
Die pragmatische und die ideologische Sicht auf die Dinge
Udo Rodenberg (SPD) erläuterte den Hauptantrag. Man habe feststellen müssen, dass die Gewerbesteuereinnahmen nicht nur kurzfristig einbrechen. Baunatal wird nie wieder ein so hohes Steueraufkommen wie früher haben. Von den 100 Millionen Euro im Haushalt gingen 1/3 an den Kreis. Die verbleibenden 67 Millionen seien überwiegend durch Pflichtaufgaben gebunden. Es gehe also an die freiwilligen Leistungen. Eine externe Beratung sei deshalb jetzt wichtig, um sich die Prozesslandschaft ansehen zu können.
ANZEIGE
Anna Franziska Bünsow (B90/GRÜNE) erklärte, warum die GRÜNEN zwar die Sachdarstellung vollumfänglich teilen, dem Antrag aber so nicht zustimmen können. Ihr Antrag ergänze und konkurriere nicht. Die Grünen möchten Vertreter von Städten einladen, die bereits einen solchen Prozess der Konsolidierung mit Unterstützung externer Beratung durchlaufen haben und die externe Beratung nicht auf Beratungsunternehmen, sondern „Organisationen“ ausweiten. Die Auftragsvergabe müsse nicht durch die Verwaltung, sondern durch die Stadtverordnetenversammlung erfolgen. Alle Stadtverordneten müssen als Multiplikatoren interfraktionell einbezogen werden. Begründet wird dies unter anderem mit dem bereits jetzt bestehenden strukturellen Defizit.
Dr. Rainer Oswald (B90/GRÜNE) meint, Baunatal könne sich jetzt eine weitere Verzögerung nicht erlauben. Man könne gerne über Ursachen reden, sie lägen aber „nicht in unserer Hand“. Es werde unangenehme Wahrheiten geben, aber: „Wir bleiben politisch verantwortbar und müssen selbst handeln. Der GRÜNE Prozess führt nur zu Diskussionen und Verzögerung.“
Vergeblich auf Feedback der GRÜNEN gewartet
- Sebastian Stüssel (CDU) möchte sich am liebsten ganz kurzfassen. Er hört vor allem „Mimimi“. Im Ausschuss habe man alles diskutiert. Es gehe darum, dass die Stadt mit dem Rücken an der Wand steht und konsolidiert werden muss. Es gehe darum, einen Beratungsprozess in Gang zu setzen, der alles umfasst, was hineingehört. Er habe vergeblich auf Feedback der Grünen gewartet. Die „kollegiale“ Antwort sei nur ein anderer Antrag. Konkurrierend oder ergänzend: Bringt uns das weiter oder ist es Theater, möchte er gerne wissen. Es gehe um Pragmatismus. „Wenn wir jetzt nicht sofort handeln, verzögert das um 9 Monate. Diese Zeit haben wir nicht. Wir nehmen Fahrt auf und wenn Sie Ballast sein wollen, werden wir das ertragen.“ Auch das Weglassen des Gernderns, findet Stüssel, könnte dazu beitragen.
- Auch Udo Rodenberg (SPD) möchte keine Zeit verlieren durch einen bürokratisierenden Prozess und schon gar nicht der Verwaltung das Misstrauen aussprechen, keine Ausschreibung fertigzubringen. Man müsse kontinuierlich über das Jahr 2024 arbeiten. Auch ihm missfällt die Art und Weise. Im Haupt- und Finanzausschuss hätten die GRÜNEN keine Ideen eingebracht. Stattdessen kommt dieser Antrag.
- Monika Woizeschke-Brück (B90/GRÜNE) Überrascht es, wie respektlos mit anderen Meinungen umgegangen wird. Herr Stüssel habe sich gefreut, dass etwas kam, um sich daran abzuarbeiten. Es herrsche eine eine Stimmung, in der nur negativ bewertet werde. GRÜNE legen Wert auf den Prozess. Er würde nicht erheblich verzögert. Die Arbeitsgruppe zur Haushaltskonsolidierung habe auch 3 Jahre gebraucht. „Was hat das Gendern damit zu tun“, möchte sie außerdem wissen.
- Damaris Müller (B90/GRÜNE) erkennt „Großes Kino“, um zwei fast identische Anträge so explodieren zu lassen. Alles, was vor dem Beratungsprozess liege, beträfe Gruppen, die sich sowieso ergeben oder nach der Beratung stattfinden. Sie möchte nicht mitdiskutieren, sondern jetzt abstimmen.
- Dr. Rainer Oswald (FDP) geht es um das Faktische. Es war 3 Jahre zähes Ringen. „Die Anträge sind keine Zwillinge!“ Sie suggerierten mehr Eingebundensein. Die Expertise komme aus der Externen Beratung, nicht aus anderen Kommunen.
- Andreas Mock (CDU) findet, die GRÜNEN handeln immer nach dem Prinzip, auch ein guter Antrag muss noch ergänzt werden. Auch ihn stört das Gendern im GRÜNEN-Antrag.
Eine halbe Stunde zuvor haben alle Stadtverordneten interessanterweise im Gleichstellungsplan für eine gendergerechte Sprache gestimmt.
- Christian Strube (SPD) wundert sich, dass es eine Woche für einen Antrag gedauert hat, den es offensichtlich schon vorher gab. Die Haushaltskonsolidierung habe zusammen mit der Verwaltung bereits 3,5 Millionen „rausgeschwitzt“. Jetzt brauche die Stadt eine Beratung, die sagt, was möglich ist und das werde allen wehtun. In dem GRÜNEN-Antrag entdeckt er vor allem Spielereien: „Was da drinsteht, können wir alles machen, aber die Bürger wissen, dass die Lage ernst ist!“
- Sebastian Stüssel (CDU) vermutet, nicht alle GRÜNEN hätten ihren eigenen Antrag verstanden.
- Stadtverordnetenvorsteher Reiner Heine (SPD) erklärte, er habe sowieso zugesagt, dass es Interfraktionelle Sitzungen geben wird.
Der Antrag der Grünen wurde mit 9 : 29 Stimmen abgelehnt. Der SPD-CDU-Antrag wurde mit Gegenstimmen und Enthaltungen der GRÜNEN mehrheitlich angenommen. (Rainer Sander)