Schwimmunterricht und Betreuung auf der „Kreis-Tagesordnung“
KÖRLE | HOMBERG | SCHWALMSTADT. Ein gemeinsamer Antrag der Kreistagsfraktionen von CDU und FREIE WÄHLER, um dem „Pakt für den Nachmittag“ beizutreten, wurde gestern im Kreistag kontrovers diskutiert. Der Schwalm-Eder-Kreis – so die Antragsteller – sei einer der letzten Schulträger, die das noch nicht getan hätten.
Der „Pakt für den Nachmittag“ (PfdN) beruht auf einer Kooperationsvereinbarung über die Einführung von ganztägigen Angeboten für die jüngsten Schülerinnen und Schüler. Dann übernehmen Land und Schulträger erstmals gemeinsam Verantwortung für ein integriertes und passgenaues Bildungs- und Betreuungsangebot.
Alle Grundschulen und Grundstufen von Förderschulen, die dies wünschen, sollen in den „Pakt für den Nachmittag“ aufgenommen werden. Im Schuljahr 2021/2022 beteiligen sich bereits mehr als 80 % der Schulträger in Hessen mit insgesamt 349 Schulen an der Umsetzung des PfdN. Teilnehmende Grundschulen und Grundstufen von Förderschulen verfügen an fünf Tagen in der Woche von 7:30 Uhr bis 17:00 Uhr und auch in den Schulferien über ein verlässliches und freiwilliges Bildungs- und Betreuungsangebot. Der Bedarf orientiert an den vor Ort vorhandenen Strukturen und dem gemeinsam entwickelten Konzept,
Eltern können zwischen mindestens zwei zeitlichen Modulen wählen, einem kürzeren bis 14:30 Uhr oder 15:00 Uhr und einem längeren bis 17:00 Uhr, auf Wunsch auch mit Ferienbetreuung.
CDU und FDP sehen Bedarf für Familien und Arbeitnehmer
- Christin Ziegler (CDU) hat festgestellt: An vielen Schulen gibt es noch kein Nachmittags-Betreuungsangebot. Die Landesregierung halte Mittel dafür bereit. Es bedürfe jetzt der Vereinbarung zwischen Landkreis und Land Hessen. Es ginge um Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die Schulen benötigen als Grundlage die Voraussetzung für ein höherwertiges Betreuungsangebot.
- Prof. Dr. Ludwig Braun (FDP) erkennt ein notwendiges Thema, das die CDU erneut eingebracht hat. Der Schwalm-Eder-Kreis sei immer noch ein wichtiger Industriestandort. Auch das Einpendeln sei bedeutsam. Der Lebensunterhalt sei in vielen Familien nur noch durch Doppelverdienst abzusichern. In Melsungen sei eine gemeinnützige GmbH gegründet worden, weil Betreuung in kleinteiligen Vereinsstrukturen nicht mehr leistbar wäre. Das Thema gehöre in den zuständigen Ausschuss.
Dr. Martin Herbold: Schulen haben kein Interesse,
- Dr. Martin Herbold (SPD) stellte fest, der Pakt werde nicht besser, wenn er durch die Tagespresse begleitet wird. Der Kreis benötige individualisierte Lösungen. Die Fördervereine leisten eine gute Arbeit und der Starthilfe e.V. bietet Abrechnungs- und Beratungsleistungen für Fördervereine. Wenn die Schulen meinen würden, dass das gut wäre, hätten sie sich schon längst gemeldet. Nur zwei Schulen hätten bisher Interesse gezeigt. Das Landesmodell gehe am Bedarf im Kreis vorbei. Die Betroffenen würden nicht mitgenommen. Das Ganze wäre ein Schlag ins Gesicht der Ehrenamtlichen.
- Landrat Winfried Becker (SPD) hält politische Diskussion für zwar wichtig, aber ab 2026 müsse der Rechtsanspruch verwirklicht sein. Im Kreis sei der Ausbau hervorragend. Es gäbe mehrere Modelle. Die Initiative müsse von den Schulen ausgehen. Am Montagmorgen erst habe die erste Schule einen Antrag gestellt. Bisher gab es kein Interesse. Mit dem Rechtsanspruch wird sich die Welt ändern. Der Kreisausschuss habe ein Modellprojekt mit der größten Grundschule im Kreis, der Eckhard-Vonholdt-Schule in Schwalmstadt und dem Beiserhaus (Knüllwald) vereinbart. Fördervereine seien zum Teil mittelständige Unternehmen. Diese Verantwortung müsse man ihnen abnehmen. Bei Realisierung des Rechtsanspruches müsse sich das Land finanziell engagieren.
„Hohe Beiträge“ versus „Hoher Bedarf“?
- Constanze Gläser (FWG-PIRATEN) erinnert an die Schlagzeile, nach der sich Eltern die Nachmittagsbetreuung nicht leisten können. Bildungsferne Familien könnten die Beiträge nicht aufbringen.
- Stefanie Pies (B90/GRÜNE) geht es um die Jüngsten. Der Pakt für den Nachmittag sei eine Möglichkeit, Familien zu unterstützen. Es müsse dann nicht mehr Ad Hoc organisiert werden. Die Fördervereine müssten entlastet werden.
