NORDHESSEN. In China wird Wohlverhalten nicht unbedingt vorausgesetzt. Auch da gibt es andere Meinungen. Aber wer zur Anpassung nicht bereit ist, hat im bevölkerungsreichsten Land der Erde keine Chance, alles tun zu dürfen und alle Rechte, auch alle Grundrechte wahrnehmen zu können. Das ist ein einfaches und offenes Spiel, welches mit einem Punktesystem überprüft und alles würdigt, was 1,4 Milliarden Menschen für die Allgemeinheit und im Sinne der Gesetze leisten.
Da wird ganz ordentlich aufgezeichnet und gespeichert. Wir finden das fürchterlich? Tatsächlich kritisieren das Politikerinnen und Politiker aller Parteien und wohl die meisten von uns Bürgern, fänden es weder auf den ersten Blick noch auf den zweiten witzig, würden wir so behandelt werden. Ist es definitiv auch nicht! Aber „Gelegenheit macht Diebe“ und auf den dritten Blick ist es vielleicht doch verlockend, diejenigen zu belohnen, die sich gut und korrekt oder solidarisch verhalten. Warum sollten Sportlerinnen und Sportler, Nichtraucher und Menschen mit einem guten Body-Mass-Index in der Krankenversicherung nicht belohnt, also bessergestellt werden, als adipöse Raucher, Couch Potatoes und Alkoholiker? Das finden sogar alle diejenigen gut, die wenigstens einmal am Tag die Treppe in den Keller zur Bierkiste bewältigen und damit glauben, etwas für die Gesundheit getan zu haben.
Belohnung ist immer gut!?
Wir finden es ja bereits o. k. – wenn wir eine Garage haben – dass wir dann weniger Kfz-Versicherung zahlen als jemand, der auf der Straße parken muss. Jetzt tracken wir – gesetzlich verordnet – jeden Neuwagen mit GPS. Schon bieten die KFZ-Versicherer an, diejenigen zu belohnen, die einer Nutzung der Daten durch die Versicherung zustimmen, weil vorsichtige Fahrer ja für ihren Fahrstil belohnt werden. Das werden die meisten von uns irgendwann so toll finden, dass es selbst dann zur Regel wird, wenn das nur 10 Euro im Jahr spart. Wetten, dass …?
Und wenn bei ein bisschen mehr Tracing noch rauskommt, wer notorisch auf Kosten der Gemeinschaft lebt und endlich vielleicht belohnt wird, wer ehrenamtliches leistet, dann würden das chinesische Modell plötzlich eine Menge Menschen richtig super finden? Freiwillig! Jeder ist schließlich davon überzeugt, dass es selbst alles richtig und nichts Falsches macht. Es wäre eigentlich auch gar nicht schlecht, wenn in bestimmten Berufen nur Menschen arbeiten dürften, die sich ein Leben lang dafür ausgezeichnet haben. Was immer das heißen mag. So ein bisschen genauer könnte man doch gelegentlich hinschauen! Oder? Solidarität ist immer dann wunderbar, wenn sie uns gegenüber gezeigt wird. Wenn wir selbst solidarisch sein sollen, stellt sich immer wieder die die gleiche Frage, „was habe ich davon?“
Alles auf eine Karte gesetzt – und jetzt?
Das ist aktuell auch die Frage aller Geimpften. Vor allem aber auch die Frage der Politiker, die liefern müssen, weil sie – und wir alle – bis zur Bundestagswahl bitte nicht lesen wollen, dass die Zahlen in die Höhe gehen und uns Grundrechte erneut pauschal beschnitten, Einkäufe verboten und Urlaubsreisen verhindert werden. Alle verantwortlichen Politiker haben versprochen, wenn alle ein Impfangebot haben, dann ist das Problem weg. Und plötzlich machen die Bürger nicht so richtig mit?
Da liegt es doch nahe, Impfen als Wohlverhalten zu definieren und dafür zu sorgen, dass man Grundrechte nicht mehr automatisch (zurück) bekommt, sondern sich damit verdienen muss, dass man sich zum Wohle der Allgemeinheit Piksen lässt. Das ähnelt tatsächlich dem chinesischen Modell. Oder? Das Einführen einer Impfpflicht, die wenigstens ehrlich wäre, traut sich niemand. Dann doch lieber den Enkeln erklären, dass sie daran schuld sind, wenn Oma krank wird? Was dabei ganz zwangsläufig von vielen Fachleuten diskutiert wird ist, was denn mit denjenigen ist, die geimpft sind, aber durchaus Viren verbreiten können?
Grundrechte gegen Grundrechte – Zwang oder Schlechtes Gewissen?
Ist es nicht vielleicht doch logischer, wenn schon Grundrechte eingeschränkt oder verdient werden müssen, dann doch lieber für eine gescheite Kontaktverfolgung zu sorgen und notfalls zu tracken? Natürlich finden das alle doof, die sowieso alles doof finden. Mich fasziniert, dass Menschen sich über die Luca App oder die Corona-Warn-App echauffieren, weil sie den Datenschutz verletzen könnte, genau das aber gleichzeitig bevorzugt auf Facebook und über WhattsApp oder Instagram kundtun. Hä? Natürlich geschieht das mit dem Smartphone, das jeder begabte Hacker, vor allem aber Google, Facebook und Co. jederzeit, überall orten und vor allem das Nutzerverhalten in Algorithmen analysieren können. Mit unseren vielen Nein-Häkchen in den Cookie-Einstellungen können wir zwar gegen das Nutzen unserer Daten protestieren, auf dem Tisch, beziehungsweise dem Präsentierteller des weltweiten Netzes, liegen sie deswegen trotzdem. Wir vertrauen aber eher der Smart-Home und Smartphone-Industrie, dass sie diese nicht gegen uns verwendet, weil uns die eine schönes und kommunikatives Leben ermöglicht, als der Politik, die uns … Ja, was eigentlich …?
Natürlich ist es schwer, wenn man alles auf eine Karte – in dem Falle das Impfen gesetzt hat – damit klarzukommen, wenn fast die Hälfte der Bundesbürger zwar am liebsten eine Regierung abgewählt hätte, weil sie nicht vor Großbritannien und Israel ausreichend Impfstoff organisieren konnte, sich dann aber doch nicht durchimpfen lässt, weil vielleicht doch noch ein paar Zweifel übrig geblieben sind und eine Menge Menschen das niedrige Krankheitsrisiko gegen ein Impfrisiko abwägen und entscheiden, dass die das ganz persönlich nicht wollen. Und mit jedem Zwang, der jetzt überlegt wird, wird das Misstrauen wachsen. Das ist nämlich immer so, wenn jemand Schwäche zeigt, indem er anfängt Druck auszuüben.
Egal wie, ein bisschen China haben wir offensichtlich immer, mal freiwillig, mal verordnet…
Ihr
Rainer Sander