Benefiz-Abend für Begleiter auf dem letzten Weg
SCHWALMSTADT. Ist es erlaubt zu fragen, ob Musikerinnen und Musiker „Knockin‘ on Heaven‘s Door“ auf einer Hospiz-Benefiz-Veranstaltung singen müssen, sollen oder dürfen? Ich bin nicht ganz sicher, ob beim Erstellen der Setlist jemand darüber nachgedacht hat. Ziemlich am Ende des gestrigen Konzertes zugunsten des guten Zwecks platziert, erfüllt es zunächst seinen eigenen Zweck.
Bob Dylan hat das Lied 1973 für den Western-Film Pat Garrett & Billy the Kid geschrieben, was an sich bereits etwas Außergewöhnliches ist. Er hat sich mit G, D, C und Am7 auf vier einfache Akkorde beschränkt, weshalb das Lied zum Anfangsrepertoire eines jeden Gitarre-Schülers zählt. Dass das Lied trotzdem von Eric Clapton über Guns n‘ Roses bis Avril Lavigne von vielen anerkannten Musikern und Komponisten interpretiert wurde, verleiht ihm den Status, dass man es überall und zu jeder Zeit gefahrlos performen kann, weil‘s jeder kennt … Wie gestern ist es einfach die perfekte Zugabe. Wenn ein Lied für sich Kult-Status in Anspruch nehmen darf, dann Knockin‘ on Heaven‘s Door.
Benefiz-Allstars + Phil Schaller auf dem Paradeplatz
So mag auch gestern auf dem Paradeplatz in Ziegenhain die Motivationslage gewesen zu sein, als das „Rumpfteam“ der Schwälmer Cover-Band Acoustik Six, das sind Vanessa Schreiner (Gesang), Katharina „Käthe“ Völker (Gesang, Gitarre), Paula Saiz (Gesang), Hannes Riebeling (Cajon, Drums, Gesang), Samuel Mühling (Gesang, Gitarre, Bass und Dennis Krause (Gesang, Bass, Gitarre) für die Hospizarbeit verstärkt mit Alina Burkart (Gesang, Klavier), Danny Ziegert (Gesang), Daniel Schneider (Gesang, Klavier) und als Special Guest Phil Schaller (Gesang) als Allstars gemeinsam auf die Bühne gingen.
Grundsätzlich ist es eine realistische Betrachtung: Wir alle klopfen einmal an die Himmelstür und es ist das normalste, einzig Sichere auf dieser Welt, dass wir sie eines Tages verlassen müssen. Für die meisten Erdenbürger ist genau, dass die am besten verdrängte Tatsache. Der Film „Knockin‘ on Heaven‘s Door“ mit Til Schweiger und Jan Josef Liefers hat 1997 in 89 Minuten Länge auf humorvolle Weise das Thema in die gesellschaftliche Mitte und auf die Leinwand projiziert. Es ist also o. k., darüber zu sprechen, zu singen und schließlich dafür Geld zu sammeln, dass die letzten Wege nicht für alle Menschen einfach im Kreis der Familie möglich und bei bester Gesundheit ohne körperliche oder seelische Schmerzen zu gehen sind.
3.259 Euro für die Hospizarbeit
Das alles darf stets im Bewusstsein geschehen, dass es ein Leben vor dem Tod gibt und das – bis zum letzten Moment – auch schön sein soll und Spaß machen darf. Spaß haben die Sängerinnen und Sänger, Musikerinnen und Musiker gewiss und was sie musikalisch tun, erledigen die 6 und 9+1 mit großer Selbstverständlichkeit bei maximaler Perfektion. Dass sie Saiten, Tasten und Stimmbänder perfekt beherrschen, hat sich in der Region inzwischen herumgesprochen. Sie sind kompromisslos gut, ihr Spektrum ist groß und ihr Herz ebenso. 3.259 EUR Erlös wurden gestern erspielt und gesammelt. Ein hoher Betrag für etwas mehr als 200 zahlende Besucher und dabei sind die unvermeidbaren Kosten, beispielsweise für die GEMA bereits abgezogen.
Christine-Ann Raesch, die Hospiz-Koordinatorin für den Kirchenkreis Schwalm-Eder, nahm den Betrag dankbar entgegen und wusste zu erzählen, dass unter anderem im Frühjahr Ausbildungen für Hospizbegleiter von dem Erlös finanziert werden und unter anderem das Café am Ewigkeitssonntag unterstützt wird.
Ein großes musikalisches Spektrum für ein buntes Publikum
Ein großer Dank geht also neben den Musikanten an die vielen Besucher, die sich über Lieder wie „I See Fire“ zum Auftakt, „Denkmal“, „dein ist mein ganzes Herz“, „Fürstenfeld“, „Lemon Tree“, oder „Hold The Line“ freuen durften. Allein die kurze Aufzählung, ein Ausschnitt aus insgesamt 30 Titeln, zeigt die Vielseitigkeit der Künstler. Genauso bunt war das Publikum. Sie konnten genauso mit träumen, bei Liedern wie Jessy oder Lean On Me, ordentlich mitgehen, bei „Like The Way I Do“ und Teil der Show werden, wenn „Käthe“ Völker durchs Publikum geht und die Besucher hemmungslos einbezieht.
Bob Dylan lässt Sheriff Baker in seinem Text, dass ihm Abzeichen und Waffe abgenommen werden, weil er sie nicht benötigt, wenn er an die Himmelstür klopft. Niemand von uns nimmt etwas mit, trotzdem ist es schön, wenn diejenigen, die den Weg ehrenamtlich begleiten, dies auch mit Unterstützung machen können. Schon deshalb darf, kann, muss vielleicht ein solches Lied zum Repertoire des Abends gehören. Die beiden Organisatoren (von Beginn an) Dennis Krause und Gerhard Reidt waren auch diesmal sichtlich gerührt von der Schwälmer Hilfsbereitschaft. Geholfen hat auch die Bodega del Castillo am Paradeplatz. Auch wenn Corona noch immer nachhaltig dafür sorgt, dass Kulturveranstaltungen schlechter besucht sind als vor der Pandemie, ein schönes Zeichen. Als einziger Stadtrat war Armin Happel gekommen. Der Ausklang mit leuchtenden Handys war auch mit etwas weniger Besuchern ein romantischer Anblick. (Rainer Sander)
3 Kommentare
Hallo W. F.,
And When I Die
von Blood, Sweat and Tears von 1970 auch so ein schönes Abschiedslied, oder?
„Blood, Sweat and Tears“, übrigens von Churchill, allerdings mit dem Zusatz „Toil“ = Mühsal.
Von 1940, als Nazideutschland Frankreich besiegte und Great Britain am Rande des Zusammenbruchs stand.
MfG
Kay
Bitte was oder wie so sollte der Song verwerflich sein ???
Bei meinem Abschied wird High Way to Hell vom CD Player laufen.
Hallo!
Der Song ist doch, ähnlich, „Like a rolling stone“, allerhöchste Pop-Kultur!
Und wenn ich, mittlerweile 66 Jahre alt, mit den Füssen zuerst aus dem Haus herausgetragen werde, soll es mein Abschiedsong werden.
MfG
Kay-J, Rudolph
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