TREYSA. Die Gärtnerei der Hephata-Behindertenhilfe in Schwalmstadt-Treysa wird Bioland-Partner. „Wir sind mit der Umstellung unserer Produktion schon in vollem Gange“, sagt Klaus Lewinsohn, Leiter der Gärtnerei. Der Zertifizierungsprozess hat im Januar begonnen, ab Juni soll die Gärtnerei offizieller Bioland-Partner sein.
„Viele Dinge, die Bioland von seinen Partnern erwartet, setzen wir bereits seit Jahren aus eigener Überzeugung um“, sagt Lewinsohn. Das sind zum Beispiel der Verzicht auf Gentechnik und auf chemisch-synthetischen Dünger beim Zierpflanzen- und Gemüseanbau. Stattdessen der Einsatz von Nützlingen zur Bekämpfung von Schädlingen. Und die Achtung der Fruchtfolge: Da, wo letztes Jahr beispielsweise Gurken gewachsen sind, wachsen in diesem Jahr Tomaten. Das beugt Schädlingen vor und fördert die Qualität des Bodens.
„Dahinterstehen die Achtung vor der Schöpfung und der Anspruch, Menschen eine lebenswerte Zukunft zu sichern. Bei Hephata ist das vor allem auch die sinnstiftende Förderung von Menschen mit Behinderungen. Die Zertifizierung ist da ein logischer Schritt“, so Lewinsohn. Sie betrifft die Arbeit von 50 Klienten und zehn Mitarbeitern. Gemeinsam bewirtschaften diese aktuell 2.400 Quadratmeter Gewächshausfläche und 1.000 Quadratmeter Außenfläche. Das Angebot der Gärtnerei umfasst Zierpflanzen, Blumen, Gemüse und Kräuter.
Mit der Umstellung auf Bioland einher geht eine Erweiterung der Anbaufläche. „In diesem Jahr werden wir unsere Außenfläche auf dem Hephata-Stammgelände um 2.000 Quadratmeter erweitern. Ich nenne das unseren Bioland-Übungsacker“, sagt Lewinsohn. Hier sollen mehr als 600 Weihnachtsbäume sowie Gemüse und Kräuter wachsen. „Außerdem wollen wir eine Trocknung bauen, um unsere Kräuter künftig auch in Form von Gewürzen und Tee anbieten zu können. Die Erweiterung macht Sinn, wir haben einen guten Zuspruch und eine sehr hohe Nachfrage nach unserem Gemüse.“
Neben der Erweiterung bedeutet die Produktionsumstellung aber vor allen Dingen eine neue Zeitplanung und mehr Arbeit. Dabei spielt der Verzicht auf Mineraldünger bei den Zierpflanzen eine große Rolle „Bei unserem Gemüse war es vorher schon so, jetzt nutzen wir auch bei den Zierpflanzen nur noch biologischen Dünger aus Biomasse.“ Die Erde für Balkonkästen, -kübel und Blumenampeln wird nun teilweise mit Schafwollpellets gedüngt. Auch selbst angesetzter Brenn-Nessel-Sud kommt in Zukunft zum Einsatz. Aber nicht nur die Produktion, auch die sichtbare Wirkung des biologischen Düngers braucht länger: „Bei Mineraldünger sieht man das Ergebnis nach einem Tag, bei biologischen Dünger erst nach zwei Wochen. Das müssen wir in unseren Produktionsabläufen berücksichtigen.“
Mehr Arbeit bringt auch das Thema ökologische Unkrautvernichtung mit sich: Statt die Chemiekeule zu schwingen, jäten die Gärtner nun noch mehr mit der Hand und setzen thermische Abflammgeräte ein – auf dem gesamten Hephata-Stammgelände, für dessen Pflege sie zuständig sind. Mehr Achtung bekommt auch der Erhalt der Artenvielfalt: Zwischen den Kulturen im Freiland legen die Gärtner Blühstreifen an und sähen an verschiedenen Stellen auf dem Stammgelände Bienenwiesen ein.
„Die Zertifizierung bedeutet einen enormen Aufwand, hat aber auch einen enormen Nutzen für uns alle und ein enormes pädagogisches Potenzial für unsere Klient*innen im Speziellen“, glaubt Lewinsohn. „Menschen mit Behinderungen leisten einen Beitrag für eine gesunde und vielfältige Lebensweise aller. Das ist ein schönes Element gelungener Inklusion.“ (pm)
Das Bild: Klaus Lewinsohn und Klaus Göttig (von links) bringen das frische Bio-Gemüse direkt vom Beet in den Gärtnerei-Laden
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