Stadtverordnete verabschieden Plan zur Gasmangellage
BAUNATAL. Der völkerrechtswidrige Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine hat die ohnehin angespannte Lage auf den Energiemärkten drastisch verschärft. In der Folge kommt es seitdem immer wieder zu Reduzierungen der Gasimportmengen von russischen Lieferanten nach Deutschland. Mit diesen Worten beginnt die Vorlage zum kontrovers diskutierten Tagesordnungspunkt.
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am 23.06.2022 die Alarmstufe des Notfallplans in Deutschland ausgerufen. Ursache ist die angespannte Lage, der eine weitere Verschlechterung droht. Trotz im Moment stabiler Gasversorgung sind kurzfristig umzusetzende und befristete Energieeinsparmaßnahmen von großer Bedeutung, um Notfallsituationen in diesem und im nächsten Winter zu vermeiden. Bei der Energieeinsparung handele es sich um eine Gemeinschaftsaufgabe von Politik, Unternehmen sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern, so der vorgestellte Maßnahmenplan. Außerdem helfe jede eingesparte Kilowattstunde aus der Abhängigkeit von russischen Gaslieferungen.
Von der Bundesregierung beschlossene Verordnungen für kurz- und mittelfristige Energiesparmaßnahmen bilden den Rahmen. Sie beinhalten Maßnahmen für die kommenden beiden Heizperioden. Neben der Einsparung von Gas sind auch Maßnahmen vorgesehen, die den Stromverbrauch senken sollen, um die Stromerzeugung mit Gas zu verringern.
Gesetzliche Vorlage liegt bei 15 Prozent Einsparung
Mit Sofortmaßnahmen hat Stadt Baunatal einen ersten Beitrag zur Energieeinsparung geleistet. Diese werden derzeit ausgewertet. Darüber hinaus hatten die Stadtverordneten gestern Abend über ein Maßnahmenpaket zu beschließen. nh24 hat im Vorfeld darüber informiert. Frank Böttcher (SPD) konnte die Diskussion mit dem Bericht über einen einstimmigen Beschluss im Haupt- und Finanzausschuss beginnen. Von dieser Einstimmigkeit blieb in der Stadtverordnetenversammlung dann nicht viel übrig. Wie immer waren die GRÜNEN teilweise dafür und teilweise dagegen.
- Christian Strube (SPD) hatte in der vorangegangenen Diskussion über den Energiebericht der Stadt noch gesagt, „wir wollen nicht Europapolitik machen!“ Aber die Gasmangellage sei ein globales Thema, das nicht jeden begeistert. Inzwischen wisse jeder, was 19 Grad Wärme sind. Eine Kommune müsse ein Päckchen dazu beitragen, das Problem zu lösen. Im kommenden Jahr gebe es hoffentlich einen Hoffnungsschimmer.
Baunataler GRÜNE: „Ja, aber …“
- Edmund Borschel (B 90/GRÜNE) findet, es sehe weiterhin nach Gemeinsamkeiten aus. Nach langer Diskussion einzelner Punkte gebe es doch die Chance, Ja zu sagen. In der folgenden Diskussion ging es nur um ein „Ja, aber“, weil beispielsweise Chöre in Dorfgemeinschaftshäusern bei 14 Grad singen. Die GRÜNEN tragen die Maßnahmen im AquaPark mit, aber was wird mit dem Blockheizkraftwerk? Schwimmerinnen und Schwimmer, so Borschel, sind besorgt, was danach kommt und fragen sich, warum sie nicht warm Duschen können. Im Kreis gehe das in manchen Sporthallen. Soll das Sportbad gar nicht mehr genutzt werden? Die GRÜNEN hoffen, dass das im Frühjahr neu überdacht wird. Trotz einiger Bedenken wollen die GRÜNEN zustimmen, weil auch Baunatal seinen Beitrag leisten muss. In Zukunft seien mehr Investitionen in die energetische Sanierung wichtig.
- Rainer Oswald (FDP) konstatiert eine Situation, „die wir nicht gewollt haben!“ Sie sei auch schwer zu beeinflussen und habe negative soziale Auswirkungen. Aber: „Wir können vom Bürger nichts verlangen, was wir selbst nicht bringen.“ Daher will die FDP ohne Wenn und Aber zustimmen.
Sebastian Stüssel: in der Krise mit einer Sprache sprechen!
- Sebastian Stüssel (CDU) erklärte als Reaktion auf Herrn Borschel, er lasse sich von niemandem etwas ins Stammbuch schreiben: „Es gibt doch eine Gesetzeslage, die die GRÜNEN in Berlin mitbeschlossen haben. Wir haben keine andere Wahl, als das zu tun.“ Der Christdemokrat lenkte den Blick auf den Apfel im Paradies: „Sie sind die grüne Natter im Parlament.“ Gebäudetechnisch sei manches gar nicht möglich. Es werde gerade versucht, Angst zu streuen, das sei der Anfang von der Schließung des Sportbades. „Gegenüber den Bürgern sollten wir jetzt mit einer Sprache sprechen!“ Es sei unkollegial, Zwietracht zu säen und einzelne Gruppen gegeneinander aufzubringen.
- Frank Böttcher (SPD) erinnert an die Diskussion im Haupt- und Finanzausschuss, in der die Frage beantwortet wurde, ob in Häusern mit Solaranlage nicht doch warm geduscht werden könne. Die Technik gäbe das so gar nicht her.
- Erster Stadtrat Daniel Jung freute sich über die einvernehmliche Rückendeckung. Aber wenn im Ausschuss alle Fragen geklärt werden, aber anschließend in der Stadtverordnetenversammlung noch einmal diskutiert werden, sei das problematisch. Solar ist in den Sportanlagen nie eine Alleinheizung, sondern immer Teil einer fossilen Anlage. Technisch ist es nicht möglich, bei einem Anteil von 15 Prozent die Energie auf einen Punkt (Dusche) zu steuern. Auch Biogas sei eine Ressource, die gespart werden muss. Eine Bundesverordnung müsse umgesetzt werden.
Christian Strube findet Prinzip Borschel zum „Kragenplatzen“
- Edmund Borschel (B90/GRÜNE) erinnerte an das, dass er gesagt habe, nämlich dass die GRÜNEN wegen der Notsituation zustimmen werden.
- Christian Strube (SPD) platzte angesichts der Diskussion nach dem „Prinzip Borschel“ der Kragen. Mit Blick auf die GRÜNEN: „Im Ausschuss habt ihr Fragen gestellt, die alle gut beantwortet wurden.“ Jetzt stelle Herr Borschel die gleichen Fragen erneut und kritisiere die Verwaltung.
- Andreas Mock (CDU) dazu: „Wir werden gleich sehen, wie geschlossen die GRÜNEN sich verhalten. Wir haben einen Maßnahmenkatalog, an dem wir nicht vorbeikommen. Wir baden hier etwas aus“. Er erinnerte an Schulschließungen wegen Corona, jetzt drohen solche aufgrund Energieknappheit, obwohl alle die Schäden aus der Coronazeit beschreiben. Die Bundesregierung und Europa hätten dabei versagt, Energie zu besorgen. Die DDR hatte immer Versorgungsprobleme, aber die Häuser waren stets warm.
Einstimmig für Maßnahmenplan zur Gasmangellage
Überraschend nach der Diskussion war die einstimmige Abstimmung für den Maßnahmenplan. (Rainer Sander)