50 Jahre Gemeinde Edertal – Bergheim und Giflitz machten den Anfang
EDERTAL. Die Nationalparkgemeinde Edertal blickt in diesem Jahr auf ihr 50-jähriges Bestehen. Vorreiter waren die bis dato selbstständigen Gemeinden Bergheim und Giflitz, die sich im Zuge der kommunalen Gebietsreform in Hessen zur Gemeinde Edertal am 1. Juli 1971 zusammenschlossen. Drei Monate danach trat Gellershausen der neu gegründeten Verwaltungseinheit bei.
Einige andere Ortschaften taten sich hingegen schwer mit dem Zusammenschluss. Um das vermeintlich Beste für ihre eigenen Gemeinden herauszuholen, begannen einige politische Vertreter zu taktieren. Die Folge: vor und hinter den Kulissen begann es mancherorts zu brodeln und es wurde monatelang kontrovers diskutiert. Am Ende des zähen und zeitraubenden Bündnis-Prozesses wurde den Gemeinden die Entscheidung mit Aussicht auf Geld erleichtert. Es winkten Vergünstigungen im kommunalen Finanzausgleich.
Am längsten dauerte es mit Kleinern. Nicht zuletzt wegen der Mineralquellen hatten der Ort lange Zeit mit einem Anschluss an Bad Wildungen geliebäugelt und mit allen Mitteln dafür gekämpft. Am Ende aber ohne Erfolg. Das Wesetal-Dorf wurde per Neugliederungsgesetz des Landes der Großgemeinde Edertal mit Wirkung 1. Januar 1974 zugeordnet. Drei Jahre zuvor hatten bereits Affoldern, Anraff, Böhne, Bringhausen, Buhlen, Edersee und Hemfurth (Zusammenschluss am 1. September 1968 zur Gemeinde Hemfurth-Edersee), Königshagen, Mehlen sowie Wellen ihre Selbstständigkeit freiwillig aufgegeben. Sie bildeten ab 31. Dezember 1971 gemeinsam mit Bergheim, Giflitz und Gellershausen die Großgemeinde Edertal.
Vorausgegangen war ein beispielloses Hickhack, ausgelöst im damals finanzkräftigen und durch die Wildpark-Gründung streiterprobten Hemfurth-Edersee. Deren politische Vertreter sahen ihre beiden Dörfer nicht zuletzt wegen des Betriebes der Wasserkraftwerke und den daraus resultierenden kräftig sprudelnden Gewerbesteuereinnahmen in einer Privilegierten-Rolle. Vorausgesetzt man einige sich auf einen Zusammenschluss, versprachen die Gemeindevertreter an die Adressen von Bringhausen, Affoldern, Buhlen, Mehlen und Gellershausen gerichtet, auf eigene Kosten ein Rathaus bauen zu wollen und eine gemeinsame Verwaltung in Hemfurth einzurichten.
Angesichts dieser verlockenden Absichtserklärung taten sich in Gellershausen noch tiefere Gräben auf. Zuvor hatten sich die Einwohnerinnen und Einwohner bereits zweimal per Abstimmung mehrheitlich für einen Anschluss an Bad Wildungen entschieden. Eine Minderheit sprach sich hingegen für eine Fusion mit Bergheim und Giflitz aus. Und obendrein nun noch das Angebot aus Hemfurth-Edersee. Für reichlich Wirbel am Wesebach war also gesorgt, zumal die umtriebigen Gemeindevertreter ihre Fühler auch nach Waldeck ausstreckten. Die Hemfurth-Ederseer ließen nichts unversucht für ihr erklärtes Ziel, der Gründung einer „Fremdenverkehr-Großgemeinde Edersee“.
Aber das Land und der Landkreis spielten nicht mit. Regierungsamtsmann Karl Grote vom Landratsamt zerstreute jegliche Hoffnungen und Illusionen. Während einer Stadtverordnetensitzung in Waldeck im Frühling 1971 äußerte er zwar Verständnis für den Wunsch auch der Bergstädter, eine Großgemeinde am Edersee auf Basis des Fremdenverkehrs bilden zu wollen. Eine Gemeindefusion mit Hemfurth-Edersee, Affoldern, Bringhausen, Buhlen, Mehlen und gegebenenfalls Gellershausen sei aber nicht zukunftsfähig. Grote begründete dies mit zu niedrigen Einwohnerzahlen.
Im Zuge der hessischen Verwaltungs- und Gebietsreform sollten leistungsfähige Kommunen unter Berücksichtigung der jeweiligen Siedlungsräume, Topografie und der Bevölkerungszahlen gegründet werden, stellte der Amtmann klar.
Der Hemfurth-Ederseer Gemeindevorsteher Heinz-Werner Höhle konstatierte schließlich, dass in den Ortschaften südlich des Edersees als auch von der Stadt Waldeck Fehler begangen worden seien. Es folgte eine kommunalpolitische Kehrtwende. Die Gemeindevertreter aus Hemfurth und Edersee sprachen sich nun wie die Delegierten aus Affoldern, Buhlen, Bringhausen und Mehlen für die Gründung einer Gemeinde Edersee aus. In Waldeck rieb man sich verwundert die Augen. Die Bergstadt spielte bei den Abstimmungen der Ortsnachbarn plötzlich keine Rolle mehr und war sehr zum Ärger von Bürgermeister Erich Dreyer und Stadtverordnetenvorsteher Helmut Honsberg sowie den Parlamentariern außen vor geblieben.
Während die frustrierten Waldecker wieder den Blick gen Norden nach Sachsenhausen und auf die umliegenden Dörfer nach der Abfuhr richten mussten, ebneten die Abstimmungsergebnisse entlang der Eder den Weg für die Gründung der Großgemeinde Edertal, die seit dem 21. Februar 2019 die offizielle Bezeichnung Nationalparkgemeinde Edertal trägt.
Die Bürgermeister Edertals: 1. Juli 1971 bis 1. April 1973: Wilhelm Reckhart als Staatsbeauftragter Bürgermeister. Als gewählte Bürgermeister: Günter Wöhner vom 2. April 1973 bis 31. März 1989. Ihm folgten am 1. April 1989 bis 31. März 2001 Willi-Ernst Schreiber, Wolfgang Gottschalk vom 1. April 2001 bis 31. März 2013, und ab 1. April 2013 bis heute Klaus Gier. (Uli Klein/pm)
Das Bild: Still ruht der See – aber nicht vor mehr als 50 Jahren: In den meisten Edertaler Dörfern und in Waldeck wurde wegen des Zusammenschlusses von Gemeinden im Zuge der kommunalen Gebietsreform teils heftig gestritten.
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