VECKERHAGEN. Seit mindestens 680 Jahren verbindet eine Fähre die Orte Veckerhagen (Landkreis Kassel, Hessen) und Hemeln (Landkreis Göttingen, Niedersachsen) an der Weser. Dieses Kulturgut an geschichtsträchtiger Stelle soll erhalten bleiben.
Zu diesem Zweck haben das Land Hessen und der Landkreis Göttingen heute eine Vereinbarung unterzeichnet, mit der die Betriebs- und Unterhaltungskosten künftig zu gleichen Teilen getragen werden.
Göttingens Landrat Marcel Riethig und Regierungspräsident Mark Weinmeister unterzeichneten kürzlich in Veckerhagen eine entsprechende Kostenübernahmevereinbarung, der mehrjährige Planungen vorausgegangenen sind. Die Vereinbarung sieht vor, dass sich der Landkreis Göttingen verpflichtet, die für Betrieb und Unterhalt der Gierseilfähre Veckerhagen anfallenden Kosten dem Land Hessen zur Hälfte zu erstatten. Die Vereinbarung gilt rückwirkend zum 1. Januar 2023. Das Land Hessen ist Eigentümerin der Fähre und hat die in diesem Zusammenhang anfallenden Kosten bislang alleine getragen.
Regierungspräsident Mark Weinmeister lobte die gemeinsamen Anstrengungen in Niedersachsen und Hessen: „Bereits seit rund 700 Jahren, wenn nicht sogar noch viel länger, besteht der Fährbetrieb zwischen Veckerhagen und Hemeln. Die Fähre schafft seit dem Mittelalter bis heute Verbindungen über den Fluss hinweg, und dies stets ohne Motorkraft, fast geräuschlos und CO2-neutral. Sie ist für die Anwohnerinnen und Anwohner eine wichtige Verkehrsader – und sie ist ein touristisches Aushängeschild für die Region. Ich danke dem Landkreis Göttingen für die Bereitschaft, sich künftig an den Kosten zum Erhalt dieses historisch wertvollen Verkehrsmittels zu beteiligen. Denn auf beiden Seiten der Weser können wir vom Fortbestand des Fährbetriebs nur profitieren und die gute Nachbarschaft weiter pflegen.“ Landrat Marcel Riethig erklärte: „Laut Straßengesetz ist die Weserfähre Teil der Kreisstraße, damit ist der Landkreis Göttingen zuständig. Für mich und viele Menschen in der Region ist die Fähre nicht nur ein wichtiger Verkehrsweg, sondern auch Kult – als Ausflugsziel, Station bei Radtouren und Biker-Treff. Die Vereinbarung mit dem Land Hessen ist deshalb für mich ein Herzensanliegen, als Landrat aber auch persönlich.
Bei den mehrjährigen Verhandlungen ging es um Geld und technische Fragen. Der Abschluss ist nun ein Zeugnis guter Nachbarschaft und gelebten Miteinanders für die Menschen in Südniedersachsen und Nordhessen. Dafür danke ich dem Regierungspräsidium Kassel ausdrücklich.“ Mit der Kostenübernahmevereinbarung kommen langjährige Bemühungen um den Weiterbetrieb der Weserfähre Veckerhagen zu einem erfolgreichen Ende. Bislang verwaltete das Land Hessen, vertreten durch das Regierungspräsidium (RP) Kassel, die Weserfähren vollständig in Eigenregie und bearbeitete in Absprache mit dem Pächter alle anstehenden Unterhaltungs-, Reparatur-, und gesetzlich umzusetzenden Maßnahmen. Vom Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen (HMWEVW) wurden hierfür die entsprechenden Mittel zur Verfügung gestellt. Diese fallen Jahr für Jahr unterschiedlich hoch aus und können wenige hundert, bei größeren Reparaturen oder technischen Prüfungen aber auch mehrere zehntausend Euro betragen.
Nachdem Pläne zur Privatisierung der landeseigenen Weserfähren 2017 gescheitert waren, wurden die Gespräche zwischen Hessen und Niedersachsen über eine Aufteilung der Kosten intensiviert. Die mehrjährigen Verhandlungen zwischen HMWEVW, RP Kassel und Landkreis Göttingen wurden zu einem tragfähigen Abschluss gebracht, der in die heute unterzeichnete Vereinbarung gemündet ist.
Hintergrund:
Die erste historische Erwähnung einer Fähre in Veckerhagen stammt aus einer Urkunde aus dem Jahr 1342. Es wird jedoch vermutet, dass der Fährbetrieb bereits deutlich früher aufgenommen wurde. Die mittelalterliche Fährstelle an der Weser zwischen Hessen und Niedersachsen ist eine der ältesten noch betriebenen Anlagen bundesweit. Die nächsten festen Flussquerungen liegen von Veckerhagen aus rund 16 Kilometer flussaufwärts (Hann. Münden) bzw. rund 12 Kilometer flussabwärts (Gieselwerder). Die Fähre erfüllt somit eine wichtige infrastrukturelle Funktion an der Oberweser. Die Gierseilfähre wird für den Fahrzeug- und Personentransport ohne Motorkraft betrieben und nutzt somit bis heute die natürliche Flussströmung. Seit 1929 existiert die bestehende Hochseilanlage. Die jetzige Fähre wurde im Jahr 2001 als Neubau vom Land Hessen beschafft, da die Vorgängerfähre aufgrund von Altersschwäche nach ihrer 70-jährigen Tätigkeit ausgetauscht werden musste und eine Reparatur gemäß den geltenden Sicherheitsvorschriften unrentabel war. Der Fährbetrieb ist vom Land Hessen an die langjährige Betreiberfamilie Bolte verpachtet.
Das RP Kassel ist für die Verwaltung der beiden landeseigenen Weserfähren in Reinhardshagen-Veckerhagen und Wahlsburg-Lippoldsberg zuständig. Dies umfasst neben der Überwachung der Pachtzahlungen im Wesentlichen die Auftragsvergabe von Reparaturleistungen und der turnusmäßig wiederkehrenden sicherheitstechnischen Untersuchungen der Fähren wie z.B. der im Abstand von fünf Jahren durchzuführenden Untersuchung des Unterbodens auf Beschädigungen oder Rostschäden oder der Hochseile sowie aller sicherheitsrelevanter Bauteile und Rettungsmittel. (pm)
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https://rp-kassel.hessen.de/wirtschaft-und-planung/verkehr