WILLINGSHAUSEN. Die Kultur-Initiative-Willingshausen (KIWI) lädt für den 15.7. zu einer Objektbetrachtung des Original-Sgraffitos von Günter Heinemann an die frühere Grundschule von Willingshausen, Friedrich-Steinmeyer-Straße 2a, ein, Beginn: 18 Uhr.
Zwangsläufig müsste sich eine Ausstellung von solchen Wand- und Deckengestaltungen im Normalfall auf Fotografien, Entwurfszeichnungen usw. beschränken, erläutert Jörg Haafke. Die Objekte sind groß, fest verbunden mit Gebäuden und räumlich weit verstreut. In dem von ihm betriebenen Kulturhaus AnTreff wird derzeit die fotografische Dokumentation „Kunst am Bau – Wandbilder von Günter Heinemann“ gezeigt. Sie ist letztmalig ebenfalls am Samstag, dem 15.7. von 10 Uhr bis 13 Uhr zugänglich. Die an den Originalstandorten aufgenommenen Fotos von Erich Würz-Huß dokumentieren das umfangreiche künstlerische Werk des Willingshäuser Künstlers Günter Heinemann, der sich zudem ab 1971 gemeinsam mit dem Willingshäuser Georg Todt um die Entwicklung eines Malerdorf-Tourismus verdient gemacht hatte.
Auffällig abweichend von seinen abstrakten und grafischen Kompositionen an zahlreichen öffentlichen Neubauten der 1950er und 60er Jahre weisen die von Heinemann in Willingshausen erstellten Sgraffitos eine sehr bildhafte Sprache auf. Sie zeigen die Tracht, originalgetreu wie an dem früheren Gasthaus an der Kreuzung in der Ortsmitte. Und sie zeigen an der Giebelwand der früheren Grundschule von Willingshausen die Schwalm in der Gegenüberstellung der vergangenen Zeit der Maler zu der Zeit des Schulneubaus zu Beginn der 1960er Jahre, einer modernen Welt ohne Tracht und Nostalgie. Ulrike Schulte, die Leiterin der Malschule Willingshausen, wird bei der Objektbetrachtung an der Giebelwand detaillierte Erläuterungen zur Entstehung, zur Technik und zur Bildaussage dieses Sgraffitos geben. Schulte hatte zu Beginn der 1990er Jahre die Malschule von Günter Heinemann übernommen und noch gute Einblicke in dessen künstlerische Vorstellungen wie gesellschaftliche Wahrnehmungen gewinnen können.
Das Kulturhaus AnTreff hatte erstmals 2017 die Fotodokumentation von Erich Würz-Huß zu dem Hauptwerk des 1999 verstorbenen Günter Heinemann gezeigt. Seinerzeit war der drohende Abriß des früheren Schulgebäudes und die mögliche bauliche Verdichtung des weitläufigen Schulgrundstücks das primäre Motiv für die Ausstellung. „Mit Margitta Braun-Biskamp und Johannes Biskamp haben sich jedoch Käufer gefunden, die das Grundstück behutsam entwickeln und vor allem das Schulgebäude mit dem Sgraffito erhalten haben“, zeigte sich Jörg Haafke erfreut. Leider gebe es ja aus der jüngsten Vergangenheit auch andere, schlechte Beispiele zum Umgang mit den großflächigen, den öffentlichen Raum prägenden Kunstwerken wie etwa der Burek-Sgraffitos am Schwalm-Gymnasium in Treysa oder an der Grund- und Hauptschule in Ziegenhain. „Vielleicht trägt nun die aktuelle Ausstellung sowie die Originalbetrachtung des Objektes in der Friedrich-Steinmeyer-Straße 2a nun auch noch dazu bei, dem bedeutsamen Beitrag des Günter Heinemann für den heutigen Stellenwert des Malerdorfes die angemessene Würdigung zu verschaffen. Der Versuch der Reanimierung einer Künstlerkolonie wäre jedenfalls ohne die gelungene Schaffung des touristischen Wertes eines solches Merkmals durch die Etablierung der Malschule Willingshausen und deren regelmäßigen Angebote über die Jahrzehnte kaum denkbar“, so Jörg Haafke. (pm)