Die CDU muss allerdings noch üben …
SCHWALMSTADT. Die Halbwertszeiten von Koalitionen in Schwalmstadt liegen auf jeden Fall immer unter einer halben Wahlperiode der Stadtverordnetenversammlung. Die „Fantastischen Vier“, eine Gemeinschaft aus CDU, FREIE WÄHLER, FDP und BfS ist wohl sanft und friedlich eingeschlafen. Anträge kommen wieder getrennt nach Fraktionen. Gleich vier Anträge lieferte gestern die CDU.
Zwei von ihnen wurden zunächst von den anderen Parteien im Parlament „kassiert“, weil diese keine Entschlüsse fassen wollten, ohne zu wissen, wie hoch der Preis dafür ist. An dieser Stelle müssen die Schwalmstädter Christdemokraten noch ein bisschen üben. Thomas Kölle (BfS) stellte beim Antrag über eine Dorfplattform fest, vor zwei Jahren habe die CDU Haushaltsdisziplin angemahnt und den Haushalt der Stadt Schwalmstadt beschnitten. Jetzt stelle sie locker Anträgen ohne Kosten zu nennen. Dreimal geht es zuerst in die Ausschüsse oder es wird geprüft.
Künstliche Intelligenz im Freibad Ziegenhain?
Um Badegäste vor dem Ertrinken zu schützen, sollte das Freibad Ziegenhain auch auf Künstliche Intelligenz (KI) im Schwimmbecken setzen, so ein CDU-Antrag, den Cristian Brück (CDU) einbrachte. Ertrinken geschehe oft lautlos und sei für das Rettungspersonal schwer zu erkennen. Hier helfe eine KI-Lösung, denn Kameras detektierten die Bewegungen im Wasser und erfassten ein Bewegungsprofil. Das wird von der KI analysiert, die dann bei auffälligen Bewegungsmustern das Personal auf einer Smartwatch alarmiert.
Das System ersetze kein Personal und auch keine Wasserrettung, helfe aber als Absicherung für Personal und Badegäste in kritischen Situationen. Es kann auf diese Weise Leben retten. Die Landeshauptstadt Wiesbaden habe bereits seit 2020 im Frei- und Hallenbad ein entsprechendes System installiert, das Badegäste überwacht und bei Anzeichen von Ertrinken die Rettungsschwimmer alarmiert. Die Erfahrungen seien so positiv, dass KI nun in weiteren Bädern eingesetzt werden soll.
Auch Städte wie Darmstadt und Frankfurt planen, ein solches System einzusetzen. Die CDU beantragte, den Magistrat aufzufordern, im Freibad Ziegenhain ein Pilotprojekt zur Erprobung des zusätzlichen Einsatzes von Künstlicher Intelligenz bei der Badeaufsicht für die Saison 2024 durchzuführen.
- Georg Stehl (BfS) vermisst den Untersuchungsgedanken. „Was soll es kosten?“
- Frank Pfau (FDP) ist Fan von KI, „aber wir vergleichen uns mit Städten wie Frankfurt oder Wiesbaden? Ist das nicht zu groß? Was soll das kosten?“ Man könne der Verwaltung keine Freigabe erteilen, solange man nicht wisse, was es koste.
- Patrick Gebauer (SPD) hat gehört, dass die Videoüberwachung im Freibad während des Badebetriebes aus Datenschutzgründen abgeschaltet werden muss. Er beantragt eine Überweisung des Antrags in die Ausschüsse (Haupt- und Finanzausschuss sowie Ausschuss für Jugend und Sport)
- Auch Christian Herche (FW) möchte niemanden ertrinken sehen und bittet die CDU, daraus einen Prüfauftrag zu machen.
Die antragstellende CDU stimmt der Vorgehensweise zu und die Stadtverordneten stimmen dann der Prüfung einstimmig zu.
Was kostet die Plattform Dorfnews?
In einem weiteren Antrag wollte die CDU dafür sorgen, den Magistrat zu beauftragen, die Plattform DorfNews (Internetseite) und den DorfFunk (App) nach der sehr positiven Pilotphase im Stadtteil Florshain in Absprache mit den Ortsbeiräten in allen weiteren Stadtteilen einzuführen.
Die Ergebnisse im Nutzungsverhalten und Nutzen für die Bürger in Florshain seien durchweg positiv. Das betreffe den privaten Bereich (Bieten, Suchen, Unterstützung), aber auch den Bereich der Vereine. Die Vereine haben im Ort eine zentrale Plattform, um zu informieren und zu interagieren. Darüber hinaus wird diese Plattform auch für alle Belange des Ortsbeirats und Verwaltung genutzt, um den Bürgern die notwendigen Informationen und Bekanntmachungen zu kommunizieren.
Die Digitalisierung, so die CDU-Begründung, verändere die Art und Weise, wie wir miteinander kommunizieren und interagieren. Das betreffe den privaten Bereich, den beruflichen Bereich, aber auch die Verwaltung und das öffentliche Leben. Gerade in der Schnittstelle zwischen der Verwaltung, den politischen Institutionen und den Bürgern seien neue Lösungen und Kommunikationskonzepte gefragt. Eine solche Lösung könnte diese Plattform sein.
- Carsten Schenk (CDU) erzählt, wie gut die App in Florshain bereits funktioniert. Jetzt solle dies Möglichkeit auch die anderen Stadtteile erreichen.
- Georg Stehl (BfS) kommt aus Florshain und schildert seine Erfahrung mit Begeisterung.