- Rüdiger Staffel (FW) erkennt einen steigenden Bedarf. 30 bis 40 Prozent der Kinder würden wenigstens einen Nachmittag Betreuung in Anspruch nehmen. Es ergebe sich auch eine Chance kleine Schulen dadurch zu erhalten.
AfD: individuelle Beschulung und Betreuung
- Renate Glaser (AfD) sieht nur eine Mogelpackung im „Pakt für den Nachmittag“. Gebühren bis 170 Euro seien keine Entlastung. Eltern müssen eine Gelegenheit haben, ihre Kinder individuell zu beschulen und zu betreuen. Die Nachmittagsbetreuung sei der Tod vieler Vereine. Sie bittet um Überweisung an den Bildungsausschuss.
Genau dorthin wird der Antrag nach Abstimmung im Kreistag auch verwiesen.
Recht auf Ganztagbetreuung
Die CDU-Kreistagsfraktion wollte mit einem zweiten Antrag den Kreisausschuss beauftragen, einen Zeit-Maßnahmenplan vorzulegen, aus dem hervorgeht, wann und wie der Ausbau des Betreuungsangebotes welcher Grundschule geplant ist, um den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in den Grundschulen des Schwalm-Eder-Kreises pünktlich zu Beginn des Schuljahres 2026/2027 umsetzen zu können.
- Jana Edelmann-Rauthe (CDU) begründete den Antrag mit rechtzeitiger Vorbereitung.
- Thorsten Vaupel (SPD) freut sich über den Antrag, aber das Gesetz sei erst im Oktober verabschiedet worden. Jetzt müssten die Ländergesetze zunächst angepasst werden. Dann erst könne der Kreis entscheiden.
- (FWG-PIRATEN) erkennt steigenden Bedarf. Es fehlen noch Betreuungskräfte. Die Fördervereine seien überlastet, die Kosten aber noch nicht geregelt.
- Prof. Dr. Ludwig Braun (FDP) wies darauf hin, dass es nicht nur um Betreuung geht. Es gehe auch um Ganztagsschulen. Das hieße, nicht nur Unterricht, sondern pädagogische Konzepte seien wichtig. Es ginge darum, Kindern und Jugendlichen ein Angebot zu machen.
- Stefanie Pies (B90/GRÜNE) möchte eine proaktive Auseinandersetzung mit dem Konzept.
- MdL Günter Rudolph (SPD) weiß gar nicht, was man jetzt diskutieren solle. Vom Kultusminister sei bisher nichts zu hören.
Einstimmig wurde das Thema dem Kreisausschuss übertragen.
Mangelnde Kommunikation beim Schwimmunterricht
In einem gemeinsamen Antrag wollten CDU und Freie Wähler den Schwimmunterricht in Grundschulen für die Klassen 3 und/oder 4 unter Einbeziehung der Hallenbäder umliegender Kreise regeln, bis die kreiseigenen Schwimmbäder den Bedarf wieder abdecken können und rannten damit eine offene Tür ein.
- Rüdiger Staffel (FW) begründete, der Schwimmunterricht müsse in allen Grundschulen möglich sein, auch über die Kreisgrenzen hinaus. Schwimmunterricht koste Geld, rette aber auch Leben.
- Landrat Winfried Becker findet, „es ist ein guter Antrag, aber der Kreisausschuss sei genauso schau und mache das schon so.“ Man fahre nach Bad Wildungen, Baunatal und Neustadt-Mengsberg.
- Renate Glaser (AfD) sieht die Hallenbäder überlastet. Nach Niedenstein kämen auch Kasseler Schüler. Interessant wäre es zu wissen, wie groß der Bedarf wäre. Schwimmbäder müssten die öffentlichen Zeiten einschränken.
- Reinhard Otto (CDU) hielte es für gut, wenn der Kreis über das, was er tut, auch spricht.
- Rüdiger Staffel (FW) blieb nur die Feststellung, dass man Anträge nicht aus Spaß stelle. Die Kommunikation sei schlecht. Es dürfe kein Herrschaftswissen geben.
- Achim Jäger (FWG-PIRATEN) weiß nicht, warum sich Schulen nicht informiert fühlen. Die Bewegungsbäder wie in Homberg-Hülsa, Niedenstein oder Frielendorf müssten auch für den Schwimmunterricht genutzt werden.
Die Antragsteller zogen den Antrag zurück. (Rainer Sander)
1 Kommentar
Das Bewegungsbad in Hülsa ist so voll gebucht mit Schulen, dass man nichtmal mehr dem Stundenplan entsprechend von Schuljahr zu Schuljahr eine Schwimmzeit tauschen kann. Alle Schulen sind froh, wenn sie wenigstens ihre Schwimmzeit behalten können.
Woher Herr Jäger die Erkenntnis hat, Schulen würden sich nicht informiert fühlen, kann ich nicht erlesen. Aber er sollte sich zuerst informieren, bevor er kritisiert. Wie kommt er auf die Idee, in Hülsa fände kein Schwimmunterricht genug statt, bzw. seien Kapazitäten zu vergeben? Die Sportfachleitenden jeder Schule buchen Schwimmunterricht weit im Vorab und die Termine stehen über Jahre zur Verfügung, es sei denn man gibt den Termin wieder dem Schwimmbad frei. Das aber tut keine Schwimmlehrkraft, denn dann bekommt sie keinen neuen Platz mehr.
Kommentare wurden geschlossen.