- Patrick Gebauer (SPD) hätte auch diesen Antrag gerne im Ausschuss besprochen, weil Kosten entstehen. Weil die Beliebtheit so groß ist, verzichte seine Fraktion aber darauf.
- Bürgermeister Tobias Kreuter sieht zunächst keine finanziellen Hürden. Es gäbe dafür auch eine nutzbare Haushaltsstelle.
- Christian Herche (FW) kommt auf 45.000 Euro im Jahr, wenn er die Module zusammenrechnet.
- Tobias Kreuter sieht die Zahlen niedriger, aber er schlägt ebenfalls vor, das Thema in die Ausschüsse zu gehen.
- Thomas Kölle (BfS) erinnert daran, dass die CDU vor zwei Jahren den Haushalt auseinandergenommen und Haushaltsdisziplin eingefordert habe. Die Anträge findet er super, aber er wundert sich, dass mehrere ohne Nennung von Kosten eingebracht werden, an denen es vermutlich nicht scheitern würde.
Die Überweisung erfolgte einstimmig in den Haupt- und Finanzausschuss.
Regenwasserzisternen für städtische Flächen
Im Rahmen von Maßnahmen an städtischen Liegenschaften möchte die CDU, dass der Magistrat die Möglichkeiten zum Einbau von Regenwasserzisternen/Wassertanks und die Möglichkeit zur Nutzung des gesammelten Regenwassers als Brauchwasser im Gebäude oder auf den Grünflächen durch das Bauamt prüft. Die Prüfung solle erfolgen für
- Städtische Friedhöfe (selbstverwaltete Friedhöfe sollen materiell unterstützt werden)
- Neubauten / Sanierungen der Stadt Schwalmstadt (Feuerwehrhäuser, Kitas etc.)
Die Stadt Schwalmstadt solle danach zukünftig bei allen Maßnahmen an ihren Liegenschaften prüfen, ob ein Einbau von Regenwasserzisternen möglich ist. Wertvolles Trinkwasser sei zu schade für die Bewässerung von Sportanlagen, Grünflächen oder die Toilettenspülung.
- Carsten Schenk (CDU) erläutert den Antrag mit Ressourcenschonung. IPC-Tanks oder Zisternen sollen auf städtischen Grünflächen Trinkwasser ersetzen und einsparen. Er erklärt sich, dass dies ein Prüfungsauftrag sei.
- Ruth Engelbrecht (B 90/GRÜNE) möchte, dass die Stadt beispielsweise mit dieser Maßnahme vorangeht.
Die Stadtverordneten nahmen den Antrag mit großer Mehrheit an.
Da capo! Weiße Flecken müssen weg
Noch einmal! Da Capo, formulierte die CDU mit einer Erneuerung ihres Antrages zum Tilgen von weißen Flecken auf der Glasfaser-Ausbau-Karte. Der Magistrat solle beauftragt werden, die weißen Flecken in Schwalmstadt unverzüglich zu ermitteln, die aufgrund ihrer Außenlage bisher weder privatwirtschaftlich noch öffentlich zukunftsfähig erschlossen wurden bzw. werden. Diese weißen Flecken (oftmals Aussiedlerhöfe) sollten in Absprache mit der Firma Goetel und den Eigentümern in allen Stadtteilen ebenfalls erschlossen werden. Der Magistrat wird beauftragt, für die beim Glasfaserausbau in Schwalmstadt unberücksichtigten Gebiete eine Beschlussvorlage zu erarbeiten, wie diese Randlagen noch erschlossen werden können. Wenn noch möglich, sollten Landes- und Bundeszuschüsse genutzt werden. Über die erarbeitete Beschlussvorlage solle dann in den zuständigen Ausschüssen beraten werden und in der Stadtverordnetenversammlung abschließend entschieden werden.
- Karsten Schenk (CDU) findet, der Breitbandanschluss gehört genauso in die Grundversorgung wie Wasser- und Telefonanschluss. Wer außerhalb liegt, braucht auch Glasfaser, damit alle Grundstücke zukunftsfähig werden. Er schaut auch voraus. Wenn es um Nahwärme geht, dürfe auch niemand ausgeschlossen werden.
- Bürgermeister Tobias Kreuter sieht das ähnlich und hat bereits die Firma Goetel kontaktiert. Es ging von einzelnen Grundstücken aus, nicht von allen, die nicht angeschlossen werden. Es sollen nur die unterstützt werden, die bei Goetel bereits Interesse angemeldet haben.
- Thorsten Pfau (FDP) findet den Antrag jetzt so gestellt, dass man ihm auch zustimmen kann. Er sieht auch eine Zeit, in der es nicht anders geht, schon allein des Online-Bankings wegen.
- Heiko Lorenz (FW) möchte das auch unterstützen, so wie die FW auch die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge gefordert haben. Er ist aber gegen eine Vollkaskomentalität. Man solle auch ermitteln, was Betroffene bereit wären zu zahlen.
- Tobias Kreuter erklärt, dass diejenigen nur gemeint sein können, die bereits beantragt haben, aber nicht berücksichtigt werden.
- Karsten Schenk (CDU) weist für die Antragstellerin klarstellend noch einmal darauf hin, dass Goetel sicher gutes Marketing betrieben habe, um möglichst viele anzuschließen. Nur diejenigen seien gemeint.
Genau so wurde der Antrag mehrheitlich angenommen. (Rainer Sander)
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